• 21.01.2009 14:42

  • von Roman Wittemeier & Dieter Rencken

Toyota: Ein Königreich für den Erfolg

Bei Toyota setzt man im Rahmen der Vorbereitungen auf die neue Saison auf den Bahrain-Effekt: optimale Testbedingungen in der Sonne von Manama

(Motorsport-Total.com) - Trotz weniger Runden und kaum aussagerkräftiger Zeiten im Regen von Portimão war Toyota-Technikchef Pascal Vasselon am Dienstagabend bester Laune. "Es war gut, dass wir unter diesen Bedingungen testen konnten", schilderte der Franzose zur Überraschung der anwesenden Journalisten. "Denn gerade mögliche Probleme bei der Bremsstabilität treten bei Regen deutlicher zutage." Was Vasselon nicht artiulierte: In diesem Bereich hatte der TF109 seine Feuertaufe offenbar mit Bravour bestanden.

Titel-Bild zur News:

Pascal Vasselon brachte seine Sorgen über KERS erneut zum Ausdruck

Die Gesamtstabilität des Autos - also das für den Fahrer jederzeit berechenbare Fahrverhalten - hatte man bei Toyota auf der Prioritätenliste ganz oben, als man den Neuwagen auf Grundlage des neuen Regelwerks konzipierte. "Als Nebeneffekt haben wir festgestellt, dass sich zum Beispiel durch den größeren Frontflügel die gesamte Fahrbarkeit des Wagens verbessern dürfte. Das Auto wird aus unserer Sicht nicht nur weniger anfällig für Verwirbelungen, sondern auch für Krafteinwirkungen, Wind und Bedingungen sein."#w1#

"Die Autos werden voraussichtlich deutlich besser fahrbar sein und eine größere grundsätzliche Stabilität aufweisen. Und das passiert trotz des im Vergleich zum Vorjahr deutlich geringeren Abtriebs", erklärte der Cheftechniker bei der japanischen Werksmannschaft mit Sitz in Köln. "Die Regeländerungen im Bereich Aerodynamik und Reifen haben Konsequenzen, die in die gleiche Richtung gehen. Wir mussten mit einem wahrscheinlich stärkeren Übersteuern rechnen und konnten das sofort in das Fahrzeugkonzept mit einfließen lassen" Aber auch auf den Reifenverschleiß gelte es nun zu achten, so Vasselon weiter.

Bahrain als perfektes Trainingslager

Auch wenn man nach zwei Testtagen kaum brauchbare Werte aufweisen konnte, war man im Toyota-Lager zufrieden. Allerdings konnte sich Vasselon noch nicht zu einer Aussage bezüglich der Kräfteverhältnisse durchringen: "Man kann überhaupt keine Schlüsse ziehen. Es sind nur fünf Autos hier. Gerade einmal drei davon fahren mit komplett neuer Ausstattung: Williams, Renault und wir. Der McLaren hat den alten Heckflügel drauf und Toro Rosso fährt mit dem alten Wagen. Die Autos sind einfach viel zu unterschiedlich."

Lewis Hamilton

Die Strecke in Bahrain bietet optimale Bedingungen für Wintertets Zoom

Im Februar wird Toyota wieder den aus dem vergangenen Jahr bewährten Weg nach Bahrain antreten. Bei stabilen Wetter- und Gripverhältnissen verspricht man sich deutlich bessere Erkenntnisse. "Es stecken große Gefahren darin, wenn man den gesamten Testwinter nur in Europa verbringt", so Vasselon. "Die Temperaturen sind einfach nicht hoch genug, um die Reifen in das optimale Arbeitsfenster zu bekommen. Dadurch kann man völlig auf den Holzweg geraten, denn die Ergebnisse des Tests können blenden. Daher haben wir uns entschieden, wieder in Bahrain zu fahren, um relevante äußere Bedingungen zu haben."

Gemeinsam mit Ferrari und dem BMW Sauber F1 Team tritt man für insgesamt acht Testtage die Reise in das arabische Königreich an. "Wir würden sogar noch auf weitere Tage in Europa verzichten, wenn wir dafür in Bahrain testen dürften", schwärmte Vasselon von den traumhaften Bedingungen am persischen Golf. "Dort gibt es einfach die optimalen Bedingungen für eine gute Saisonvorbereitung."

Die Reifennutzung spielt beim Testprogramm eine wichtige Rolle. Mit der Rückkehr zu Slicks steht man vor teilweise ungelösten Fragen, zum Beispiel bei der Haltbarkeit. "Mit den Slicks sind wir das Graining nicht komplett los, aber es stellt sich ganz anders dar. Bei den Rillenreifen lösten sich beim Graining ganze Gummistücke und flogen davon. Bei den Slicks ist das anders. Da gibt es dann nur einige Bereiche auf der Oberfläche, die etwas rauher werden, aber es löst sich nichts ab. Der nette Nebeneffekt ist dabei, dass wir die Reifen viel besser 'lesen' können."

Viele Argumente gegen KERS

Bei KERS bleibt Vasselon bei seiner schon Ende der vergangenen Saison festgelegten Marschroute: Erst die Pflicht, dann die Kür. "Auch wenn unser System schon funktioniert und all das tut, was wir von ihm erwarten, können wir noch keinen Leistungsvorteil daraus ziehen - auf keiner Strecke", so der Franzose. Man könne auch noch keine Streckenabschnitte nennen, wo sich KERS am besten auswirken würde. "Optimale Bedingungen für den Einsatz von KERS wären eine lange Gerade mit einer engen Kurve davor."

"Dann könnte man den Boost sofort voll einsetzen, sobald die Reifen genügend Grip und Traktion dafür aufgebaut haben. In einem solchen Fall erzielst du einen Vorteil. Ich sehe den Einsatz von KERS auch nicht als Überholhilfe. Man wird sich bei allen Strecken die optimalen Punkte heraussuchen und den Boost-Knopf dort drücken, weil er an diesen Stellen den größen Vorteil bei der Rundenzeit verspricht. Taktische Spielchen sehe ich nicht."


Fotos: Toyota, Testfahrten in Portimão


Bei Toyota ging man nur wenig Kompromisse ein. Man stellte der FIA gleich zwei verschiedene Monocoques zur Abnahme vor - eines für den KERS-Einsatz, eines für den herkömmlichen Betrieb. "Wir haben zwei leicht verschiedene Monocoques, die aber dem gleichen Konzept unterliegen. Aber das bedeutet natürlich, dass wir uns vor einem Rennwochenende früh entscheiden müssen, welche Version wir nehmen." Da die Elemente des Hybridsystems unter dem Tank verbaut werden, musste man sich von einem variablen Auto trennen.

Vasselon gilt ohnehin nicht eben als großer Fan von KERS. Entsprechend schwierig sieht er die weitere Entwicklung bis zur Rennreife: "Wenn KERS einen Leistungsvorteil verspricht, dann müssen wir eben mit der KERS-Version ins Rennwochenende gehen. Dann muss man eben dieses Risiko eingehen. Das ist aber für alle Teams gleich. Aber insgesamt wird es kompliziert, denn an irgendeinem Freitag müssten wir uns dann für KERS entscheiden."

Schaut sich Toyota etwas bei Williams ab?

"Wenn KERS einen Leistungsvorteil verspricht, dann müssen wir eben mit der KERS-Version ins Rennwochenende gehen." Pascal Vasselon

"Es ist kein Geheimnis, dass ein rohes Auto ohne Ballast die Gewichtslast hauptsächlich hinten hat. Daher will man die Zusatzgewichte auch möglichst weit vorne platzieren", schilderte der Toyota-Technikchef seine Sorgen. "Wenn man aber KERS nimmt, dann muss man es etwa in die Mitte bauen. Das hat zur Konsequenz, dass man das Gewicht nicht mehr weit genug nach vorne bekommt. Das sind zwei ganz grundlegende Faktoren beim Einsatz des Systems: das Rohgewicht steigt und die Gewichtsverteilung verschiebt sich nach hinten."

"Man geht außerdem davon aus, dass die Hinterreifen beim Einsatz von KERS stärker abbauen. Das müssen wir aber noch genau erkunden. Und die Kühlung muss man auch im Auge behalten", nannte Vasselon zwei weitere Techniker-Argumente gegen den Einsatz der Hybridtechnik. Es hat den Anschein, als wolle man im Hause der japanischen Formel-1-Mannschaft zunächst einmal die Konkurrenz beobachten. Auch der Ansatz von Motorenkunde Williams mit einer Schwungscheibe wird erneut begutachtet.

"Wir haben im Frühstadium auch über eine mechnische Lösung nachgedacht", sagte Vasselon, "aber uns erschien die Entwicklung eines Systems mit Batterien einfacher. Sollte sich das Schwungscheiben-KERS als besser herausstellen, müssten wir umrüsten. Ohne Zweifel ist der Leistungsgrad bei einem mechnischen System besser. Auch muss man sich um Kühlung keine großen Sorgen machen. Aber ein solches System muss seine Zuverlässigkeit in der Formel 1 erst einmal beweisen."

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