• 21.10.2006 23:42

  • von Inga Stracke

Häkkinen: "Glaube, dass Michael zurückkehren wird"

Mika Häkkinen ist der Meinung, dass Michael Schumacher ein Comeback im Rennsport geben wird - Kimi Räikkönens Wechsel zu Ferrari ein Fehler?

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mika, ist Michael Schumacher der größte Fahrer in der Geschichte der Formel 1?"
Mika Häkkinen: "Wenn man das Gesamtbild sieht, dann gibt es keinen Zweifel an Michael und an seinen Erfolgen in der Formel 1. Er hat mehr Titel gewonnen als jeder andere. Was er erreicht hat, ist großartig, aber leider kann ich nicht auf einer Skala von eins bis zehn sagen, wie gut Michael ist. Das geht nicht. Was er erreicht hat, ist aber bemerkenswert. Ich glaube nicht, dass seine Rekorde bald übertroffen werden. Vielleicht nie."

Titel-Bild zur News: Mika Häkkinen

Mika Häkkinen kehrte nach einer kurzen Rennpause in die DTM zurück

Frage: "Was ist deine schönste Erinnerung an Michael Schumacher?"
Häkkinen: "Ich habe viele Erinnerungen, zum Beispiel daran, dass ich ihn überholt habe - Spa 2000 ist da zu erwähnen. Ich hatte mit Michael tolle Rennen, das war eines davon. Der Wettkampf zwischen uns war eine echte Herausforderung, speziell 1998, 1999 und 2000. Das waren echte Fights auf der Strecke, sehr hart."#w1#

Immer faire Duelle gegen Schumacher

"Allerdings hat es nie eine Kollision gegeben. Ich würde dazu nicht Gentlemen Racing sagen, aber wir haben uns gegenseitig respektiert, obwohl die Autos und die Fahrer am Limit waren. Wir haben keine schmutzigen Tricks gespielt, daher habe ich viele schöne Erinnerungen an Michael. Der Grund, weshalb es nie zu einer Kollision gekommen ist, war, dass wir uns als Vorbild für die jungen Fahrer gesehen haben - im Kartsport, auf den öffentlichen Straßen und so weiter. Ich war immer bemüht, mir tolle Fights mit Michael zu liefern, aber nie auf eine Art und Weise, dass wir zusammenkrachen würden."

Frage: "War Spa-Francorchamps 2000 nahe am Limit?"
Häkkinen: "Oh ja, absolut - sehr am Limit."

"Spa war am Limit, aber der Ausgang war meiner Meinung nach gut und spektakulär." Mika Häkkinen

Frage: "Über dem Limit oder am Limit?"
Häkkinen: "Jedes Mal, wenn ein Auto über die weiße Linie fährt uns aufs Gras kommt, kreuzt es das Limit. Spa war also am Limit, aber der Ausgang war meiner Meinung nach gut und spektakulär."

Frage: "Was hast du Michael Schumacher nach dem Rennen gesagt?"
Häkkinen: "Das ist eine persönliche Sache. Es ist eine sehr persönliche Entscheidung, wenn man mit dem Rennfahren aufhört, und normalerweise gibt es einige Gründe dafür. Nur Michael kann sagen, ob dies der richtige Zeitpunkt zum Aufhören ist. Er ist schon lange in der Formel 1, fährt seit vielen Jahren Rennen, steht seit vielen Jahren unter Druck - da gelangt man natürlich an den Punkt, an dem man genug hat. Wenn man innerlich das Gefühl hat, dass es richtig ist, die Öffentlichkeit vom Rücktritt zu informieren, dann muss man aufhören."

Frage: "Glaubst du, dass Kimi Räikkönens Verpflichtung durch Ferrari etwas mit seiner Entscheidung zu tun hatte?"
Häkkinen: "Nein. Michael ist ein Kämpfer. Er geht bei jedem Teamkollegen ans Limit, wer es auch sein mag. Ich glaube nicht, dass das etwas mit seiner Entscheidung zu tun hatte. Das ist meine Meinung."

Frage: "War der von dir gewählte Rücktrittszeitpunkt eigentlich richtig?"
Häkkinen: "Ja, definitiv. Es gab viele Gründe für mich, mit dem Rennfahren aufzuhören. Ich habe mich richtig entschieden. Der Rennsport ist eine Welt, wo man zum Gewinnen bereit sein muss. Ist man das nicht mehr, sollte man aufhören."

Häkkinen musste seine Batterien aufladen

Frage: "Du fährst nach einigen Jahren Pause jetzt DTM. Glaubst du, dass auch Michael Schumacher in den Rennsport zurückkehren wird?"
Häkkinen: "Ich hatte ein paar Jahre, um die Batterien wieder aufzuladen. Es war eine tolle Zeit mit meiner Familie, mit Freunden, zum Reisen, ohne unter Rennstress zu stehen. Dann begann mir das Rennfahren aber zu fehlen, also ging ich in die DTM. Ob Michael zurückkommen wird? Rennfahren ist in unserem Blut. Wir wissen, dass wir das gut können, wenn wir physisch und psychologisch gut drauf sind. Ich könnte nicht ohne das Rennfahren leben, denn es ist eine tolle Leidenschaft und eine tolle Sache. Meiner Meinung nach wird Michael zurückkommen, aber ich weiß nicht, in welcher Kategorie und wann. Das muss man ihn schon selbst fragen. Ich glaube aber, dass er zurückkehren wird."

"Ich kann behaupten, viel Wissen aus vielen verschiedenen Motorsportbereichen zu haben." Mika Häkkinen

Frage: "Es heißt, dass er bei Ferrari eine Managementrolle übernehmen könnte. Kannst du dir das für dich vorstellen?"
Häkkinen: "Ich kann behaupten, viel Wissen aus vielen verschiedenen Motorsportbereichen zu haben. Ich könnte sicher Entscheidungen beeinflussen und Leute in verschiedenen Positionen analysieren. Im Moment mache ich mir darüber aber keine Gedanken."

Frage: "Ist Ferrari die richtige Wahl für Kimi Räikkönen? Kann er Michael Schumachers Schatten überwinden?"
Häkkinen: "Ich blieb lieber bei McLaren, auch wenn wir schlechte Jahre hatten. Ich war viele Jahre ohne Sieg. Wir fuhren viele Rennen gemeinsam, wechselten die Motorenhersteller, bis dann Mercedes-Benz kam. Wir hatten hart zu kämpfen, hatten manchmal keine Resultate, aber mit viel Geduld und Einsatzbereitschaft gelang uns etwas. Das war es wert. Wir haben zwei Weltmeisterschaften gewonnen und Geschichte geschrieben. Ich glaube daher, dass es richtig war, bei McLaren zu bleiben, denn ich habe diese Siege erreicht, weil ich das Potenzial des Teams erkannte, verstand, wozu es in der Lage war. Es gab viele Gründe, bei ihnen zu bleiben."

"Die Frage ist, ob sich Kimi richtig entschieden hat. Das Einfachste wäre: Warten wir ab! Man muss sich aber die Regeländerungen ansehen, die Leute, die bleiben und gehen, und man muss sich eine Operation genau ansehen, was logisch ist und was nicht. Wenn man von einem Team wie McLaren zu Ferrari wechselt, muss man tief schürfen, um alle Hintergründe zu verstehen. Da braucht man professionelle Leute, die einem helfen. Das sind langfristige Überlegungen, nicht für heute und morgen. Also warten wir ab."

Frage: "Was fehlt dir an der Formel 1 am wenigsten?"
Häkkinen: "Wenn ich so zurückdenke, kommen mir nur gute Dinge in den Sinn. Ich bin ein positiver Mensch. Wenn man mental müde ist, macht nichts mehr Spaß. Ich war müde damals. Da fehlte mir der Spaß, aber wenn man etwas nicht mehr genießen kann, bringt es nichts mehr. Es ist nicht gut für einen selbst und für die anderen. Man muss das lieben, was man macht."

Alonsos Wechsel zu McLaren-Mercedes richtig?

Frage: "Wie siehst du Fernando Alonso bei McLaren-Mercedes?"
Häkkinen: "Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn nur aus Interviews. Ich habe seine Rennen gesehen, aber sein Wechsel zu McLaren war sicher klug. Er ist eine langfristige Bindung eingegangen, was ich für sehr clever halte. Ich wünsche ihm alles Gute!"

"In der Formel 1 muss man im Kopf sehr stark sein." Mika Häkkinen

Frage: "Über Kimi Räikkönens Privatleben gibt es viele Gerüchte. Ist er stark genug, um Weltmeister zu werden?"
Häkkinen: "In der Formel 1 muss man im Kopf sehr stark sein. Wenn die Leute negativ über dich reden, beeinflusst dich das natürlich. Kimi ist aber ein starker Kerl. Ja, es wird viel über seine Lebensstil geschrieben, aber die Frage ist doch, ob das stimmt oder nicht. Man muss das offen sehen und die Probleme aus der Welt schaffen. Wenn man in der Formel 1 ist, verbringt man die meiste Zeit im Fahrerlager, man spricht mit der Presse oder fährt gerade auf der Strecke. Kimi ist stark, aber es fällt mir schwer, diese Frage hundertprozentig zu beantworten."

Frage: "Frank Williams sagt, dass Kimi Räikkönen sein Talent verschwendet..."
Häkkinen: "Als ich in der Formel 1 begonnen habe, war ich eigensinnig. Man braucht ein extrem gutes Paket, das einen in die richtige Richtung lenken kann, wenn man Leistungen bringt. Sei es Marketing, seien es Interviews, das Rennfahren oder die Arbeit mit dem Team - das ist sehr komplex, aber man braucht die richtigen Leute um sich herum, die einen führen. Sie sollen einem nicht sagen, was man zu tun hat, aber sie sollen einem Richtung geben. Dann kann man seinen eigenen Stil finden und erfolgreich sein. Man braucht ein gutes Team dafür."

Frage: "Was sagst du zu Heikki Kovalainen?"
Häkkinen: "Ich kenne Heikki seit vielen Jahren, hatte aber schon lange keinen Kontakt mehr zu ihm. Er hat sich als Mensch und als Rennfahrer enorm verändert. Ich kann nicht viel zu ihm sagen, aber Renault hat ihn für die Zukunft ausgewählt, also scheinen sie Vertrauen in sein Talent zu haben."