• 15.04.2012 17:39

Hamilton: "Es war ein großer Spaß"

Zweikämpfe Mann gegen Mann - das Rennen in China war genau das Richtige für den McLaren-Piloten: "Eine Meisterschaft nach meinem Geschmack"

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton ist ein waschechter Racer. Und als solcher mault der Brite nicht, weil ihn ein defektes Getriebe und die daraus resultierende Strafversetzung ins Mittelfeld verfrachteten. Der Weltmeister von 2008, der den Grand Prix von China am Sonntag auf dem dritten Rang beendete, freut sich lieber über tolles Racing mit Zweikämpfen en masse. Im Interview spricht der begeisterte McLaren-Pilot über den Stratgiepoker von Schanghai, seine WM-Führung und die Coolness von Nico Rosberg.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

WM-Führender, der auf der Strecke und nicht an der Box gewinnen will: Hamilton

Frage: "Lewis, wie bewertest du das Rennen?"
Lewis Hamilton: "Ich hatte ein großartiges Rennen und freue mich für Nico (Rosberg, Anm. d. Red.). Das Team hat es geschafft, geschlossen zurück auf das Podium zu kommen und wichtige Punkte einzufahren. Nichtsdestotrotz war es ein schwieriger Grand Prix."
"Ich wollte nur nach vorne kommen, mich durch das Feld arbeiten. Und es wurde eines der besten Rennen der Saison. Es hat so viel Spaß gemacht, ein fantastischer Tag."

Frage: "Hatte das Auto Potenzial für noch mehr?"
Hamilton: "Nein, ich habe absolut alles aus dem Auto herausgeholt. Wenn ich die Strafversetzung nicht gehabt hätte und weiter vorne gestartet wäre, hätte ich Nico aber unter Druck setzen können. So bin ich im Verkehr hängen geblieben. Gerade in den Szenen, als ich aus der Boxengasse gekommen bin, war es so schwer, zu überholen. Trotzdem bin ich glücklich und ich werde weiter hart arbeiten, um in der Zukunft bessere Resultate einzufahren."

Frage: "War das Rennen ein Strategiepoker?"
Hamilton: "Ja, das war es. Ich kam kurz vor Jenson (Button, Anm. d. Red.) in die Box und bin dann im Verkehr stecken geblieben. Eine Zwei-Stopp-Strategie wäre aber wirklich sehr schwierig geworden, weil der Reifen massiv abgebaut hat. Jedes Mal, wenn das Überholen anstand, habe ich viel Zeit verloren. So war ich froh, hinter meinem Teamkollegen ins Ziel gekommen und wichtige Punkte gesichert zu haben."

Hamilton im Zweikampf - mit allen anderen

Frage: "Für die Zuschauer war es ziemlich spannend. Auch für dich?"
Hamilton: "Ja, es war ein großer Spaß. Ich hätte ein so aufregendes Rennen und so viele Überholmanöver nicht erwartet. Mittendrin in einem Zug von Autos zu stecken und zu kämpfen, das war großartig. Ich will immer an der Spitze eines solchen Zuges sein. Und dafür musste ich mir einen nach dem anderen vornehmen."

Frage: "Du hattest gegen Ende des Rennens einen spanennden Zweikampf mit Sebastian Vettel. Wie hast du das erlebt?"
Hamilton: "Nicht nur mit ihm, sondern beinahe mit jedem. Die Red Bull waren auf der Geraden ziemlich schnell. Sogar, als wir DRS einsetzen konnten. Ich musste mein gesamtes KERS aufbrauchen, um ranzukommen. Und in die DRS-Zone fahren, um mich vorbeizukatalpultrieren. Das habe ich schließlich geschafft. Ich glaube, er (Vettel, Anm. d. Red.) war etwas länger auf seinen Reifen unterwegs. Trotzdem gab es einen tollen Kampf. So wie mit beinahe jedem. Vielleicht habe ich hinter Perez etwas Zeit verloren. Aber spanenndes Racing war es trotzdem."


Expertenmeinungen zum Rennen in Shanghai

Frage: "Wieviel Abtrieb hast du verloren, wenn du direkt hinter einem Konkurrenten warst?"
Hamilton: "Du versuchst, dich aus den Verwirbelungen des Vordermanns rauszuhalten. Du nimmst dazu eine engere Linie, was dir erlaubt, so nahe wie möglich dranzubleiben. Wie ich schon sagte, es führt zu großartigem Motorsport. Ich kann mich nicht daran erinnern, in jüngerer Vergangenheit so ein Rennen involviert gewesen zu sein. Wir machen also einiges richtig."

Ein denkwürdiger Grand Prix

Frage: "Du hast drei dritte Plätze eingefahren. Das ist ziemlich konstant."
Hamilton: "Ziemlich konstant, ja. Aber nicht so gut, wie ich mir das wünsche. Wir hatten zwei Pole-Positions, die Chance auf zwei Siege. Auch heute hätte ich in der ersten Reihe stehen können, wäre da nicht die Sache mit dem Getriebe gewesen. Aber nichtsdestotrotz haben wir das Beste aus den Rennen gemacht. Ich freue mich für das Team."

Frage: "Die Fahrer- und die Konstrukteurs-WM haben sich an diesem Wochenende zu euren Gunsten entwickelt, oder?"
Hamilton: "Ja, aber wir müssen sicherstellen, dass wir die Dinge voranbringen. Es geht so schnell. Mercedes und anderen Teams haben einen Schritt nach vorne gemacht. Red Bull ist auf der Höhe, Ferrari war wieder schneller, und auch der Sauber. Für die Fans ist das großartig, toller Motorsport."
"Es ist ein gutes Gefühl, wieder WM-Führender zu sein. Und es ist auch schon eine Weile her, dass ich in dieser Position war. Aber wir müssen konzentriert bleiben. An diesem Wochenende hatte ich kein Glück, es hätte ein sehr viel einfacheres Rennen sein können. Trotzdem war es fantastisch. Von Rang sieben zu starten und mich auf das Podium vorzukämpfen - das werde ich noch lange in Erinnerung behalten."

"Wir haben das Beste aus dem Rennen gemacht." Lewis Hamilton

Frage: "Wie schätzt du die Leistung von Mercedes ein?"
Hamilton: "Sie haben einen fantastischen Job gemacht. Gratulation an Nico. Es ist etwas Besonderes, den ersten Sieg und auch die erste Pole-Position einzufahren. Und dabei sah er noch gar nicht mal allzu aufgeregt aus. Ich war total aus dem Häuschen, als ich das erste Mal gewonnen habe. Aber er ist ganz gefasst., egal ob er Erster oder Letzter wird. Gratulation auch an Mercedes - die Marke hatte schließlich drei Fahrer auf dem Podium und hat den ersten Sieg seit langer, langer Zeit gefeiert."
"Wenn ich mir ansehe, wie eng es war zwischen Mercedes, Red Bull, Lotus, Ferrari und Sauber - das ist eine echte Meisterschaft ganz nach meinem Geschmack."

Hamilton sieht Mercedes im Qualifying vorne

Frage: "Was macht bei Mercedes der zusätzliche Topspeed aus?"
Hamilton: "Es ist viel einfacher, wenn man freie Fahrt hat und keine Luftverwirbelungen. Dann ist es ein einfaches Rennen. Hinten sieht die Sache anders aus. Da musst du jeden Vorteil nutzen, den du kriegen kannst, darfst beim Boxenstopp keine Zeit verlieren."

Lewis Hamilton, Kamui Kobayashi

Bloß nicht alleine auf die Strecke: Hamilton liebt die Zweikämpfe Zoom

Frage: "Würdest du sagen, dass McLaren noch vor Mercedes steht?"
Hamilton: "Nein, sie haben gezeigt, dass sie im Qualifying schneller sind als wir. Hätte ich meine Reifen auf Temperatur bekommen, hätte ich vielelicht näher dran sein können, aber niemals genauso schnell. Im Rennen waren wir vom Tempo her ungefähr auf einem Level mit Nico gewesen. Aber wir werden sehen, wie sich das im nächsten Rennen entwickelt."