• 08.04.2009 17:13

  • von Roman Wittemeier

Hockenheim gegen Lausitz: Wenn Jim Clark das wüsste...

Der Streit um die Zukunft des bisherigen "Jim-Clark-Revival" treibt immer neue Blüten: Einstweilige Verfügung, vermeintlicher Diebstahl, Schuldzuweisungen

(Motorsport-Total.com) - Es hätte alles so schön sein können. Die Organisatoren des "Jim-Clark-Revival" (JCR) am Hockenheimring hatten in den vergangenen Jahren eine beliebte Veranstaltung mit historischen Fahrzeugen etabliert und sich als regelmäßigen Termin das letzte April-Wochenende ausgeschaut. Doch 2009 machte der DTM-Kalender dem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung, denn es ergab sich eine Terminkollision. Was folgte, waren weniger konstruktive Lösungsansätze, sondern vielmehr Streit und Schuldzuweisungen - Jim Clark würde sich im Grabe umdrehen.

Titel-Bild zur News: Jim Clark in Clermont-Ferrand 1965

Das Jim Clark-Revival bot bislang immer feinsten historischen Motorsport

Die Geschichte im kurzen Überblick. Die Organisatoren des JCR hatten alles für das letzte Aprilwochenende des Jahres 2009 vorbereitet, doch dann plante die DTM ihren Saisonauftakt just an jenem Termin in Hockenheim. Man suchte nach einem Ausweichtermin und fand ihn: Vom 14. bis 17. Mai sollte das Festival auf dem Hockenheimring stattfinden. Doch die DTM-Macher überlegten es sich anders und verlegten den Auftakt der neuen Saison ausgerechnet auf jenes Wochenende Mitte Mai.#w1#

Und plötzlich gibt es zwei Events...

Der Cheforganisator des Events, Ronnie G. Bredhauer zog Konsequenzen und sagte das Festival kurzerhand ganz ab. "Wie man sich fühlt, wenn fünf Jahre intensive Arbeit mit einem Handstreich zunichte gemacht werden, bedarf wohl keiner gesonderten Kommentierung", erklärte er frustriert. Bredhauer wandte sich vom Hockenheimring ab und suchte nach einem Ausweichstandort. Der war recht schnell gefunden: Am Lausitzring sollte das JCR stattdessen heimisch werden.

"Ohne dass wir dazu vorher angehört wurden beziehungsweise eine Verteidigungsmöglichkeiten gehabt hätten..." Aus einer Hockenheimring-Erklärung

Nur wenige Tage später entschied die Hockenheim-Ring GmbH das Zepter nicht einfach so aus der Hand zu geben. Man wollte die Veranstaltung an der eigenen Piste halten. Kurzerhand gab man dem Event den Namen "Hockenheim Historic - in Memory of Jim Clark" und plante gemeinsam mit dem Badischen Motorsport Club (BMC) munter los. Damit war die Grundlage für die heutige Situation entstanden, die aus Streitereien und gegenseitigen Schuldzuweisungen besteht.

"Ronny G. Bredhauer lässt - für uns unverständlich - den traditionellen Hockenheim-Event unter altem Namen an einer anderen Rennstrecke stattfinden, die keinerlei Bezug zur Historie Jim Clarks hat. Begründet wird diese Verlagerung mit Abstimmungsschwierigkeiten in der Terminfindung, auf die die Hockenheim-Ring GmbH keinen direkten Einfluss hatte", hieß es damals in einer Erklärung. Im jüngsten Kapitel der Geschichte ging Bredhauer noch einen Schritt weiter.

Einstweilige Verfügung erwirkt

Während er die Planungen für sein Festival in der Lausitz weiter vorantrieb, holte er gegen Hockenheim die gerichtliche Keule heraus. "Ohne dass der Hockenheimring oder der BMC dazu vorher angehört wurden beziehungsweise eine Verteidigungsmöglichkeiten gehabt hätten, wurden wir am vergangenen Freitag, dem 03. April, auf der Messe 'Techno Classica' in Essen, durch die Zustellung einer einstweiligen Verfügung überrascht, die Herr Bredhauer über eine seiner diversen Gesellschaften ohne unser Wissen und mit unrichtigen Angaben erwirkt hatte", heißt es nun aus Hockenheim.

"Herr Bredhauer war nur als organisatorischer Dienstleister angestellt." Aus einer Hockenheimring-Erklärung

Und weiter: "Diese verpflichtete uns, vorläufig die Flyer und Plakate für die 'Hockenheim Historic - In Memory of Jim Clark' nicht mehr zu verwenden." Bredhauer pocht auf seine Rechte an dem Namen "Jim Clark-Revival", erst im Juni wird ein Gericht abschließend über mögliche Ansprüche seitens der bisherigen Veranstalter in Hockenheim entscheiden. Man betonte zudem, dass "Herr Bredhauer nur als organisatorischer Dienstleister angestellt war, der in Form von Provisionen bezahlt wurde."

Der Streit um das Festival ist derart verfahren, sodass keine Handlung des einen ohne Reaktion des jeweils anderen vonstatten gehen kann. Die Auseinandersetzung hat zuweilen arg kindische Züge, höchstens im Sandkasten könnte man für solch ein Verhalten noch ein gewisses Verständnis aufbringen. Das zeigt sich schon im kleinsten Rahmen: zum Beispiel bei der Veröffentlichung von Pressemitteilungen. Wirbt der eine mit fünf E-Mails an die Redaktionen für seinen Event, anwortet der andere mit sechs E-Mails - mindestens.

Wer ist die große Unbekannte?

Im jüngsten Fall bezüglich der einstweiligen Verfügung blieb die Reaktion aus Hockenheim natürlich nicht aus. Man stellte mit voller Absicht große Werbetafeln auf der 'Techno Classica' auf, die auf die "Hockenheim Historic - In Memory of Jim Clark" hinwiesen. Außerdem kündigte man an, dass man die fälligen Schadensersatz-Zahlungen, die vom Gericht sicherlich zugesprochen würden, in vollem Umfang in den Event fließen lasse.

Jim Clark in Clermont-Ferrand 1965

Der große Jim Clark würde sich wahrscheinlich die Haare raufen Zoom

Und was passiert? Die Werbetafel auf der Messe in Essen ist plötzlich verschwunden. Zeugen wollen eine junge Frau beobachtet haben, die einer ehemaligen Auszubildenen der Hockenheim-Ring GmbH verblüffend ähnlich sah. Auch bei einer anderen Messe wenige Wochen zuvor sei diese junge Dame bereits auffällig geworden. Und - man glaubt es kaum: Diese ehemalige Auszubildene sei neuerdings Mitarbeiterin eines gewissen Ronny G. Bredhauer! Da schließt sich der Kreis. Im Rahmen der neuen Streitrunde stehen die Parteien wieder an der Start-Ziel-Linie.

Für Motorsportfans hat diese Auseinandersetzung auf der einen Seite unterhaltsame Züge, zum anderen dürfen die Fans historischer Fahrzeuge gleich zwei solcher Veranstaltungen besuchen: zuerst in Hockenheim, dann am Eurospeedway Lausitz. Bis allerdings die ersten historischen Motoren gezündet werden, ist noch Zeit für weitere Streitrunden. Es sei denn, die Parteien machen einen Boxenstopp, kommunizieren und tanken gleich randvoll Vernunft.