• 25.05.2012 17:48

  • von Dominik Sharaf

Wie Derek Warwick seinen Horrorunfall in Monza erlebte

In der Parabolica zerlegte es seinen Lotus 1990 komplett, doch Warwick dachte nur ans Weiterfahren - Sid Watkins und Bernie Ecclestone trieb er in den Wahnsinn

(Motorsport-Total.com) - Es war einer der heftigsten Unfälle der neunziger Jahre, den ein Fahrer unbeschadet überstanden hat: Der Abflug von Derek Warwick im Lotus in Monza. Im Podcast der britischen Fachzeitschrift 'MotorSport' erinnert er sich: "Mauricio Gugelmin war vor mir. Zu nah vor mir. Der Wagen untersteuerte, ich kam von der Strecke ab und flog in der Parabolica ab." Der Lotus schlug mit rund 300 Stundenkilometern in der Leitplanke ein. Eine Auslaufzone gab es nicht.

Titel-Bild zur News: Derek Warwick

Damals und heute ein Spaßvogel: Das ließ Warwick schon 1990 den Rennarzt spüren

Warwick war während des kompletten Unfallhergangs bei vollem Bewusstsein: "Als ich in die Bande einschlug, wusste ich, dass es ein großer Crash sein würde. Da ist mir viel durch den Kopf gegangen. Alles ging wie in Zeitlupe", meint der 162-fache Grand-Prix-Teilnehmer. "Ich rutschte auf der Seite und teilweise auch auf dem Helm über die Strecke. Da dachte ich: 'Das tut weh'. Mein Kopf hüpfte auf dem Asphalt", lässt er die Szenen Revue passieren.

Schon im Wrack mit Bedacht gehandelt

Doch noch im Cockpit reagierte er mit Kalkül: "Mir war klar, dass noch eine Menge Sprit im Tank war. Und eine Kollision hätte sicher mit einem großen Feuer geendet", beschreibt er seine Gedanken. "Also habe ich den Motor ausgemacht, das Lenkrad abgezogen und in den Händen gehalten. Ich wollte raus sein, sobald sich der Wagen nicht mehr bewegt", so Warwick, dessen Auto von keinem Konkurrenten getroffen wurde.

"Ich zählte zehn Sekunden herunter. Weil ich dachte, dass dann alle anderen Autos an mir vorbei wären. Als ich später die TV-Bilder sah, habe ich erkannt, dass das nicht gestimmt hat", weiß der Brite, der dennoch unbeschadet aus dem Boliden kletterte. "Als ich draußen war, habe ich zurückgesehen und dachte: 'Es gibt bestimmt eine rote Flagge. 15 Minuten, um in das Ersatzauto zu kommen.'" Und so nahm er die Beine in die Hand.

Name? Nelson Piquet!

Statt sich um sich selbst zu kümmern, hatte Warwick nur das Rennen im Kopf: "Ich fing also an, in Richtung Boxengasse und dann zu unserer Garage zu rennen. Erst landete ich fälschlicherweise in der Arrows-Box, wo ich zuvor gefahren war", lacht der heute 57-Jährige. "Ich wusste, dass Reifensatz Nummer elf mein bester war. Also schrie ich die Mechaniker an, sie sollten diesen aufziehen. Ich sprang ins Auto, ehe mich jemand zurückhalten konnte."

Das gelang auch Sid Watkins und Bernie Ecclestone nicht. Warwick war nämlich längst wieder zu Scherzen aufgelegt, als er zum Rennarzt bestellt wurde. Er erinnert sich: "Als ich zu ihm kam, wollte er meinen Namen wissen. Ich sagte: 'Nelson Piquet.'" Watkins insistierte, er meine es ernst und wolle den Namen. "Ich sagte: 'Nigel Mansell'. Bernie Ecclestone, der auch dort war, brüllte mir ins Gesicht, dass ich nicht fahren dürfe, wenn ich weiter Faxen machen würde", amüsiert sich Warwick.

Nicht erst 22 Jahre später, sondern schon nachdem er am Abend die TV-Bilder des Crashs gesehen hatte, kam Warwick zu der Einsicht: "Ich hätte nicht wieder fahren dürfen. Ich hatte damals enorme Kopfschmerzen, war müde und unzufrieden mit mir selbst", blickt er zurück.