• 23.08.2015 08:45

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Nach Rosberg-Crash: Pirelli denkt an "intelligente" Reifen

Identifizieren lassen hätte sich der Reifenplatzer im Freien Training nicht, ein so genannter "Smart Tyre" hätte Mercedes aber vorgewarnt

(Motorsport-Total.com) - Und plötzlich war er nur noch Passagier: Der 300-km/h-Abflug Nico Rosbergs im Freien Training zum Belgien-Grand-Prix am Freitag war eine überflüssige Schrecksekunde, doch der ursächliche Reifenschaden hätte sich kaum verhindern lassen - meint Zulieferer Pirelli, der einen während der Fahrt verursachten Defekt für den Vorfall verantwortlich macht. "Alles, was wir unternehmen können, ist, uns wieder und wieder das Video anzusehen", erklärt Sportchef Paul Hembery die Nachlese der Italiener.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Ein Reifen muss viel aushalten, künftig könnten ihn mehr Sensoren überwachen Zoom

Das Problem: Ohne durchgängige Bewegtbilder des Pneus lässt sich keine Ursache zweifelsfrei identifizieren. Selbst ein kontinuierliches Video ist keine Garantie. "Gibt es keine Beweise und keine Kamera, die diesen Reifen ständig filmt, gibt es nie eine abschließende Klärung", betont Hembery. Sind also Kameras, die die Gummis permanent beobachten, die Lösung? "In Zukunft könnte man sich das überlegen", schließt der Brite die offenbar kostspielige und aufwendige Maßnahme nicht aus.

Eine Alternative wäre die Einführung eines so genannten "Smart Tyre" (ein "intelligenter Reifen"), über den schon im Jahre 2012 gesprochen wurde. Dabei handelt es sich um einen mit zahlreichen Sensoren ausgestatteten Reifen, der in Echtzeit Informationen jenseits bekannter Parameter wie Temperatur und Luftdruck sammelt. So könnten zum Beispiel auch der Zustand des Gummis, die Menge an Wasser auf der Strecke oder das Gripniveau ausgelesen werden - und nicht nur den Teams, sondern auch den TV-Zuschauern live übertragen werden.

Trotzdem meint Hembery, dass im Fall Rosberg auch der "Smart Tyre" an seine Grenzen gestoßen wäre. "Er hätte uns vielleicht vorgewarnt, dass sich ein Defekt anbahnt. Aber ihn identifizieren? Das kann ich bei einer sieben Kilometer langen Strecke kaum behaupten", verweist der Sportchef darauf, dass sich auf einer Bahn wie Spa-Francorchamps scharfkantige Trümmerteile an zahlreichen Stellen verstecken können.

Hembery spricht auch an, dass bei Untersuchungen auf der Strecke in Abu Dhabi klar geworden sei, was ein glühend heißer Formel-1-Reifen alles aufsammelt. "Muttern, Metallstücke, alles Mögliche", so der Reifenexperte. Doch vieles davon schneidet den widerstandsfähigen Gummi nicht auf. "Man könnte sogar kugelsichere Reifen bauen. Aber die würden sich auf einem Formel-1-Auto nicht gut machen und auch nicht förderlich für die Leistung sein", so Hembery weiter.