Vettel funkt trotz Niederlage: Haben das schnellste Auto!

Sebastian Vettel erreicht im Grand Prix von China nur Platz zwei - Die Strategie schlägt Ferrari schon früh ein Schnippchen, die Pace bleibt aber gut

(Motorsport-Total.com) - Dass es mit einem zweiten Saisonsieg für Ferrari beim Grand Prix von China nicht klappen würde, zeichnete sich schon früh im Rennen ab. Der Start ging wieder an Lewis Hamilton und diesmal war es Mercedes, die das glücklichere Händchen in der Strategie hatten. Den Nachteil aus den ersten Reifenwechseln konnte Sebastian Vettel nicht wieder aufholen. Hinter Hamilton konnte er aber ein Rennen in seiner eigenen Liga aufziehen.

Die Stimmung beim viermaligen Weltmeister ließ sich bereits in seinem Funkverkehr nach dem Rennen ablesen. "Wir haben das schon richtig gemacht", funkt er an sein Team. "Das Safety-Car war Pech. Aber wir sind die Schnellsten, Mann, die Schnellsten! Nächstes Mal gewinnen wir." So hört sich kein geschlagener Fahrer an ...

Schon die frühe virtuelle, gefolgt von einer konventionellen Safety-Car-Phase hat die Königsklasse im zweiten Rennen der Formel-1-Saison 2017 um ein weiteres, enges Duell zwischen Vettel und Hamilton gebracht. Als Entschädigung konnte Vettel zeigen, wie man den Red Bull in seine Schranke verweist. Sein Fazit: "Ich hatte ein sehr unterhaltsames Rennen."

Warum Vettel am Start nicht bestraft wurde

Von Startplatz zwei aus konnte Vettel Hamilton auch diesmal nicht gefährlich werden. Daran änderte auch seine kuriose Startposition nichts - der Ferrari stand weit links von seiner Startbox. Dieser Vorfall wurde sogar von der Rennleitung untersucht, zog aber keine Konsequenzen nach sich, weil es nicht als vorteilhaft erachtet wurde. "Ich will natürlich nicht auf der Linie starten und es gibt nichts, was dagegen spricht ...", verteidigt sich Vettel. "Es sei denn, ich bekomme dafür noch auf den Deckel."

Den Rennbeginn auf noch feuchter Strecke beschreibt Vettel so: "Der Start war sehr schwierig, denn man wusste nicht, was man erwarten kann. Ich bin es vielleicht ein bisschen zu konservativ angegangen, habe aber wenigstens meine Position behaupten können. Ich habe dann versucht, dran zu bleiben. Ich glaube, auf den Intermediates waren wir so ziemlich gleichschnell. Aber ich habe gemerkt, dass die Intermediates sehr schnell abbauen, weil die Strecke schon relativ trocken war."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von China


Bereits in der zweiten Runde kam es zu einem virtuellen Safety-Car - eine Phase, in der das Rennen neutralisiert wurde. Vettel nutze die Chance um auf die weichen Trockenreifen zu wechseln. Mercedes und Red Bull ließen ihre Fahrer jedoch erst einmal draußen - als hätten sie geahnt, dass schon zwei Runde später das reale Safety-Car auf die Strecke kommen würde.

Das Überholmanöver des Rennens

"Ich bin das Risiko gerne eingegangen - das virtuelle Safety-Car kann einen ja durchaus Zeit beim Boxenstopp sparen", erklärt Vettel. Allerdings sei die Boxengasse auch noch ein wenig feucht gewesen, weswegen auch wieder Zeit verloren ging. "Als die Reifen dann angefangen haben zu funktionieren und ich angreifen wollte, um die trockene Strecke zu nutzen, kam das Safety-Car raus. Da war natürlich die Luft raus und mir war klar, dass das jetzt nicht mehr so funktioniert. Ich habe dabei ein paar Plätze verloren und damit auch den wahren Kampf um Platz eins."

Es kam allerdings auch zu einer Situation, in der Vettels Rennfahrerfähigkeiten auf Herz und Nieren geprüft wurden. Denn er fand sich als sichtbar schnelleres Auto auf Rang fünf, hinter seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen und den davor fahrenden Red Bull von Daniel Ricciardo wieder, während Hamilton und Max Verstappen die Spitze bildete.

"Die Schwierigkeit dabei war, dass ich nicht wirklich etwas auf der Bremse versuchen konnte, weil direkt davor noch ein Auto war", so Vettel "Wenn man sich da vertut, schießt man direkt ins nächste Auto. Das war nicht der Plan. Deswegen musste ich warten, bis es sich ein wenig auseinandergezogen hat und meine Chance da war. Als sie kam, habe ich sie genutzt und mit Daniel Rad an Rad war es sehr spannend"

Berührung Riccardos Schuld?

Man könnte es als Manöver des Rennens bezeichnen, als der Ferrari in Kurve vier als Angriffsort in der 22. Runde wählte - ganz ohne die Überholhilfe DRS. "Ich sah, dass Daniel innen immer zu blockieren versuchte. Ich musste es außen versuchen. Ich habe dann sehr spät und hart gebremst. Zum Glück haben seine Reifen nicht blockiert. Ich habe das im Rückspiegel gecheckt, denn sonst hätte ich ihm die Tür wieder öffnen müssen, bevor wir kollidieren. Ausgangs der Kurve kam ich dann auch noch auf etwas Dreck, meine Reifen drehten durch und ich musste die Ellenbogen rausholen. Er hat mir nicht viel Platz gelassen, aber ich hatte die Innenseite für die nächste Kurve."

Für die Berührung mach er den Red-Bull-Piloten verantwortlich: "Ich war ein bisschen überrascht und wusste nicht wirklich, wo er hin will. Ich war auch ein bisschen erschrocken, dass sich unsere Räder berührt haben. Aber es natürlich klar, dass er versucht, mich auf der dreckigen Spur zu halten."

Vom Unterhaltungswert gab es dafür die Bestnote, für den Kampf um den Sieg war diese Phase des Rennens tödlich. Denn Vettel lag in Runde sieben nur 4,6 Sekunden hinter Hamilton. Die Überhol-Arie hat ihn über fünf Sekunden auf die Spitze gekostet.

Warum Vettel keine Teamorder wollte

"Die Frage ist, warum Ferrari Kimi nicht früher auf die Seite gewunken hat", kritisiert Ex-Pilot und TV-Experte Christian Danner gegenüber 'RTL'. "Dann hätte diese Szene schon viel früher stattfinden können und Vettel hätte auch früher aufholen können."

Vettel nimmt sein Team jedoch in Schutz: "Sie haben mich gefragt, ob ich schneller fahren könnte. Aber ich habe ihnen geantwortet, dass Kimi das auch könne. Ich habe nicht erwartet, dass das Team eingreift. Das Rennen war erst zehn oder 15 Runden alt, da kann noch viel passieren und man muss noch darauf hoffen, dass beide Autos das Beste rausholen."

"Sie haben mich gefragt, ob ich schneller fahren könnte." Sebastian Vettel über den Funkverkehr

Eine zweite Boxenstopprunde machte es noch einmal spannend. Denn lange war man davon ausgegangen, dass der Grand Prix mit einem Satz Trockenreifen zu bewältigen sei. Hamiltons Boxenfunk gab jedoch einen frühen Indikator dafür, dass noch ein Wechsel nötig sei. Ferrari reagierte und holte Vettel zuerst an die Box - Hamilton kam aber nur zwei runden später.

Gleichstand in der WM

"Ich habe versucht, Lewis einzuholen", erklärt Vettel. "Aber ich glaube, er hatte immer noch genug Polster um zu reagieren". Am Ende kam Vettel nur noch 6,250 Sekunden hinter dem Mercedes über die Ziellinie. "Es war für uns trotzdem ein gutes Rennen und hat sehr viel Spaß gemacht."

In der WM herrscht damit Gleichstand zwischen den frühen Titelaspiranten, die schon in der kommenden Woche in Bahrain in ein nächstes Duell geraten könnten. "Es wird wärmer und es gibt eine herrliche erste Kurve", so Danner. "Da kann man innen überholen, außen überholen und vor allem auch überholen, wenn man sich nicht so lieb hat."

Lewis Hamilton, Sebastian Vettel

Duelle auf Augenhöhe? Vettel und Hamilton genießen ihren Zweikampf Zoom

"Wir gehen ohne große Erwartungen nach Bahrain", bremst Vettel jedoch die Euphorie. "Unser Auto funktioniert, deswegen wird es schon schiefgehen. Mercedes ist das Maß aller Dinge. Aber ich denke, wir waren heute nicht weit weg auf einer Strecke, die uns auf dem Papier nicht ganz so entgegenkommt. Aber das Papier ist im Moment noch leer."