• 14.02.2017 17:59

  • von Roman Wittemeier

Audi-Comeback? Die Szene wird genau beobachtet

Der neue Audi-Sportchef Dieter Gass über die aktuelle LMP1-Szene und viele "Le-Mans-Fans im eigenen Lager" - Keine Entlassungen nach WEC-Ausstieg

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Ausstieg von Audi aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) am Ende der Saison 2016 wird die Sportabteilung der Ingolstädter neu organisiert. Der langjährige Motorsportchef Wolfgang Ullrich hat seinen Posten geräumt, Dieter Gass zu Beginn dieses Jahres offiziell die Nachfolge angetreten. "Die erste Amtshandlung bestand darin, die neue Organisation zu erarbeiten", beschreibt der neue Sportchef im Gespräch mit Motorsport-Total.com.

Titel-Bild zur News: Marcel Fässler, Andre Lotterer, Benoit Treluyer

Der Audi R18 konnte im letzten Renneinsatz in Bahrain gewinnen Zoom

"Es geht darum, wie man beispielsweise die Abteilungen aufstellt. Das ist in einem großen Unternehmen recht aufwändig. Es gibt eng gesteckte Leitplanken, die man respektieren muss. Es gibt viele Abstimmrunden, die man drehen muss. Genau darum hat sich der erste Monat im neuen Amt gedreht", so Gass. Eine der Kernfragen: Wohin mit den über 200 Mitarbeitern aus dem LMP1-Projekt? "Das war eines der großen Themen, die es im Zuge der Neustrukturierung abzuarbeiten galt."

"Das Wichtigste, das wirklich über allem steht: Wir müssen keinen entlassen", berichtet Gass erleichtern. Der 53-Jährige, der nach seiner Rückkehr zu Audi zur Saison 2012 ein Jahr lang das Prototypen-Programm der Ingolstädter geleitet hatte, bringt negative Erfahrungen aus der Formel 1 (Toyota-Ausstieg) mit. "Da habe ich persönlich am Ende eines Programms auch schon mal etwas anderes erleben müssen. Das war wirklich das Allerwichtigste."

Keine Entlassungen, kaum Abwanderungen zur LMP1-Konkurrenz

"Deutlich mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter werden wir weiterhin bei Audi Sport beschäftigen. Von den anderen wird eine Vielzahl in die Technische Entwicklung wechseln. Da gibt es derzeit sehr interessante Themen, die heiß gekocht werden. Da kann man interessante Ingenieursarbeit leisten", sagt der gebürtige Hesse. Die LMP1-Konkurrenz von Porsche und Toyota hat nur wenig gewildert. "Die Abgänge zur Konkurrenz halten sich bislang in einem sehr überschaubaren Rahmen", so Gass.

Klartext: An den Audi-Standorten in Neuburg, Neckarsulm und Ingolstadt wird es auch weiterhin zahlreiche LMP1-Fachleute geben. Eine Grundvoraussetzung für ein mögliches Comeback in der Szene. "Es ist noch sehr früh", will Gass nicht von einem Comeback sprechen. "Man muss erst einmal abwarten, wie sich die Le-Mans-Szene insgesamt überhaupt entwickelt. Welcher Weg wird beschritten? Das Einfachste wäre natürlich, wenn ein dritter Hersteller in die LMP1-H-Kategorie einsteigen würde. Aber den sehe ich derzeit nicht."


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"Wenn der nicht kommt, was passiert denn dann? Wir werden das beobachten, denn unsere Affinität zu der Szene ist sehr groß. Über die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Comebacks mag ich nicht sprechen", erklärt er. "Eines ist klar: In Ingolstadt, Neuburg und Neckarsulm gibt es weiterhin viele Fans von Le Mans. Einige bekannte Audi-Gesichter wird man sicherlich auch dieses Jahr dort beim Rennen sehen. Die Terminüberschneidung mit der DTM verhindert leider, dass noch mehr Audi-Mitarbeiter dorthin kommen."