• 12.06.2013 18:23

  • von Roman Wittemeier

Streckenvorstellung: Le Mans hautnah

Der Circuit de la Sarthe in Le Mans ist legendär und außergewöhnlich: Toppiloten aller Klassen malen ein Bild von dem 13,6 Kilometer langen Kurs

(Motorsport-Total.com) - Fällt in Motorsport-Kreisen der Name Le Mans, geraten viele Piloten ganz schnell ins Schwärmen. Man berichtet von besonderen Erlebnissen, von den umfangreichen Traditionen, der besonderen Atmosphäre - und natürlich von den 13,6 Kilometern, auf denen das Rennen entschieden wird. Der traditionsreiche Kurs wurde im Verlauf der 90 Jahre, die es das 24-Stunden-Rennen an der Sarthe nunmehr gibt, mehrfach umgestaltet.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz, Kazuki Nakajima

Der Circuit de la Sarthe besteht zum Teil aus normalen Landstraßen Zoom

Auch für die Jubiläumsausgabe 2013 wurden weitere Veränderungen vorgenommen. Der Streckenverlauf blieb zwar gleich, aber an manch einem Kurvenausgang kam am Rand ein Stück Asphalt hinzu. Konsequenz: Der Circuit de la Sarthe ist schneller geworden. 'Motorsport-Total.com' hat namhafte Profis aus der Le-Mans-Szene gebeten, die Besonderheiten einzelner Streckenabschnitte und die Erlebnisse im Cockpit zu beschreiben.

Richard Lietz (Porsche): Startlinie bis Ende Dunlop-Schikane

"Beim Start in Le Mans ist es besonders wichtig, ganz links zu fahren, um für die Rechts-Kurve auszuholen, auf der ich Vollgas geben kann. Das Auto ist dabei sehr unruhig, weil wir Low Downforce fahren, um auf der Geraden schnell zu sein. Anbremsen, in den zweiten Gang zurückschalten, links komplett über die Curbs fahren. Danach geht es rechts komplett über die Randsteine, um so früh wie möglich wieder aufs Gas treten zu können."

"Das ist natürlich sehr hart für die Reifen. Es ist eine sehr schwierige Schlüsselstelle. Am Kurvenausgang ist Kunstrasen. Wenn Mitte des Rennens die Fahrzeuge öfter drüber gefahren sind, ist es nicht mehr rutschig und man kann komplett drüber fahren. Aufregend ist es vor allem nachts, weil es dort schlecht beleuchtet ist und ich von den vielen High-Speed-Sections in den zweiten Gang herunterbremsen muss."

Tom Kristensen (Audi): Ende Dunlop-Schikane bis Esses

"Nach der Dunlop-Schikane kann man die GT-Autos gut überholen. Man sollte das zügig schaffen, denn auf den folgenden Metern sind langsamere Autos einem LMP1-Rennwagen regelrecht im Weg. Sobald man unter dem berühmten Dunlop-Bogen hindurch gefahren ist, geht es in die Esses. Die Strecke führt hinter dem Bogen bergab, wir schalten mit unseren Autos schnell vom vierten in den fünften Gang und nehmen den leichten Rechtsknick mit hohem Tempo."

"Vor der folgenden Linkskurve bremsen wir stark ab. An der Stelle drängt das Auto nach rechts. Man muss deutlich einlenken und dann ebenso deutlich den nächsten Richtungswechsel einleiten. Wenn das vollbracht ist, dann beschleunigen wir im vierten und fünften Gang in Richtung der extrem wichtigen Tertre Rouge. Dort kann man am Morgen den Sonnenaufgang wunderbar verfolgen - auch wenn es teilweise ganz schön blenden kann."

Dominik Kraihmer (Lotus): Ende Esses bis Ausgang Tertre Rouge

"Die vorletzte Kurve der Esses hängt etwas nach innen, sodass wir dort recht viel Tempo mitnehmen können. Voraussetzung ist natürlich, dass man den Scheitelpunkt gut erwischt. Da muss man aufpassen, denn sonst rutscht man nach außen und kommt der Leitplanke gefährlich nahe. Die folgende Rechtskurve geht bei trockenen Bedingungen voll, aber es muss dort auch alles passen. Wir schalten hoch in den vierten Gang und jagen in Richtung Tertre Rouge - eine der Schlüsselstellen auf dem Kurs. Die Ecke musst du gut und sauber erwischen, um möglichst viel Tempo auf der folgenden langen Geraden zu haben."

"Die Tertre Rouge bremse ich kurz an, bleibe im vierten Gang. Man muss vorsichtig sein, weil man den Anker wirft, während man leicht nach rechts lenkt. Danach positioniere ich das Auto präzise in Richtung Scheitelpunkt. Durch diese Ecke geht es wirklich brutal schnell, du musst maximal Schwung mitnehmen. Am Ausgang nutzt man jeden Millimeter, aber man darf es nicht übertreiben. Außen stehen gelbe Abweiser. Wenn du sie zart berührst, ist alles perfekt, aber wenn du dort drüber rumpelst, dann läuft es gewaltig schief."

Tom Kristensen, Loic Duval, Allan McNish

In Tertre Rouge legte Loic Duval beim Testtag seinen Auto in die Barrieren Zoom

"Du musst das Auto am Ende der Tertre Rouge schön frei herauslaufen lassen. Dann passt es und du kannst die erste lange Gerade der Strecke genießen. Diese Stelle mag ich sehr gern. Eines meiner schönsten Erlebnis hatte ich dort 2011. Dort ging mein Stint bis zum frühen Morgen. Gegen halb fünf ging es los. Der Himmel war erst dunkelblau, wurde Runde für Runde immer heller, während gleichzeitig noch die Sterne am Himmel standen. Nach und nach kam dann das Gelb der Sonne durch. Das war einfach wunderschön."

Timo Bernhard (Porsche): Tertre Rouge bis Ende Mulsanne-Kurve

"Die Tetre Rouge ist brenzlig: kurzes Bremsen, einlenken, Vollgas. Dabei verlässt man die Rennstrecke und fährt auf der Landstraße weiter. Ich lege viel Speed in die Gerade, die so zum schnellsten Punkt wird. Es geht bergab bis ich nach 150 Metern abbremse, um die erste Schikane im dritten Gang zu nehmen."

"Es gibt keine Auslaufzonen, ich muss wieder früh am Gas sein. Der Asphalt wurde vor ungefähr zwei Jahren erneuert. Der Landstraßencharakter bleibt, Spurrillen gibt es nur wenige. In die nächste Links-Rechts-Schikane darf ich nicht zu spät hineinbremsen. Beim Ausgang beschleunige ich hoch, bis ich vor Mulsanne dann ganz kräftig den Anker werfen muss."

Allan McNish (Audi): Mulsanne-Kurve bis Ende Indianapolis

"Am Ausgang der Mulsanne-Kurve hat man oft das Gefühl, dass es überhaupt keine Traktion gibt. Das stimmt natürlich nicht. Es liegt daran, dass man zuvor auf der Geraden so schnell war und jetzt wieder aus einer sehr langsamen Ecken herausbeschleunigt. Wir ziehen das Auto im vierten und fünften Gang durch den leichten Rechtsknick, der in Richtung Indianapolis führt. Dort gibt es in der Abenddämmerung immer wieder 'Aha-Momente' wegen der tief stehenden Sonne."

"Das ist wirklich schwierig, weil sich dieser grelle Lichtschein immer wieder mit dem Schatten der Bäume abwechselt. Ich liebe diese Passage. Mit rund 270 km/h durchfährt man den Rechtsbogen, um anschließend stark abzubremsen. Wir schalten in den dritten Gang zurück und lassen den Rennwagen quasi zum Ausgang Indianapolis gleiten. Im Auto fühlt sich das an, als würde man kurz anhalten und das Auto per Hand in die neue Richtung umsetzen. Die gesamte Passage ist bei Regen extrem knifflig. Dort sind schon viele abgeflogen."


Fotos: Testfahrten in Le Mans


Pierre Kaffer (Pecom): Indianapolis bis Ende Arnage

"Ausgangs der schnellen ersten Indianapolis-Ecke hast du einen Asphaltwechsel. Das ist knifflig. Da musst du dein Auto perfekt positioniert haben, sonst geht es schnell mal in die Botanik. Wir haben dort in den zurückliegenden Jahren schon einige Unfälle gesehen. Die langsame Linkskurve danach bietet viel Grip und ist etwas überhöht. Du kannst dein Auto ziemlich schnell in diese Ecke hineinwerfen. Aber: Man ist dort noch auf der Bremse und man hat im Auto immer noch die Lasten aus dem schnellen Knick. Die g-Kräfte sind hoch, aber du musst dein Auto recht stark abbremsen."

"Wir fahren den Linksknick im dritten Gang, sind dort immer schneller als man eigentlich denken würde. Auf der folgenden kurzen Anfahrt in Richtung Arnage bleibe ich im dritten Gang, komme am Ende ganz kurz in den Drehzahlbegrenzer. Es würde sich mit unserem Auto nicht lohnen, für diese wenigen Meter noch einen Gang hoch und dann wieder zurückzuschalten. Vor Arnage ist man immer versucht, zu spät zu bremsen. Das Problem: Wir sind dort nicht allzu schnell, haben also weniger Downforce. Da muss das Abbremsen mehr über den mechanischen Grip bewältigt werden. Wenn dort die Räder blockieren - und das passiert schnell -, dann musst du in den Notausgang."

Lotterer Fässler Treluyer

Schwierig: Auf der Strecke müssen sich Prototypen und GTE-Autos arrangieren Zoom

"Von den Abläufen innerhalb der Kurve ist es ähnlich wie in Mulsanne. Der Ausgang von Arnage ist jetzt etwas einfacher als in früheren Jahren, weil außen ein Streifen asphaltiert wurde. Es gibt nun weniger Bodenwellen, daher auch weniger durchdrehende Räder beim Herausbeschleunigen. Dort muss dennoch die Traktionskontrolle gut arbeiten, vor allem wenn es nass ist. Weil Arnage eine solch langsame Kurve ist, geht kurz der Fluss der Le-Mans-Runde ein wenig verloren. Aber genau das macht den Reiz aus. Die Passage ist nachts ganz gut beleuchtet. Unter anderem auch durch die Fotografen, die dort oft ein Blitzlicht-Gewitter loslassen."

Jörg Bergmeister (Porsche): Von Arnage durch die Porsche-Kuven

"Wenn ich die Anarge hinter mir gelassen habe, beschleunige ich vom zweiten in den sechsten Gang. Dann bremse ich die Porsche-Kurven an, lasse die Bodenwelle hinter mir, schalte zwei Gänge runter in den vierten Gang, lenke ein und bin durch die Rechtspassage schon minimum bei Speed 180 km/h - wenn es trocken ist. Links fahre ich wieder voll durch, knapp 200 km/h. Durch die nächste Links-Rechts-Passage, wo man hart anbremst, um in die lange Zone rechts einzubiegen, nehme ich möglichst viel Schwung für die letzte Linkskurve mit."

"Ich muss aber aufpassen, dass ich nicht zu weit herausfahre und noch mit mindestens zwei Rädern auf der Strecke bin. Es ist meine Lieblingsgpassage in Le Mans, ich freue mich jedes Mal hier hindurchzufahren, weil es immer eine große Herausforderung ist. Man muss außerdem während der gesamten Section aufpassen, dass man sich mit den Prototypen arrangiert, da diese schneller sind als wir. Nachts wird es besonders gefährlich, wenn sie von hinten kommen. Man sieht teilweise gar nicht mehr was vor einem ist, weil man nur noch geblendet wird."


OAK Racing: Le Mans onboard

Thomas Holzer (Lotus): Einfahrt Ford-Schikanen bis Start-Ziel

"Man kommt gerade aus dem spektakulären Bereich der Porsche-Kurven, muss sich dann entscheiden: Box oder nicht Box? Man will natürlich möglichst selten nach rechts abbiegen, sondern lieber die nächste Runde angehen. Wir lassen also mal die Boxeneinfahrt rechts liegen und fahren auf den ersten Teil der zweigeteilten Ford-Schikanen. In diesem ersten Links-Rechts-Geschlängel denkt man immer wieder, dass man noch hätte schneller fahren könnte. Es entsteht das Gefühl, dass man zu viel abgebremst hat. Die Ecken gehen verdammt schnell - man kennt die Bilder von regelrecht springenden Prototypen in diesem Bereich."

"Der zweite Teil ist richtig cool. Du nutzt dort jeden Zentimeter aus. Das musst du tun, immer wieder. In den Ford-Schikanen kannst du sehr viel Zeit verlieren oder gewinnen. Die Fahrt in Richtung Ziellinie ist immer wieder faszinierend. Nachdem du auf der langen Strecke manchmal fast Einsamkeit verspürst hast, bist du dort schließlich wieder voll im Leben. Du fühlst dich auf der Start-Ziel-Geraden wie im Stadion - links die voll besetzten Tribünen, rechts die Boxengasse, die nachts wunderschön beleuchtet ist. In diesem Bereich kannst du nachts Feuerwerke beobachten, dort liegt der Geruch von Essen in der Luft."

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