Hill: "Da war ich in gewisser Weise naiv"

Wie Damon Hill heute über seine Kollision mit Michael Schumacher 1994 in Adelaide denkt und was er vom Comeback seines alten Rivalen hält

(Motorsport-Total.com) - Nicht wenige Formel-1-Weltmeisterschaften wurden in der Vergangenheit durch spektakuläre Unfälle entschieden. Die Kollisionen von Ayrton Senna und Alain Prost 1989 und 1990 in Suzuka sind vielen Fans auch heute noch gegenwärtig. Gleiches gilt für den Zusammenstoß von Michael Schumacher und Jacques Villeneuve 1997 in Jerez oder den spektakulären Reifenplatzer von Nigel Mansell 1986 in Adelaide.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher und Damon Hill

Der Eindruck täuscht: Freunde waren Schumacher und Hill noch nie

Auch die Bilder des Saisonfinals 1994 - ebenfalls in Adelaide - blieben im Gedächtnis haften. Schumacher und Damon Hill kämpften damals nicht nur um den Rennsieg, sondern auch um den WM-Titel. In der 36. Runde rutschte der Deutsche von der Strecke und touchierte die Begrenzungsmauer. In der darauffolgenden Rechtskurve sieht der Brite die Chance, innen am angeschlagenen Benetton vorbeizuziehen.

Keine Entschuldigung Schumachers

Doch Schumacher lenkte ein, es kam zur Kollision. Während der Deutsche auf zwei Rädern in den Reifenstapel flog, musste Hill seinen Wagen mit einer beschädigten Radaufhängung in der Box abstellen. Damit war die WM-Entscheidung zugunsten von Schumacher gefallen. 17 Jahre danach antwortet Hill auf die Frage des britischen Formel-1-Journalisten Peter Windsor, ob sich Schumacher jemals dafür entschuldigt habe: "Das kann ich ganz einfach beantworten: nein", so Hill in 'The Flying Lap'.

"Ich bin auch nie davon ausgegangen, dass er sich entschuldigen wird." Damon Hill

Auf eine Entschuldigung seines früheren Rivalen hat der 51-Jährige jedoch auch nicht gewartet: "Ich bin auch nie davon ausgegangen, dass er sich entschuldigen wird. Ich denke aus seiner Sicht gibt es auch nichts, wofür er sich entschuldigen müsste. Michael ist immer mit der gleichen Einstellung ans Rennfahren herangegangen. Er hat immer getan, was er tun musste, um das gewünschte Resultat zu erreichen", charakterisiert er den siebenfachen Weltmeister.

Hill, der 1994 seine zweite komplette Saison absolvierte und erst durch den Tod von Senna zur Nummer 1 bei Williams und zum Titelkonkurrenten herangewachsen war, gesteht im Nachhinein ein, dass er damals falsch reagiert hat: "Da war ich in gewisser Weise naiv, in dem ich davon ausgegangen bin, dass er so etwas nicht machen wird. Das entsprach einfach nicht meiner Philosophie vom Rennfahren, dass man einen Gegner, der einen überholen will, auf diese Weise aus dem Weg räumt. Das war eine Fehleinschätzung meinerseits."

Hill: "Die Formel 1 ist kein Spiel"

Michael Schumacher, Rubens Barrichello

Zweikampf Schumacher-Barrichello: Für Hill eine unnötige Aktion Zoom

Eine eindeutige Meinung hat Hill zu dem Vorfall in Ungarn 2010, als Schumacher Rubens Barrichello bei einem Überholversuch auf der Start- und Zielgerade sehr hart abdrängte. Nach Ansicht des Briten zu hart: "Das war unnötig. Ich verstehe nicht, weshalb er Rubens so an die Boxenmauer gedrängt hat. Das war heikel. So etwas hätte ich von Michael ehrlich gesagt nicht erwartet. Er hat solch großartige Fähigkeiten als Rennfahrer, aber da stehen Menschenleben auf dem Spiel."

"Eines Tages muss man aufhören." Damon Hill

Dem Formel-1-Comeback Schumachers steht Hill mit gemischten Gefühlen gegenüber: "Er hat das Recht zu tun, was er tun möchte. Er ist unglaublich fit, unglaublich talentiert und ist der Meinung, dass er noch ein paar gute Jahre haben kann." Zwischen den Zeilen deutet der Weltmeister von 1996 jedoch an, dass für ihn die Zeit des 41-Jährigen abgelaufen ist. "Meine persönliche Meinung ist aber, dass man damit das Unvermeidbare nur herauszögert. Eines Tages muss man aufhören."

Über die Motive Schumachers kann Hill nur rätseln: "Vielleicht hat er das Gefühl, das er noch irgendetwas verpasst hat." Grundsätzlich steht er der Rückkehr von älteren Fahrern kritisch gegenüber. Dass im kommenden Jahr sechs Weltmeister im Starterfeld vertreten sein werden, ist für den 51-Jährigen nicht nur ein Segen: "Die Formel 1 ist kein Spiel, man muss sich seinen Platz schon verdienen. Und wenn jemand ein Cockpit besetzt, das ihm eigentlich nicht zusteht, blockiert er damit neue Talente. Das ist aber nicht Michaels Problem, sondern dass der Formel 1", so Hill abschließend bei 'The Flying Lap'.