• 29.08.2010 19:58

  • von Dieter Rencken

Domenicali: "Haben viel Boden verloren"

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali analysiert die veränderte WM-Situation und scherzt über Kimi Räikkönen als möglichen Joker für Südkorea

(Motorsport-Total.com) - Felipe Massa holte heute in Spa-Francorchamps als Vierter die Kastanien aus dem Feuer, aber für Ferrari wäre ein gutes Ergebnis von WM-Mitfavorit Fernando Alonso natürlich wichtiger gewesen. Der Spanier geriet jedoch in der ersten Runde in eine Kollision mit Rubens Barrichello und schied später wegen eines Fahrfehlers aus. Teamchef Stefano Domenicali schreibt den WM-Titel aber trotz der nunmehr 41 Punkte Rückstand auf Lewis Hamilton noch nicht ab.

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali

Glaubt noch an Ferraris WM-Chancen: Teamchef Stefano Domenicali

Frage: "Stefano, ihr habt heute viele Punkte auf Lewis Hamilton und McLaren beziehungsweise Mark Webber und Red Bull verloren. Wie schätzt du jetzt eure Titelchancen ein?"
Stefano Domenicali: "Es war natürlich kein optimales Wochenende für uns. Was die Punkte angeht, haben wir Boden verloren. Es ist also schwieriger geworden, aber es ist nicht unmöglich."#w1#

Erinnerungen an 2007

"2007 hatten wir zwei Rennen vor Schluss 17 Punkte Rückstand und wir sind trotzdem Weltmeister geworden. Ehrlich gesagt ist es im Moment schwierig, daran zu denken, aber so ist die Situation. Wir werden weiterhin pushen, denn heute haben drei von fünf WM-Aspiranten nicht gepunktet. Wir waren einer davon. Vielleicht ist es beim nächsten Mal genau umgekehrt, daher dürfen wir nicht nachlassen."

"Wir haben an diesem Wochenende nicht die Performance gezeigt, die wir erwartet hatten. Die Gründe dafür müssen wir jetzt verstehen. Wir müssen auch auf der Hut sein, denn vor zwei Rennen schien es noch so, als hätte McLaren Schwierigkeiten, aber heute waren sie sehr stark. Das Szenario verändert sich so schnell, von Rennen zu Rennen, dass es schwierig ist, Prognosen zu treffen. Wichtig ist aber, am Ball zu bleiben, denn es kann alles passieren."

Frage: "Glaubst du, dass ihr dieses Wochenende nicht das Beste aus dem Auto herausgeholt habt? Am Freitag habt ihr schließlich noch Bestzeit erzielt..."
Domenicali: "Das stimmt. Darum müssen wir genau verstehen, wie es dazu kommen konnte, was die Richtung angeht, die wir mit dem Setup eingeschlagen haben. Vielleicht haben auch die Neuerungen, die wir hierher gebracht haben, unter solchen Bedingungen nicht richtig funktioniert."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Belgien, Sonntag


"Am Freitag war es allerdings schwierig, das Kräfteverhältnis genau einzuordnen, weil das Wetter wechselhaft war. Interessant ist, dass wir alle paar Rennen solche Schwierigkeiten haben. Das war in Spanien so und bei ein paar anderen Rennen. Das einzige Auto, das überall stark zu sein scheint, ist der Red Bull. Das ist Tatsache."

Frage: "Der Grand Prix von Brasilien wird das zweijährige Jubiläum eurer letzten Pole-Position sein. Ist das ein Indikator für ein fundamentales Problem oder nicht?"
Domenicali: "Es ist auf jeden Fall kein gutes Zeichen, denn es bedeutet, dass wir nicht das beste Auto oder Paket haben. Wir müssen das untersuchen. Es ist aber auch ein Zeichen dafür, wie umkämpft die Formel 1 vor allem in diesem Jahr ist. In Deutschland waren wir sehr nahe dran. Jetzt scheinen wir wieder ein bisschen zurückgefallen zu sein, aber ja, das ist sicherlich ein Ziel für die letzten paar Rennen. Es wird nicht einfach, aber es zeigt, dass wir nicht das beste Auto haben."

Frage: "Hier habt ihr Punkte auf der Rennstrecke verloren. Bist du besorgt, dass ihr bei der Stallorder-Anhörung vor dem Motorsport-Weltrat am 8. September weitere Punkte verlieren könntet?"
Domenicali: "Nein. Darüber reden wir nicht, bis wir vor dem Weltrat stehen. Ich bin mir sicher, dass der Weltrat diese Linie versteht."

Räikkönen als Schotter-Spezialist?

Frage: "Der Grand Prix von Südkorea gilt als Wackelkandidat. Wäre es aus eurer Sicht bedauerlich, sollte er abgesagt werden, weil ihr dann weniger Rennen hättet, um Punkte aufzuholen?"
Domenicali: "Ich denke, das wäre für alle ein Problem, die um die Weltmeisterschaft kämpfen. Im Moment gehe ich aber davon aus, dass das Rennen stattfinden wird. Wenn es dann noch eine Schotterstrecke ist, dann holen wir halt Kimi (Räikkönen, derzeit Rallye-WM-Fahrer bei Citroën; zurück..."

Frage: "Kimi war auf dieser Strecke immer besonders stark, hat im Vorjahr seinen letzten Grand Prix gewonnen. Hast du ihn an diesem Wochenende irgendwann vermisst?"
Domenicali: "Ich habe gerade am Mittwoch mit ihm gesprochen, kurz nach seinem Rennwochenende. Insofern vermisse ich ihn nicht, weil ich sehr oft mit ihm spreche."

Vitantonio Liuzzi und Fernando Alonso

Fernando Alonsos sehr kämpferisches Rennen blieb heute unbelohnt Zoom

Frage: "Einerseits beklagen sich viele über mangelnde Überholmanöver, andererseits werden Strafen für Zweikämpfe verteilt, wie man heute bei Sebastian Vettel gesehen hat. Findest du, dass Überholversuche zu oft bestraft werden?"
Domenicali: "Schwierige Frage. Einerseits ist es wünschenswert, dass es die Fahrer probieren, andererseits müssen diese Angriffe aber auf bestimmte Art und Weise stattfinden. Da die richtige Grenze zu ziehen, ist nicht einfach. Ich kann deinen Standpunkt verstehen, aber ich verstehe auch den Standpunkt der Kommissare."

Frage: "Red-Bull-Teamchef Christian Horner glaubt, dass Monza Red Bulls schwächste Strecke sein wird. Wie schätzt du eure Chancen dort ein?"
Domenicali: "Ich hoffe, dass das stimmt! Mir soll es recht sein, wenn sie in Monza ganz schwach sein sollten, aber ich glaube es nicht. Sie haben ein sehr gutes Auto, aber das Ergebnis wird es ja zeigen. Vielleicht ist das auch nur ein taktisches Spielchen."

Frage: "Habt ihr schon entschieden, ob ihr in Monza mit dem F-Schacht fahren werdet?"
Domenicali: "Nach jetzigem Stand wird der F-Schacht am Auto bleiben."

Frage: "Monza ist eine sehr motorenmordende Strecke und ihr hattet am Saisonbeginn einige Motorschäden. Bist du zuversichtlich, dass ihr mit den erlaubten acht Motoren durch die Saison kommen werdet?"
Domenicali: "Im Moment haben wir einen Plan bis zum Ende. Wir haben entschieden, welchen Motor wir auf welcher Strecke einsetzen werden, je nach zurückgelegter Laufleistung. Nach diesem Grand Prix sehe ich keinen Grund, mir um Fernando Sorgen zu machen. Sauber hat den Motor von de la Rosa gewechselt, weil der wahrscheinlich sowieso irgendwann gewechselt hätte werden müssen, aber hier stand er ohnehin schon weit hinten."