• 04.03.2017 15:03

  • von Daniel Halder

Mehr Lärm, mehr Kicks: Christian Horner zur Formel-1-Zukunft

Zu viel Technologie, zu wenig Show, DNA des Sports kaputt: Der Red-Bull-Teamchef rechnet mit der Formel 1 der vergangenen Jahre ab - Liberty soll für Spektakel sorgen

(Motorsport-Total.com) - Im Jahr eins nach der Bernie-Ecclestone-Ära lechzen Formel-1-Fans und -Verantwortliche nach Veränderungen. Damit verbunden: Große Erwartungen an die neuen Eigentümer von Liberty Media. Sie sollen die Probleme anpacken und mit einer mutigen Strategie eine Zeitenwende in der Königsklasse einläuten. Mehr Spannung, mehr Fans, eine zeitgemäßere Ansprache, das sind nur einige der Punkte, mit denen die Formel 1 fit für die Zukunft gemacht werden soll.

Titel-Bild zur News: Christian Horner, Helmut Marko

Bei Red Bull hat man klare Vorstellungen von der Formel 1 unter Liberty Media Zoom

Auch bei den Hauptdarstellern, den Teams, beobachtet man die Entwicklung mit Argusaugen. Für Red-Bull-Teamchef Christian Horner steht ein Ziel über allen anderen: Die Formel 1 muss wieder deutlich mehr Fans anlocken. Nur dann könne sie langfristig für den Red-Bull-Konzern attraktiv bleiben. "Wir brauchen ein breiteres Publikum und eine klare Strategie, was digitale Inhalte angeht. Wir müssen in den sozialen Netzwerken die Leute ansprechen und zu uns locken. Das alles sind Schlüsselfaktoren für Red Bull und wir werden sehr genau verfolgen, in welche Richtung sich das in unserem Sport entwickelt", so Horner im Interview mit 'City AM'.

Was nach einer Drohung und einem möglichen Ausstiegsszenario klingt, will der Brite aber gar nicht so verstanden wissen. Vielmehr setze er große Hoffnungen in die neuen Formel-1-Teilhaber: "Das Erfrischende an Liberty Media: Sie sind ein Medienunternehmen und wissen, wie man die Leute unterhält. Das macht uns Mut. Sie wollen aus dem Sport ein Event machen und eine gute Show bieten. Für den Fan muss es ein Spektakel sein", spricht Horner unverblümt an, was in den vergangenen Jahren in der Formel 1 zu kurz kam.

Christian Horner: "Bringt den Lärm zurück"

Dass künftig die Amerikaner für die Show verantwortlich sein sollen, kann laut Horner nur gut für die Königsklasse sein. Doch außer mehr Spektakel und verstärkten Social-Media-Aktivitäten fordert der Engländer weitere Veränderungen in technischer Hinsicht. Abrüsten laute hier die Devise. "Wir haben es in den vergangenen Jahren mit der Technologie etwas übertrieben. Da sind Dinge gemacht worden, die für die Fans auf den Tribünen null Bedeutung haben. So haben wir die DNA des Sports beschädigt", findet der 43-Jährige deutliche Worte.


Red Bull präsentiert den RB13

Der Red-Bull-Verantwortliche hat klare Forderungen an die künftigen Formel-1-Entscheider: "Wir brauchen einfachere Motoren, billigere Antriebe, mehr Sound", erteilt er den teuren Hybrid-Antrieben, die die Mercedes-Dominanz der letzten Jahre mitverursacht haben, eine Absage. "Bringt den Lärm zurück. Lasst uns wieder das Röhren der Maschinen und den Kick eines lauten Formel-1-Motors erleben. Lautstärke ist ein Schlüssel, denn sie vermittelt erst das Gefühl von Geschwindigkeit", so Horner.

Ähnlich plakativ sieht der Teamboss auch die Rolle der Fahrer. "Sie müssen die Stars sein, nicht die Technik. Der Beste muss gewinnen und die Fahrer müssen sich gegenseitig zum Limit pushen. Niemand will Verletzte sehen, aber es darf auch mal den ein oder anderen spektakulären oder kuriosen Zwischenfall geben", findet er. Schluss also mit der "wilden Jagd nach irrelevanter Technologie", Ja zu mehr Spektakel und echtem Racing.

Ohne Ecclestone beginnt eine neue Zeitrechnung

Das Argument, die Formel 1 müsse ein Technologievorreiter für die Autoindustrie sein, kann der Brite jedenfalls nicht mehr hören. "Wenn es beispielsweise darum geht, 'grünere', umweltfreundlichere Autos zu bauen, dann lasst das doch der Formel E. Wir in der Formel 1 brauchen Thrill, Geschwindigkeit, Lautstärke und Rad-an-Rad-Kämpfe", beschreibt Horner, was er als die DNA des Sports sieht. "Wenn ein Top-Team fast 900 Leute braucht, um zu funktionieren, dann ist das doch verrückt. Das ist zu viel."

Christian Horner, Ross Brawn

Ross Brawn soll laut Horner (l.) die sportliche Richtung der Formel 1 vorgeben Zoom

Große Hoffnungen setzt der Engländer auf dem Weg zu einer neuen Formel 1 in den neuen Liberty-Mann Ross Brawn. "Er kennt die Tricks in und auswendig und ist der richtige Mann an dieser Position. Ich habe ihn der FIA schon vor einem Jahr für diese Stelle vorgeschlagen. Er ist klug und erfolgreich und wird uns voranbringen", ist sich Horner sicher. Nach seiner Pauschalschelte an der Formel 1 der vergangenen Jahre lässt es sich der Red-Bull-Teamchef aber auch nicht nehmen, noch ein paar nette Worte für den abgesetzten Zampano Ecclestone zu verlieren.

"Es wird seltsam sein, wenn er plötzlich nicht mehr an der Strecke ist. Ich glaube, es braucht noch ein bisschen Zeit, bis die Leute verstehen, was er für die Formel 1 geleistet hat. Er hat den Sport geprägt", lobt Horner. Nun sei es aber an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen und sich der Zeit anzupassen. "Liberty scheut sich nicht vor Veränderungen. Die Formel 1 bricht jetzt in eine neue Ära auf, in eine neue Zeitrechnung", so der Brite abschließend.