24h Nürburgring 1994: Der fliegende Prinz von Bayern

Altfrid Heger erzählt aus dem Repertoire von vier Jahrzehnten Rennsport: Eine nasse Strecke, ein Unfall und der wohl knappste Streifschuss aller Zeiten im Motorsport

(Motorsport-Total.com) - Es gab eine Zeit beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, als noch nicht in jedem Auto Onboard-Kameras verbaut waren. Und in denen es keine Handykameras, ja nicht einmal Handys gab. Diese Zeit im Rennsport, die heute archaisch anmuten mag, brachte einige der verrücktesten Geschichten hervor, die so heute nicht mehr denkbar sind.

Titel-Bild zur News: Leopold von Bayern

Prinz Leopold von Bayern sorgte 1994 für eine haarsträubende Szene Zoom

Altfrid Heger, Chef der Hegersport GmbH und ehemaliger BMW-Werksfahrer, erinnert sich im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' an kuriose Situationen aus seiner aktiven Zeit.

Das Jahr 1994 sah die erste Ausgabe des 24-Stunden-Rennens nach dem Verbot von GT-Fahrzeugen, die erst 1999 wieder eingeführt werden sollten. Gleiches galt für die Ex-DTM-Autos, die die VLN zu jenem Zeitpunkt noch immer dominierten. Zumindest BMW bot Abhilfe: Ein neuer Gruppe-A-M3 der Baureihe E36 bot ein attraktives Alternativ-Paket.

In dieses Fahrzeug wurde dann ein "Oldie"-Team gesetzt - bestehend aus Hans Heyer, Leopold Prinz von Bayern, Heiner Weiss und Rainer Braun. Ein zweiter M3 wurde von Hubert Hahne, Jochen Neerpasch, Gerd Schüler und Karl Senne gesteuert. "Poldi", damals noch mitten in seiner Profi-Laufbahn, saß nicht als klassischer Oldie auf dem Auto, sondern auf Wunsch von BMW.

Diese trafen nun auf die aufstrebende Super-Touring-Klasse. 1994 war das Jahr, in dem es heftigste Diskussionen um Flügel in allen Super-Touring-Serien, darunter auch dem STW-Cup in Deutschland gab. Das 24-Stunden-Rennen allerdings fand noch vor dieser Regel-Revolution statt. Die werksunterstützten BMW 318i mussten also ohne Abtriebshilfen an den Start gehen - und im Gegensatz zum Gruppe-A-M3 ohne ABS.

Nicht zuletzt dank Werksunterstützung sollte der BMW 318i von Joachim "Jockel" Winkelhock, Heger und BMW-VIP Nelson Piquet trotzdem das schnellste Auto sein. In der Anfangsphase konnte sich der Zwei-Liter-Bolide einen Vorsprung herausfahren.

BMW-Ping-Pong mit dem knappsten "Near Miss" aller Zeiten

In der Nacht setzte allerdings Regen ein. Jetzt schlug die Stunde der Fahrzeuge mit ABS. Prinz Leopold von Bayern (von allen einfach "Poldi" genannt) flog im Gruppe-A-M3 um den Kurs und wollte sich nun gegen Winkelhock zurückrunden. Was nun passierte, dürfte eine der unglaublichsten Szenen gewesen sein, die sich je im Motorsport abgespielt haben.


Fotostrecke: Alle Sieger der 24 Stunden Nürburgring

"Jetzt kamen die beiden also auf die Aremberg-Kurve zugeflogen", erinnert sich Heger. "Poldi hat später gebremst und den Jockel außen herum im Regen überholt. Dabei hat er aber die Kontrolle über das Auto verloren und ist vor der Betonbrücke ausgangs Aremberg in den Betonpfeiler reingefahren. Er ist einfach zu schnell gewesen und zu weit rausgekommen."

Der BMW stieg durch die Wucht des Aufpralls auf und flog quer über Strecke, wo er auf der anderen Seite zum Stehen kam. Winkelhock konnte so schnell nicht mehr ausweichen, die Kollision war unvermeidbar. Allerdings fiel sie ungewöhnlich sanft aus.

"Nach der Runde kam plötzlich Jockel an die Box und sagte, sie sollen ihm einen neuen Scheibenwischerarm bringen. Natürlich haben wir uns alle gefragt, wie das denn sein kann, dass der Jockel einen Scheibenwischerarm verliert. War der nicht richtig befestigt?"

"Nein. Der Poldi hat ihm im Flug von links nach rechts den Scheibenwischerarm abgerissen. Nur den Scheibenwischer. Der flog in einer Höhe von 1,50 Metern über die Strecke und hat dem Jockel den Scheibenwischer mit einem Streifschuss abrasiert. Es muss um Zehntausendstel von Sekunden gegangen sein, sonst wäre das ein heftiger Unfall gewesen."

Natürlich kaufte erst einmal niemand Winkelhock die Story ab. Zwei Jahre zuvor war er bereits wegen Zigarettenkonsums am Steuer aufgefallen. "Wir haben alle gedacht, dass der neben dem Nikotin noch irgendeine andere Droge konsumiert haben muss", sagt Heger mit einem Schmunzeln.

Auch für den Werks-BMW sollte es kein Happy End geben: Heger/Winkelhock/Piquet schieden mit einem eigenen Unfall aus. Den Sieg holte letztlich ein BMW M3 E36 aus der Gruppe N mit den Fahrern Karl-Heinz Wlazik, Frank Katthöfer und Fred Rosterg. BMW sollte 1995 die Revanche mit einem STW-320er gelingen. Danach konzentrierten sich die Münchener auf das Diesel-Projekt.

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