• 05.05.2015 16:04

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Haas führt Regie in Italien: Kein blindes Vertrauen in Dallara

Die US-Amerikaner haben sich die Führungsrolle beim Chassisbau zusichern lassen und steuern das Projekt mit eigenen Mitarbeitern: "Sie akzeptieren das"

(Motorsport-Total.com) - Gene Haas ist ein US-amerikanischer Patriot, wie er im Buche steht. Trotzdem erhält sein Formel-1-Projekt Haas Formula einen immer internationaleren Anstrich: Neben dem Hauptsitz in North Carolina operiert die 2016 in die Königsklasse einsteigende Mannschaft mit seinem angehenden Rennteam aus dem mittelenglischen Banbury und designt sein Auto bei Dallara in Italien - was im Ferrari-Windkanal in Maranello überprüft wird. Trotzdem ist Haas darauf erpicht, die Zügel in der Hand zu behalten.

Titel-Bild zur News: Gene Haas

Haas operiert mit seinem Team auf zwei Kontinenten - und behält den Überblick Zoom

Die Chassisschmiede sorgt nicht im Alleingang für den ersten Boliden. Ganz im Gegenteil: "Wir übernehmen die Verantwortung. Vielleicht nutzen wir nur Dallaras Infrstruktur", sagt Teamchef Günther Steiner 'Motorsport-Total.com' mit Blick auf die gut ausgestatteten Anlagen bei Dallara. Die Italiener hatten mit ihren jüngsten Projekten, darunter das gescheitere HRT-Team, wenig Erfolg. Das ist Haas-Chefdesigner Rob Taylor nicht entgangen: "Da steckt ein Fünkchen Wahrheit drin", räumt er ein.

Trotzdem ist er von der Zusammenarbeit fest überzeugt: "Sie genießen die Herausforderung, sich wieder mit den nötigen Mitteln dem Wettbewerb zu stellen. Sie sind ihr mit dem, was wir ihnen zur Verfügung stellen, gewachsen. Speziell der Ferrari-Antrieb sollte uns ein gute Auto bescheren", meint Taylor. Steiner glaubt, dass Haas mehr als eine gute Ergänzung ist: "Dallara hat erkannt, dass sie nicht ihr Maximum abgerufen haben. Als wir Leute wie Rob geholt haben, haben wir Erfahrung geholt."

Es war klar: Haas-Mann wird die Entscheidungen treffen

Haas arbeitet an seinem Formel-1-Unternehmen mit rund 70 eigenen Mitarbeitern in Kannapolis und in der ehemaligen Marussia-Fabrik in Banbury. Aus deren Mitte wird auch das Einsatzteam an der Rennstrecke aufgestellt. Dallara ist am Hauptsitz in Varano de' Melegari mit acht Designern und acht Statikexperten beteiligt. Sie sind bei den Italienern angestellt, unterstehen allerdings laut Vertrag Haas und ihrem Vorgesetzten Taylor. Sie müssen die Ideen aus North Carolina in die Tat umsetzen.

Hinzu kommt: Haas ist mit weiteren acht eigenen Mitarbeitern vor Ort. "Es war klar, dass derjenige, der entscheidet, ein Haas-Mann sein würde", erklärt Steiner und lobt Dallara dafür, nicht mit Eitelkeiten den Betrieb zu bremsen. "Sie akzeptieren das und versuchen sich nicht nach dem Motto 'Wir sind die Besten!' zu verteidigen. Sie wissen, dass sie etwas Vergleichbares sehr lange nicht umgesetzt haben und dafür eine Expertise brauchen." Schließlich sind die Ziele der US-Amerikaner beachtenswert.


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Auf der Agenda für die Premierensaison stehen der Einzug ins Q2 und der Kampf um erste WM-Punkte. "Das ist unser Ansporn. Das ist nicht zu ambitioniert, sondern ein vernünftiges Ziel", meint Taylor, der "verdammt viel Zeit in Italien" verbringt. Er hat alle Hände voll zu tun: "Wir erledigen im Moment unsere Hausaufgaben. Wir brauchen ein Auto, mit dem wir uns wohlfühlen - das aber auch wettbewerbsfähig genug ist, um es uns zu erlauben, den Vorteil der Ferrari-Unterstützung und des Ferrari-Antriebsstrangs zu nutzen."

Haas hat als Kundenteam mit einem Problem zu kämpfen: Sie kaufen bei Ferrari die Teile ein, bei denen die Scuderia eingespartes Gewicht aufwendet, um für mehr Leistung zu sorgen - zum Beispiel die Energiespeicher. Die Komponenten, die diesen Vorteil erst ermöglichen, müssen die US-Amerikaner also ebenso effizient gestalten, um am Ende kein zu schweres Auto zu produzieren. "Wir nutzen eigene Ideen und Materialen, um ein sehr ambitioniertes Gewicht des Moncoques zu erreichen", so Taylor.