• 25.05.2012 19:43

  • von Dieter Rencken

Fry: "Es ist eine Schlacht in den Fabriken"

Ferrari-Technikchef Pat Fry macht klar, dass die Scuderia trotz starker Leistungen von Fernando Alonso noch nicht die Qualität auf die Straße bringt, die sie erwartet

(Motorsport-Total.com) - Kaum ein Team hat sich im Saisonverlauf so stark verbessert wie Ferrari. Noch bei den Winterttests schienen die Italiener kaum das Tempo des Mittelfeldes mitgehen zu können. Im Mai ist Fernando Alonso plötzlich nicht nur ein Sieg-, sonder auch ein Titelkandidat. Technikchef Pat Fry erklärt, was sich in Maranello getan hat.

Titel-Bild zur News:

Frage: "Pat, warum schrubbt ihr die Reifen in Q3? Das mag mit den Bridgestone-Reifen funktioniert haben, aber mit den Pirellis?"
Pat Fry: "Wir checken sie nur. Wir haben da keinen Vorteil. Es geht uns nur darum, festzustellen, dass wir keine Probleme mit ihnen haben."

Frage: "Verlieren die Reifen dadurch nicht an Leistung?"
Fry: "Ja, das könnte sein. Rückblickend war es vielleicht nicht so eine gute Idee. Vielleicht sind wir da zu vorsichtig."

Frage: "Fernando sprach beim Mugello-Test von Updates an der Frontpartie. Erwartet ihr die in Valencia und habt ihr dann ein Auto, mit dem ihr konstant an der Spitze fahren könnt? Oder wart ihr schon in Barcelona dort?"
Fry: "Ich denke nicht, dass wir nach den Eindrücken aus Barcelona schon dort waren. Wir haben einen nennenswerten Fortschritt gemacht. Wenn überhaupt haben wir den Abstand reduziert, aber wir sind bestimmt nicht die Schnellsten und nicht zufrieden. Einige Updates haben wir schon hier, weitere dann in Kanada."

"Und dann ist es ein Höllentempo - wie schnell kannst du dein Auto auf den neuesten Stand bringen? Es hängt natürlich auch davon ab, was die Konkurrenz macht. In Spanien den Anschluss herzustellen war einfacher, weil wir aus einer schlechten Position kamen. Aber wir haben es geschafft, unsere Leistung mehr zu steigern als die anderen Teams. Wir müssen dranbleiben."

Entwickeln die kleinen Teams mehr als zuvor?

Frage: "Fernando erwartet auch, dass die zweite Saisonhälfte die der etablierten Kräfte wird. Stimmst du ihm zu?"
Fry: "Traditionell gibt es drei oder vier Teams, die die Entwicklung das ganze Jahr über vorantreiben. Aber bisher gab es noch keine Saison, in der die Konkurrenzsituation so eng war. Einige Teams erneuern ihr Auto nur in einem Zyklus von vier Rennen und andere - wie wir, McLaren und Red Bull - sobald es neue Erkenntnisse gibt. Es ist ein konstanter Fortschritt."

"Ich bin mir sicher, dass die meisten Teams diese Strategie übernehmen - weil es so eng ist. Das ist gut für den Sport. Mit fünf Siegern in fünf Rennen ist alles sehr eng. Q2 beim vergangenen Rennen war eine ziemliche Überraschung - mit fünf Hunderstelsekunden zwischen dem fünften und dem elften Rang. Wenn die Dinge so umkämpft sind, haben sogar die kleineren Teams einen Anlass, ihre Updates so schnell wie möglich zu bringen."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Monaco


Frage: "Ist es für Ferrari möglich, in Monaco um die Pole-Position zu kämpfen?"
Fry: "Das tun wir immer. Wir sind nur manchmal nicht gut genug. Es wird ziemlich eng. Es ist auch eine etwas andere Strecke, bei der es weniger um Effizienz geht. Vielleicht spielt uns das in die Karten. Lotus wird sehr stark sein, McLaren und wir. Es gibt einige starke Teams."

Updates erst in Kanada wieder relevant

Frage: "Wenn du an Spanien denkst: Bist du überrascht, wie gut die Updates funktioniert haben?"
Fry: "Es gab einige offensichtliche Dinge, die falsch gelaufen sind. Die Tatsache, dass die Updates funktioniert haben, ist darauf zurückzuführen, dass wir aus einer schlechten Position kamen. Das meiste hat dann funktioniert."

"Es gab trotzdem einige Dinge, die nicht das getan haben, was wir erwartet hätten. Hier gibt es nicht wirklich etwas zu testen. Es geht darum, Auto und Fahrer an die Strecke zu gewöhnen. Die nächsten Aufgaben stehen uns in Kanada ins Haus."

Frage: "Gibt es ein Rennen, in dem wir das volle Potenzial des Autos sehen werden?"
Fry: "Wir entwickeln so schnell wir können. Unmöglich zu sagen, wann wir die Lücke geschlossen haben. Hoffentlich so früh wie möglich, aber die anderen versuchen ja genau das Gleiche. Es ist eher eine Schlacht in den Fabriken als auf der Strecke."

Frage: "Ich frage mich, wann ihr auf dem Stand von McLaren sein könnt."
Fry: "Das kann ich nicht sagen. Ich werde nicht verraten, wie viel ich vom Auto in Kanada oder in Valencia erwarte. Die Teile sind gerade aus der Computersimulation und dem Windkanal gekommen, jetzt gehen sie in Produktion. Wenn alles funktioniert, weiß ich genau, wie groß der Leistungsgewinn sein wird. Aber ich weiß nicht, was die anderen machen."


Ferrari hatte "eine Portion Glück"

Frage: "Ihr habt nicht das beste Auto, aber Fernando ist punktgleich mit dem WM-Führenden. Welche Qualitäten zeigt er da?"
Fry: "Es ist glücklich, dort zu stehen, wenn ich daran denke, wo wir im Winter waren. Es war viel harte Arbeit in der gesamten Firma, auch mit den Fahrern. Jeder hat sein Bestes gegeben. Fernando ist fantastische Rennen gefahren. Aber es ist eine Portion Glück dabei, dass wir dort stehen. Wir müssen uns weiter verbessern."

Frage: "Vielleicht ist es das falsche Wort, aber eure Strategie war defensiv. In Barcelona seid ihr nach Maldonado an die Box gekommen, vor dem dritten Stint erneut. Habt ihr eine festgelegte Länge für die Stints, die ihr nicht unterschreiten wollt?"
Fry: "Wenn ich an das vergangene Rennen denke, hat Maldonado einfach einen guten Job gemacht. Du darfst höchstens zwei Sekunden zum Vordermann haben."

Felipe Massa

In Monaco geht es laut Fry darum, die Fahrer an die Strecke zu gewöhnen Zoom

"Wir saßen da und haben gesehen, wie er auf eineinhalb heranfuhr. Da weißt du, dass er dich kriegt. Aber wenn man sagt, wir stoppen vier Mal, bedeutet das gewaltig in den Verkehr zu kommen. Die einzige Möglichkeit wäre es gewesen, schneller zu fahren und den Abstand zu halten. Wir müssen schneller sein und unseren Job besser machen."

Reifenwahl stark von Temperaturen beeinflusst

Frage: "Über die Reifen wurde viel diskutiert. Laut Pirelli ist ihr Arbeitsfenster das gleiche wie im Vorjahr, aber in einem höheren Temperaturbereich. Stimmst du dem zu? Warum tun sich die Teams so schwer, den optimalen Punkt zu finden?"
Fry: "Die Temperaturspanne schwankt zwischen den Mischungen. Bei den weichen Reifen sollte es mehr Grip geben, aber das Fenster liegt höher. Sie funktionieren also nicht so gut bei kalten Bedingungen. Malaysia war ein gutes Beispiel: Wir haben uns falsch entschieden, weil der harte Reifen in der Kühle besser ging."

"Mit der Zeit wird das einfacher. Aber es ist noch immer schwierig für alle Teams, die Reifenfrage anzugehen und zu entscheiden, wie vorsichtig sie sein sollen. Es geht darum, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, aber auch nachhaltig zu denken."