• 13.04.2013 09:13

Surer ortet "echte Feindschaft" zwischen Vettel und Webber

Formel-1-Experte Marc Surer spricht über das eskalierte Teamduell bei Red Bull und über die Positionen von Sebastian Vettel und Mark Webber

(Motorsport-Total.com/Sky) - Sie sollten ihre Positionen halten, doch das tat Sebastian Vettel nicht. Der dreimalige Weltmeister ging in der Schlussphase des Malaysia-Rennens noch an seinem Teamkollegen Mark Webber vorbei und schnappte diesem den Sieg weg. Was in der Boxengasse der Formel 1 zum Teil für große Entrüstung sorgte. Im Interview schildert Experte Marc Surer seine Sicht der Dinge zu den jüngsten Entwicklungen bei Red Bull und erklärt, wie ein Team mit einer solchen Situation umgehen muss.

Titel-Bild zur News: Marc Surer

Marc Surer zeigt sich gespannt, wie sich die Situation bei Red Bull entwickeln wird

Frage: "Marc, Sebastian Vettel hat in Schanghai noch einmal über die Situation von Sepang gesprochen. Da gab es auch ein paar harte Worte. Er sagte, er habe die Funksprüche nicht verstanden. Außerdem sagte er, Mark Webber habe es nicht verdient, zu gewinnen. Erst einmal zu den Funksprüchen: Wie kann es passieren, dass ein Fahrer sie nicht versteht?"
Marc Surer: "Es ist schon sehr laut in einem Formel-1-Auto, wenn der Motor auf 18.000 Umdrehungen dreht. Da versteht man wirklich kein Wort."

"Der Ingenieur spricht den Fahrer dann auch meistens in der Bremsphase an. Beim Runterschalten, eingangs der Kurve, wenn der Fahrer vom Gas weg ist. Da ist es leise im Auto und dann versteht man die Funksprüche. Das wissen die Ingenieure und deshalb machen sie es auch so. Es gab mehrere Funksprüche. Ob er sie nun verstanden hat oder nicht, mag jeder selbst für sich entscheiden."

"Erst hat er sich entschuldigt, doch hinterher sagt er, er habe es nicht verstanden. Was für mich entscheidend ist, und das ist viel wichtiger: Er meint, er hätte ihn eh nicht gewinnen lassen, weil es Mark Webber nicht verdiene. Damit sagt er eigentlich ganz klar: Egal, ob ich es verstanden habe oder nicht, ich hätte es eh nicht getan."

Vettel und Webber schon lange uneins

Frage: "Eine interessante Aussage. Wie kommt es dazu?"
Surer: "Die beiden sind sich schon seit längerer Zeit nicht einig. Es gab umgekehrt ein paar Funksprüche an Mark Webber, die er nicht eingehalten hat."

"Mark Webber ist schon auch kein Netter." Marc Surer

"In Interlagos 2012 hat er Vettel, der ja unbedingt Punkte brauchte, das Leben sehr schwer gemacht. Er hat ihn nicht vorbeigelassen, hat ihm nicht geholfen. Ich kann mich auch an ein Rennen in Silverstone erinnern. Da ging es um Platz zwei und die Order war, die Positionen zu halten. Webber griff Vettel links und rechts an. Mark Webber ist schon auch kein Netter. Er hat sich auch nicht daran gehalten."

Frage: "Mark Webber beschreibt die Stimmung im Team als 'aufgeladen'. Erwartest du von ihm sogar eine Revanche?"
Surer: "Vielleicht nicht direkt. Wenn sie sich aber schon vorher nichts zu sagen hatten, sind sie jetzt Todfeinde. Das kann man ganz klar sehen."

"Und wenn es hart auf hart kommt, wird er auch draufhalten. Davon bin ich jetzt überzeugt. Das hat der Sache den Rest gegeben. Aus dieser Beinahe-Feindschaft ist eine echte Feindschaft geworden. Deshalb bin ich gespannt, was passiert, wenn sich die beiden das nächste Mal auf der Strecke begegnen."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von China


Frage: "Ein weiteres Problem bei Red Bull ist: Sebastian Vettel hat die Autorität der Teamleitung klar untergraben. Du warst ja auch mal Teamchef, für BMW in der DTM. Ist dir damals etwas Ähnliches passiert?"
Surer: "Ja. In der DTM ist es ja noch viel schwieriger. Du hast ja mehrere Fahrer. Zu diesem Zeitpunkt waren es acht Piloten. Da musst du natürlich rasch eine Reihenfolge herstellen, sonst wird die Konkurrenz Meister."

"Es lief schon so, dass sie in den ersten Rennen frei fahren durften. Im Laufe der Zeit bekamen die Fahrer mit mehr Punkten eine leichte Teamorder und so weiter. Da hatte ich auch einmal einen Fall, bei dem sich ein Pilot nicht daran gehalten hat. Dieter Quester hat einmal beim Überrunden einen der Führenden der Meisterschaft, Steve Soper, abgeschossen. Da ging es dann auch darum, Konsequenzen zu ziehen."

Der nette Junge von Nebenan

Frage: "Hast du ihn bestraft?"
Surer: "Ich habe ihn bestraft. Es gab eine Drohung. Er sagte: 'Du verstehst das nicht' und meinte, mein Sitz würde wackeln. Ich sagte: 'Wenn ich dich nicht bestrafe, verliere ich Glaubwürdigkeit.' Also so wie Christian Horner. Ich ließ ihn dann ein Rennen lang zuschauen. Ich habe es durchgestanden, er nicht."

"Ich sage immer: Nette Menschen werden nicht Weltmeister." Marc Surer

Frage: "Sebastian Vettel gilt als netter Junge von Nebenan. Hättest du ihm einen so rebellischen Charakter zugetraut? Er scheint ja fast einen Killerinstinkt zu haben..."
Surer: "Man hat das bei ihm schon gespürt. Nach außen tritt er immer sehr höflich auf, aber im Auto ist er kein netter Mensch. Ich sage immer: Nette Menschen werden nicht Weltmeister. Und er ist dreimal hintereinander Weltmeister geworden. Er kann also nicht nett sein."

Frage: "Red-Bull-Oberhaupt Dietrich Mateschitz hat nach den Vorfällen von Sepang die Losung ausgegeben, dass es ab sofort keine Teamordern mehr geben wird. Was bedeutet das?"
Surer: "Grundsätzlich: Wenn man es nicht kontrollieren kann, muss man es freigeben. Das haben sie somit gemacht. Was aber dann passiert, wenn man das Auto schonen soll, ist eine andere Geschichte. Das könnte ein Bumerang werden."

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