• 09.09.2012 19:43

  • von Dieter Rencken

D'Ambrosio: "Kann nicht behaupten, enttäuscht zu sein"

Jerome D'Ambrosio kam als Ersatz für Lotus-Stammfahrer Romain Grosjean auf Platz 13 ins Ziel und zeigt sich angesichts der Umstände zufrieden

(Motorsport-Total.com) - Lotus-Testfahrer Jerome D'Ambrosio sprang in Monza für den gesperrten Romain Grosjean ein. Im Verlauf des Wochenendes konnte sich der Belgier sukzessive steigern und ging mit der Hoffnung auf WM-Punkte ins Rennen am Sonntag. Aufgrund eines ausgefallenen KERS kämpfte D'Ambrosio aber mit stumpfen Waffen und musste sich mit Platz 13 begnügen.

Titel-Bild zur News: Jerome D'Ambrosio

Jerome D'Ambrosio hatte in Monza noch Luft nach oben, ist aber zufrieden Zoom

Im Interview spricht D'Ambrosio über sein Rennen im Lotus E20, über seinen Lernprozess an diesem Wochenende und über seine Hoffnung auf ein Stammcockpit.

Frage: "Jerome, wie lief das Rennen aus deiner Sicht?"
Jerome D'Ambrosio: "In der sechsten Runde meldete sich das KERS ab. Von da an war es alles andere als ein einfaches Rennen. Unter Berücksichtigung dieses Umstands bin ich zufrieden. Dennoch ist es frustrierend, denn während der ersten fünf, sechs Runden konnte ich mit den Jungs vor mir gut mithalten und auch am Schluss hatte ich ein gutes Tempo. Es ist rückblickend sehr schade, dass ich ohne KERS auskommen musste."

Frage: "Wie lief der Start aus deiner Sicht?"
D'Ambrosio: "Ich hatte einen guten Start und konnte auf den ersten Metern sofort zwei Fahrer überholen. Im Durcheinander der ersten Kurve wurde ich dann wieder überholt. Insgesamt verlor ich also keine Position, weshalb es okay war. Ich wollte natürlich keine Position verlieren, aber auch nichts Verrücktes beim Start anstellen."

Kein unnötiges Risiko in der ersten Kurve

Frage: "Warst du in der ersten Kurve vorsichtiger als du es sonst gewesen wärst?"
D'Ambrosio: "In Monza musst du in der ersten Kurve immer vorsichtig sein. Das war heute mein erster Rennstart in zehn Monaten und ich hatte mir persönlich fest vorgenommen, das Rennen unbedingt zu beenden. An diesem Wochenende prasselten einen Menge Informationen auf mich ein. In einem Team wie diesem zu arbeiten, ist natürlich fantastisch. Du lernst so viel, aber diese Dinge kannst du natürlich nur umsetzen, wenn du das Auto auf der Straße hältst. Im Kiesbett bringen dir die Sachen gar nichts."

Jerome D'Ambrosio

Über weite Strecken der Renndistanz war D'Ambrosio technisch gehandicapt Zoom

Frage: "Mit welcher Reifenmischung bist du ins Rennen gegangen?"
D'Ambrosio: "Mit der harten. Ob das die richtige Entscheidung war, ist schwer zu sagen. Ab dem Zeitpunkt, als ich kein KERS mehr zur Verfügung hatte, war es sehr schwierig. Ohne das Problem hätte ich anhand der Rundenzeiten sicher um WM-Punkte kämpfen können. Das Problem hat mich etwa eine halbe Sekunde pro Runde gekostet."

Frage: "Im Verlauf des Rennens kamst du in den Lesmo-Kurven einmal kurz vom rechten Weg ab. Was war da los?"
D'Ambrosio: "Das stimmt. Ich befand mich gerade im Duell mit einem anderen Fahrer. Da verlor ich den Abtrieb und kam ein wenig von der Linie ab. Das war aber keine große Sache."

Frage: "War das Rennen aus körperlicher Sicht eine Anstrengung für dich?"
D'Ambrosio: "Es war okay, kein Problem."

Frage: "Wenn dir vor vier Tagen einer gesagt hätte, dass das Wochenende für dich so ausgeht, wie es ausging, wärst du dann zufrieden gewesen?"
D'Ambrosio: "Ich denke schon. Es ist aber immer schwierig, sich selbst zu beurteilen. Man sollte diese Frage lieber Eric (Teamchef Boullier; Anm. d. Red.) und den Ingenieuren stellen. Ich glaube sagen zu können, dass ich nicht viele Fehler gemacht habe und insgesamt ganz gut unterwegs war."

Hoffnung auf ein Stammcockpit für 2013

Frage: "Glaubst du, dass du dich mit der Leistung an diesem Wochenende für ein Cockpit für das kommende Jahr empfehlen konntest?"
D'Ambrosio: "Das hoffe ich. Wir werden sehen, was passiert. Ich gab an diesem Wochenende mein Bestes und habe im Rennen viel gelernt. Es ist ganz eindeutig, dass ich aus diesem Rennen stärker hervorgehe, als ich es nach dem Qualifying war. Ich habe auf verschiedenen Gebieten eine Menge gelernt und hatte großen Spaß daran, wieder einmal im Auto zu sitzen. Als Rennfahrer willst du natürlich immer noch mehr und willst dich ständig verbessern. Rückblickend bin ich mit dem Wochenende wirklich zufrieden. Es war eine lehrreiche Erfahrung und die Performance war vor allem im letzten Stint des Rennens sehr gut. Wenn für mich alles zusammengepasst hätte, dann wäre das Ergebnis wohl etwas besser gewesen, aber so ist der Rennsport."


Fotos: Jerome D'Ambrosio, Großer Preis von Italien


Frage: "Glaubst du, dass du mit der Leistung an diesem Wochenende dein Ansehen bei anderen Teams steigern konntest?"
D'Ambrosio: "Das weiß ich nicht. Dazu müsste man die anderen Teams befragen. Ich für mich weiß genau, dass ich an diesem Wochenende viel gelernt habe. Diese Erfahrung kann mir keiner nehmen. Wie dieser Lernprozess von außen wahrgenommen wird, ist für mich aber schwer zu sagen. Leider konnte ich durch das KERS-Problem nicht alles zeigen, was ich drauf hatte. Mein Team kennt aber mein Potenzial. Ich bin also zufrieden."

Frage: "Nach dem Qualifying gestern wirktest du ein wenig enttäuscht. Bist du heute zufriedener?"
D'Ambrosio: "Ich kann jedenfalls nicht behaupten, enttäuscht zu sein. Wenn man sich das gesamte Wochenende anschaut und sich vor Augen führt, wie viele beziehungsweise wenige Kilometer ich während der zurückliegenden zehn Monate abgespult habe, dann kann ich durchaus zufrieden sein. Ich saß ja nur in Mugello in diesem Auto und selbst dort konnte ich nur zehn Runden auf trockener Strecke fahren, weil der Rest des Tests verregnet war. Alles in allem hätte hier viel schiefgehen können. Es lief aber im Großen und Ganzen alles glatt. Enttäuscht bin ich nicht, aber natürlich will ich als Rennfahrer immer noch mehr. Man muss auch bedenken, dass dies hier vom Auto her das schlechteste Lotus-Wochenende des Jahres war. Das lässt sich nicht ändern. Insgesamt betrachtet bin ich mit meiner Leistung zufrieden."

Frage: "Ist es nicht ein frustrierendes Gefühl, dass du das Cockpit jetzt, da du einiges gelernt hast, wieder an Romain abtreten musst?"
D'Ambrosio: "Natürlich ist das frustrierend. Andererseits war es eine gute Erfahrung für mich. Was immer auch passiert, mein Ziel für das nächste Jahr ist es, ein Cockpit zu bekommen. Das ist nach wie vor mein Ziel und dafür kämpfe ich. Dank der Erfahrung von diesem Wochenende habe ich im kommenden Jahr mit Sicherheit einen Bonus."

Frage: "Laut Lotus-Teamchef Eric Boullier sah der ursprüngliche Plan des Teams vor, dich in diesem Jahr ein paar Mal als Freitagsfahrer einzusetzen. Bisher kam es dazu bekanntlich nicht. Glaubst du, dass es bis zum Ende der Saison einmal klappen könnte?"
D'Ambrosio: "Da hätte ich natürlich nichts dagegen. Je mehr du dich ans Auto gewöhnst, desto öfter willst du natürlich damit fahren. Das ist ja völlig klar."