• 01.08.2007 15:03

  • von Michael Noir Trawniczek

Laffite: "Bourdais verfügt über das Potenzial"

Ex-Grand-Prix-Pilot Jacques Laffite kann sich gut vorstellen, dass sein Landsmann Sébastien Bourdais in der Formel 1 Erfolg haben würde

(Motorsport-Total.com) - Sébastien Bourdais hat in den Jahren 2004, 2005 und 2006 die amerikanische ChampCar-Meisterschaft gewonnen. In der laufenden Saison führt er die ChampCar-Tabelle erneut an, liegt zehn Punkte vor seinem nächsten Verfolger Robert Doornbos. So ist es leicht nachvollziehbar, dass er eine neue Herausforderung sucht.

Titel-Bild zur News: Jacques Laffite

Jacques Laffite war Stargast bei der Ennstal-Classic in der Steiermark

Der Weg in die Formel 1 blieb für Bourdais bislang verschlossen, einige Versuche scheiterten - auch an seiner kompromisslosen Art, einfach auszusprechen, was er denkt. Die Formel 1 bräuchte einen schnellen Franzosen, hört man des Öfteren. Die frühere Formel-1-Nation ist zurzeit nur mit Toyota-Testfahrer Franck Montagny in der Königsklasse vertreten.#w1#

Mit 28 noch in die Formel 1?

Jetzt könnte Bourdais mit seinen 28 Jahren doch noch in die Formel 1 einsteigen, als Einsatzpilot der Scuderia Toro Rosso - dort ist er für 2008 im Gespräch. Dass es für Bourdais noch lange nicht zu spät ist für ein Formel-1-Debüt, daran glaubt sein Landsmann, der langjährige Formel-1-Pilot Jacques Laffite, der selbst erst mit 26 Jahren in die Formel 1 aufgestiegen ist.

Frage: "Herr Laffite, haben Sie die Karriere Ihres Landsmanns Sébastien Bourdais verfolgt?"
Jacques Laffite: "Ja, ich habe natürlich seine Karriere verfolgt - ich kenne ihn persönlich jedoch nicht allzu gut, ich habe ihn erst zwei- oder dreimal getroffen."

Frage: "Wie schätzen Sie ihn ein?"
Laffite: "Ich denke, er verfügt über das Potential, ein Formel-1-Fahrer zu sein. Er hat in der Formel Renault und in der Formel 3 gewonnen und auch in der Formel 3000. Er ist ein mehrfacher ChampCar-Meister - er verfügt also sicher über das nötige Talent. Jetzt muss ein gutes Team gefunden werden. Ich hoffe, dass er bei der Scuderia Toro Rosso anheuern kann - oder eben bei einem anderen Team, ich weiß es nicht. Aber ich denke, dass er ohne weitere Probleme ein guter Formel-1-Fahrer sein kann."

Frage: "Trauen Sie ihm eine späte große Formel 1-Karriere zu? Halten Sie es für möglich, dass er beispielsweise zunächst bei Toro Rosso beginnen und dann in ein Topteam aufsteigen könnte?"
Laffite: "Ja, durchaus. Es hängt davon ab, was er bei Toro Rosso ausrichten kann. Das Problem ist, dass du bei Toro Rosso nicht im besten Team fährst - daher ist es schwieriger, sich zu bestätigen. Aber es gibt trotzdem immer irgendwelche Möglichkeiten, sein Talent unter Beweis zu stellen. Zum Beispiel Adrian Sutil, der in Monte Carlo im Regen Bestzeit gefahren ist. Und dann gibt es ja auch noch den Teamkollegen als Gradmesser - ich bin sicher, dass Sébastien bei Toro Rosso der schnellere Pilot sein würde. Er war bereits bei seinem Test in Spa-Francorchamps schneller als der andere Toro-Rosso-Pilot. Ich bin überzeugt, dass Bourdais sicher nicht langsamer ist als die aktuellen Toro-Rosso-Fahrer Tonio Liuzzi und Scott Speed (Interview wurde vor der Verpflichtung von Sebastian Vettel als Nachfolger von Scott Speed geführt; Anm. d. Red.)."

"Natürlich geht es immer auch um die nötige Portion Glück. Ich weiß auch nicht, ob er jetzt schon unterschrieben hat oder nicht. Aber wenn Sie mich fragen, ob Sébastien Bourdais gut genug ist für die Formel 1, dann sage ich: Ja, ganz sicher. Er kann nicht schlecht sein. Er ist ein Siegertyp - und wenn du das bist, kannst du überall Erfolge erzielen. Natürlich hängt es vom Team ab."

Vergleich zu Zanardi hinkt

Frage: "Wir haben bei Alex Zanardi erlebt, dass auch ein mehrfacher ChampCar-Meister Probleme in der Formel 1 haben kann, dass es Anpassungsprobleme geben kann."
Laffite: "Ja, aber Zanardi hatte nicht unbedingt das beste Auto zur Verfügung. Zu diesem Zeitpunkt war der Williams kein leicht zu handhabendes Fahrzeug. Mittlerweile hat sich in der Formel 1 auch sehr viel geändert, auch was das Reglement anbelangt. Die Autos liegen zudem viel näher beieinander. Auch mit dem Toro Rosso kann man gute Ergebnisse erzielen, das ist kein schlechtes Auto. Und ich glaube auch daran, dass sich Toro Rosso im nächsten Jahr steigern wird. Sie haben einen guten Motor. Sie werden sich ganz sicher verbessern."

Frage: "Was mir persönlich gut gefällt: Sébastien Bourdais sagt immer, was er denkt."
Laffite: "Ja. Nur kann das manchmal ein Problem darstellen, wenn man sagt, was man denkt. Das passt nicht unbedingt in die Formel 1. Sébastien Bourdais hat einen starken Charakter - aber wenn du keinen Charakter hast, kannst auch kein Siegertyp sein. Was seine Art anbelangt, gibt es bei Sébastien unterschiedliche Ansichten. Nur: Du kannst ihn mögen oder du kannst ihn nicht mögen - sicher aber ist, dass er ein guter Fahrer ist. Und er würde der Formel 1 sicher gut tun. Für uns in Frankreich wäre es fantastisch, wenn wir Sébastien Bourdais in einem Formel-1-Auto sehen würden. Er muss nicht erst beweisen, dass er ein guter Pilot ist - er benötigt nur das bisschen Glück, in einem guten Auto zu sitzen."

Frage: "Für ihn wäre die Formel 1 nach den ChampCar-Erfolgen eine neue Herausforderung."
Laffite: "Ja, er ist ja auch noch jung. Er ist erst 28. Sie müssen wissen: Ich war 26 Jahre alt, als ich in die Formel 1 kam - und ich bin 13 Jahre lang in der Formel 1 gefahren. Michael Schumacher ist mit 37 noch gefahren, hat mit 38 aufgehört. David Coulthard ist 38 und er ist immer noch dabei und immer noch schnell unterwegs. Ich bin mir sicher, dass Sébastien Bourdais den nötigen Biss hat, um sich auch in der Formel 1 emporzuarbeiten, die Formel 1 ist für ihn wirklich eine neue Herausforderung. Sébastien ist ambitioniert - er möchte sehr gerne in der Formel 1 fahren. Ich hoffe für ihn, dass er den Platz bekommt."