• 17.08.2009 13:16

  • von Maximilian Kroiss

Bradl: "Zähle mich zu den negativen Überraschungen"

Stefan Bradl im Exklusivinterview: Der 19-Jährige spricht über den Saisonverlauf, über Auf- und Absteiger und das "große Kaliber" Valentino Rossi

(Motorsport-Total.com) - Mit großen Erwartungen ist der 125ccm WM-Vierte des Vorjahres in diese Saison gegangen. Doch für Stefan Bradl verläuft die WM-Kampagne 2009 äußerst durchwachsen. Mit Platz sieben im Grand Prix von Tschechien hat er endlich wieder den Sprung unter die ersten Zehn in der Gesamtwertung geschafft. Das vergangene Rennwochenende in Brünn soll auch für die noch ausstehenden sechs Rennen als Trendwende dienen, wie der 19-jährige Bayer im Exklusivinterview mit 'Motorsport-Total.com' erzählt:

Titel-Bild zur News: Stefan Bradl

Stefan Bradl hofft, dass er in Brünn eine Trendwende eingeläutet hat

Frage: "Stefan, worauf führst du deinen durchwachsenen Saisonverlauf zurück; woran scheitern gute Ergebnisse?"
Stefan Bradl: "Schwierig zu sagen. Dieses Dilemma hat bereits mit den Vorsaisontests begonnen und hat sich sehr lange hingezogen. Wir haben sehr viel am Fahrwerk ausprobt, weil wir uns in diesem Bereich verbessern wollten. Dabei sind wir aber in Schwierigkeiten geraten. Dazu sind auch ein paar Stürze gekommen, mit Verletzungen, usw. Dies alles hat uns zurück geworfen."#w1#

"Schön langsam, seit dem Sachsenring-Grand-Prix, befinden wir uns aber wieder auf einem besseren Weg. Gut, am Sachsenring bin ich auch zweimal runtergefallen, wobei ich aber bei einem Sturz unschuldig dazu gekommen bin. Aber dieses Wochenende zeigte, dass es wieder bergauf geht und wir Fortschritte gemacht haben."

"Es ist deutlich erkennbar, dass wir wieder einigermaßen vorne dabei sind." Stefan Bradl

Frage: "Es ist ein klarer Aufwärtstrend erkennbar?"
Bradl: "Ja, ganz klar! Es ist deutlich erkennbar, dass wir wieder einigermaßen vorne dabei sind. Nach ganz oben ist aber noch Luft vorhanden. Schon am Freitag ist es gut gelaufen und bis zum Qualifikationstraining haben wir mit dem Fahrwerk große Fortschritte erzielt. In jedem Fall läuft es besser für uns."

Frage: "Kann man in Worten erklären, was am Fahrwerk ausprobiert wurde?"
Bradl: "Im vergangenen Jahr noch haben wir von Öhlins viele Teile bekommen. Wir wurden in der Art als Entwicklungsteam auserwählt. Diese Neuerungen mussten erst einmal aussortiert werden und dabei haben wir uns eigentlich nie richtig auf unsere Aufgaben konzentriert. Dies hat sich dann bis in die ersten Rennen mit hineingezogen."


Fotos: MotoGP: Wochenende in Brünn


Frage: "Am Motor hatte es keine Änderungen gegeben; dieser ist bei Jürgen Lingg in besten Händen?"
Bradl: "Am Motor sind wir nie gescheitert. Die Probleme lagen vor allem am Fahrwerk."

"Man hat vergangenes Jahr schon gesehen, dass Jonas ein Talent ist." Stefan Bradl

Frage: "Kommen wir auf die Person Stefan Bradl zu sprechen. Geistert vielleicht der Name Jonas Folger zu viel in deinen Gedanken herum?"
Bradl: "Nein, absolut nicht! Man hat vergangenes Jahr schon gesehen, dass Jonas ein Talent ist. Dass er dies in den ersten Rennen so toll umsetzen konnte, hat man natürlich nicht erwartet. Dies hat aber nichts mit unseren Leistungen zu tun, denn wir haben schon seit Anfangs des Jahres mit unseren Problemen zu kämpfen. Schon mit der ersten Ausfahrt waren diese allgegenwärtig."

Frage: "Deine Ziele, Erwartungen für den Rest dieser Saison?"
Bradl: "In erster Linie gehen wir die Sache jetzt Rennen für Rennen an. Mit Platz sieben ist es in Brünn nicht so schlecht gelaufen. Auch in Indianapolis werden wir natürlich versuchen, das Beste herauszuholen. Ein Ergebnis unten den ersten sechs, sieben sollte aber durchaus in jedem Rennen möglich sein."

2010: 125er oder Moto2?

Frage: "Am Ende der WM bester deutschsprachiger Fahrer zu sein; ist das eine Motivation für dich?"
Bradl: "Darauf lege ich überhaupt keinen Wert. Für uns zählt im Moment ausschließlich, wieder Konstanz zu bekommen. So wie es seit diesem Wochenende läuft, so soll es auch bei den nächsten Rennen weitergehen. Wir wollen in jedem Rennen mit einem respektablen Ergebnis ins Ziel kommen."

"Ich werde mir bis September, bis nach Misano, Zeit geben." Stefan Bradl

Frage: "Wie schauen deine Gedanken 2010 betreffend aus?"
Bradl: "Diesbezüglich möchte ich die nächsten Rennen noch abwarten. Ich werde mir bis September, bis nach Misano, Zeit geben. Überlegungen gibt es natürlich in beide Richtungen; 125ccm und Moto2. Was für mich das Bessere sein wird, wird sich zeigen. Aller Voraussicht werde ich bei Kiefer Racing bleiben. Unterschrieben ist aber noch nichts. Daher müssen wir auch noch mit dem Team absprechen, was 2010 betrifft."

Frage: "Dein WM-Tipp und wer sind deiner Meinung nach die Aufsteiger oder Überraschungen in der 125ccm Klasse 2009?"
Bradl: "Julian Simon ist ganz klar der Favorit auf den Titel. Als Aufsteiger der Saison muss man als erstes Jonas Folger nennen. Auch Andrea Iannone, der anfangs groß aufgezeigt hat gehört dazu. Als negative Überraschung muss ich mich und Simone Corsi erwähnen. Als WM-Vierter und Vizeweltmeister sind wir als die Topfavoriten in diese WM gestartet."

Frage: "Deine Vorbilder in MotoGP; oder weißt Du eigentlich, dass dich Valentino Rossi sehr hoch einschätzt?"
Bradl: "Ja, davon habe ich schon mal gehört. Ich weiß aber nicht, ob er das jetzt auch noch so sieht. Wir kennen uns ein wenig. Das ist aber glaube ich auf die Vater-Sohn-Beziehung zurückzuführen, da sein Vater zur selben Zeit Rennen gefahren ist wie mein Papa. Aber der Rossi ist natürlich schon ein ganz großes Kaliber. Der muss Vorbild sein! Unglaublich, wie sehr er sich immer wieder aufs Neue motivieren kann. Im Moment macht es ihm Lorenzo nicht einfach. Vielleicht ist das der Grund dafür."

Frage: "MotoGP ist natürlich für dich auch ein Thema?"
Bradl: "Ja, klar! Aber damit befasse ich mich noch nicht. Ich bin noch nicht soweit. Aber MotoGP ist ganz klar der Traum eines jeden Rennfahrers."