• 20.02.2008 15:02

  • von Roman Wittemeier

Marmorini findet FIA-Pläne zu lasch

Toyota-Motorenchef Luca Marmorini kritisiert die FIA-Pläne zur Energie-Rückgewinnung (KERS): "Viel zu primitives System geplant"

(Motorsport-Total.com) - Mit den sogenannten "Kinetic Energy Recovery Systems (KERS)" soll ab 2009 die beim Abbremsen freigesetzte Energie gespeichert werden und per Knopfdruck vom Piloten nach Wunsch abrufbar sein. Die FIA hatte die Pläne bereits vor Monaten vorgestellt und dabei auch schon sehr konkrete Vorgaben gemacht. Die Formel 1 soll auf diesem Weg so ganz nebenbei nicht nur spektakulärer werden, sondern auch umweltschonender.

Titel-Bild zur News: Toyota

Luca Marmorini kritisiert die FIA-Pläne zu KERS

Auf dem Weg zu einer "grüneren" Formel 1 sieht einer allerdings schwarz: Luca Marmorini hat die FIA-Pläne heftig kritisiert. Nach Ansicht des Toyota-Motorenchefs engt die Motorsportbehörde mit ihren Vorgaben die Entwicklung zu sein ein. "Die Einführung von KERS verblüfft mich, denn die FIA hat sich für ein sehr primitives System entschieden", sagte der 46-Jährige dem italienischen Magazin 'Autosprint'. Das System sei Welten hinter dem zurück, was bei einigen Toyota-Straßenautos bereits Standard sei.#w1#

Autobauer sind bei Hybridtechnik schon viel weiter

"Die FIA hat ein primitives System gewählt." Luca Marmorini

"Das Potential von Hybridmotoren ist immens, aber die FIA hat ein System gewählt, das uns bei der Energierückgewinnung auf die Hinterräder beschränkt. Es sollte mehr Freiheiten geben." Toyota habe beispielsweise eine Hybrid-Rennversion des Sportwagens Supra bei einem 24-Stunden-Rennen eingesetzt und prompt gewonnen: "Wenn wir sagen, dass der Supra 70 Prozent der freiwerdenden Energie zurückgewinnt, dann wären es beim geplanten Formel-1-System gerade einmal 20 Prozent", so der italienische Motorentechniker.

Marmorini wünscht sich deutlich mehr Freiheiten für die Motorentechniker bei der Entwicklung von KERS. Rückendeckung erhält der Toyota-Motorenchef vom ehemaligen Ferrari-Designer Mauro Forghieri: "Die Energierückgewinnung und die Beimischung von Biosprit sind tolle Ideen, aber man müsste einen viel extremeren Weg gehen. Man könnte einfach eine maximale Energie definieren, die zur Verfügung stehen soll. Dann könnten die Techniker mit allen Freiheiten nach den besten und intelligentesten Möglichkeiten suchen."

Die Formel 1 sei diesbezüglich schon lange kein interessantes Terrain mehr, so Forghieri in 'Autosprint': "Es ist schon traurig, dass ich zum Beispiel nach Le Mans gehen muss, um mal unterschiedliche Motorenkonzepte zu sehen. Die Formel 1 entwickelt sich im Motorenbereich in Richtung Formel 3, sie ist nur eben schneller und unglaublich viel teurer." Der italienische Top-Techniker hat sich mittlerweile fast komplett von der Formel 1 abgewendet.

Formel-1-Reglement als Innovationsbremse

"Es ist traurig, dass ich nach Le Mans gehen muss, um verschiedene Motorkonzepte sehen zu können." Mauro Forghieri

Forghieri bezweifelt ebenso wie Marmorini, das die Königsklasse des Motorsports auf Grundlage der aktuellen Pläne wieder zu einem technischen Vorreiter werden könnte: "Hätten wir diese Regeln früher gehabt, hätte es einige wichtige Entwicklungen gar nicht gegeben: keinen Turbo, keinen Kompressor, keine pneumatischen Ventile, keinen Direkteinspritzer und keinen Common-Rail-Diesel."

Die Halbherzigkeit der FIA ist nur ein Teil der Techniker-Kritik. Die grundsätzliche Haltung der Motorsportbehörde bei Änderungen von Regelwerk, sowie Vorgaben bezüglich technischer Neuerungen ist ein anderer Teil, so Forghieri: "Im Sinne der Sicherheit und der Kostenreduzierung hat also irgendjemand entschieden, dass die Entwicklung der Motoren auf Eis gelegt werden muss. Wer sagt uns eigentlich, dass das der richtige Weg ist?"