• 30.08.2012 21:25

  • von Dieter Rencken

Button: "Lotus das Team, das es zu schlagen gilt"

Jenson Button hat am Spa-Wochenende vor allem das Lotus-Team auf der Rechnung, sieht McLaren aber in Schlagdistanz und will von einer Stallorder nichts wissen

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button geht nach zuletzt ansteigender Performance bei McLaren optimistisch in den Grand Prix von Belgien und will von einer Stallorder zu Gunsten von Lewis Hamilton derzeit nichts wissen. Die Favoritenrolle für das Rennen in Spa-Francorchamps schiebt der Brite dem Lotus-Team zu.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button kann die Forderung nach einer Stallorder nicht nachvollziehen Zoom

In seiner Medienrunde am Donnerstag spricht Button über seine Sommerpause, über die Faszination Spa-Francorchamps und seine Erwartungen für das Rennwochenende, über das derzeitige Kräfteverhältnis an der Spitze des Feldes, über eine mögliche Stallorder bei McLaren und über Michael Schumachers Jubiläum.

Frage: "Jenson, wie hast du die Sommerpause verbracht?"
Jenson Button: "Es war eine sehr entspannte Zeit. Ich war eine Woche lang auf den Philippinen und habe dort einen Iron Man bestritten, bei dem ich mich sogar für die Weltmeisterschaft am kommenden Wochenende qualifiziert habe. Daran werde ich aber nicht teilnehmen (lacht; Anm. d. Red.). Anschließend habe ich auf Hawaii Urlaub gemacht und mit Jessica am Strand relaxt. Dann stand noch mein eigener Triathlon auf dem Programm. Das war eine tolle Sache für einen guten Zweck - Help for Heroes. Dabei kam eine Menge Geld zusammen, was mich sehr freut."

"Jetzt bin ich zwar wieder an der Strecke, aber so richtig zurück fühle ich mich noch nicht. Natürlich erledige ich all die Interviews, die ich offenkundig sehr liebe (lacht; Anm. d. Red.) und auch die Gespräche mit den Ingenieuren. Der beste Teil meines Jobs steht mir aber noch bevor, nämlich im Auto Platz zu nehmen, das Visier zu schließen und hinaus auf eine der besten Strecken der Welt zu gehen. Dieses Gefühl kannst du einfach nicht in Worte fassen."

Spa ein ganz besonderer Ort

Frage: "Mit welchen Erwartungen gehst du in das Rennwochenende? In der Vergangenheit zählte Spa-Francorchamps nicht gerade zu deinen besten Strecken..."
Button: "Für mich ist es der perfekte Ort, um die zweite Saisonhälfte zu beginnen. Zwei solch historische Strecken wie Spa und Monza innerhalb einer Woche, das ist einfach toll. Ich hatte in Spa durchaus tolle Erlebnisse. In meinem ersten Formel-1-Jahr stand ich hier auf dem dritten Startplatz. Das war schon etwas Besonderes. Im Laufe der Jahre stand ich hier ein paar Mal auf dem Podium, darunter die Fahrt im vergangenen Jahr vom 13. Startplatz. Ich liebe es, in Spa zu fahren und das Rennen im vergangenen Jahr hat mir besonders großen Spaß gemacht. Hier eine richtig gute Runde zusammenzukriegen, ist schon etwas Besonderes, denn du musst das Auto bis zum Limit ausquetschen. Es gibt hier keine Kurve, die besonders heraussticht. Es ist einfach der Kurs als Ganzes, der so besonders ist. Zudem verzeiht die Strecke keine Fehler und lässt immer gute Rennen zu, egal ob es trocken oder nass ist."

Jenson Button

Im Vorjahr raste Jenson Button in Spa von Startplatz 13 bis aufs Podium Zoom

Frage: "Rechnest du damit, dass du aufgrund der Streckencharakteristik als Fahrer hier mehr ausrichten kannst als das in Ungarn der Fall war?
Button: "Unterm Strich kommt es auf jeder Strecke auf die Kombination zwischen Auto und Fahrer an. Das spielt es keine Rolle, von welchem Kurs wir sprechen. Das Besondere an Spa ist, dass man richtig fighten kann. Es hat hier in der Vergangenheit schon jede Menge tolle Duelle gegeben. Dazu kommt das Wetter, von dem du nie genau weißt, wie es sich präsentieren wird. Es kann durchaus vorkommen, dass eine Hälfte der Strecke nass und die andere Hälfte trocken ist. Das macht es besonders schwierig, aber umso interessanter. Auch die Fans sind hier immer mit ganzem Herzen dabei und haben kein Problem damit, drei Tage lang im Regen zu stehen, solange sie den Formel-1-Autos zuschauen können. Das ist noch richtiger Motorsport. Ich hoffe, wir können den Fans auch diesmal wieder eine tolle Show bieten."

Frage: "Worauf kommt es in Spa am meisten an, wenn es darum geht, das Rennen zu gewinnen?"
Button: "Es muss einfach alles zusammenpassen. Du brauchst ein sehr effizientes Auto, das sowohl über jede Menge Abtrieb als auch guten Topspeed verfügt. Als Fahrer kannst du hier einiges ausrichten, zum Beispiel wenn es darum geht, die Reifen zu schonen. Generell macht der Kurs unglaublich viel Spaß, da er sehr schnell und flüssig ist. Es gibt hier kaum langsame Kurven. Die Rundenzeiten werden hier in den mittelschnellen und schnellen Kurven gemacht."

Frage: "Pirelli hat leichte Veränderungen an den Reifen vorgenommen. Glaubst du, dass diese Maßnahme einen Einfluss haben wird?"
Button: "Das stimmt, es gibt jetzt etwas weniger Gummi. Das sollte die Gefahr von Blasenbildung verringern. Einen großen Unterschied erwarte ich aber nicht. Wir fahren hier mit der Hard- und der Medium-Mischung und sollten keine Probleme mit dem Verschleiß bekommen. Im vergangenen Jahr hatten hier einige Teams Probleme mit Blasenbildung, da sie ungewöhnlich viel Sturz fuhren (Red Bull; Anm. d. Red.). Wir hatten derartige Probleme allerdings nicht und gehen auch nicht davon aus, dass es diesmal welche geben wird."

Frage: "Hinsichtlich des Radsturzes gibt es an diesem Wochenende weitere Einschränkungen. Was erwartest du von dieser Maßnahme?"
Button: "Ich hoffe einfach, dass es im Zaum gehalten werden kann. Gleiches gilt für den Reifendruck. Wenn einige Teams mit mehr Druck fahren als andere, ist das nicht gut. Ich hoffe, dass die Kommissare ein gesundes Maß finden und dass die Regeln ihren Zweck erfüllen."

Kräfteverhältnis schwer einzuschätzen

Frage: "Glaubst du, dass McLaren derzeit das beste Auto hat?"
Button: "Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass irgendjemand derzeit das beste Auto hat. Die Dinge verschieben sich von Rennen zu Rennen. Ich persönlich fand den Red Bull und den Lotus beim zurückliegenden Rennen sehr schnell. Lewis und das Team haben aber einen hervorragenden Job gemacht und das Rennen gewonnen. Grundsätzlich ist der Wettbewerb auf der Strecke derzeit sehr eng. In diesem Zusammenhang spielen die Reifentemperaturen eine große Rolle. Ich glaube, im Moment ist jedes Team etwas verwirrt, warum sein Auto manchmal gut, manchmal weniger gut funktioniert. Das wird sich wohl bis zum Ende der Saison auch nicht mehr ändern."

"Auf dem Papier sehe ich Lotus als das Team an, das es zu schlagen gilt." Jenson Button

Frage: "Was muss passieren, damit McLaren auch in Spa das Team ist, das es zu schlagen gilt?"
Button: "Ich glaube nicht, dass uns besonders niedrige oder besonders hohe Temperaturen explizit in die Karten spielen. Zu Beginn der Saison sah es so aus, als würden uns hohe Temperaturen entgegenkommen. Dann kamen wir nach Bahrain und waren plötzlich nirgendwo. Wenn etwas für uns spricht, dann sicher die Performance bei den zurückliegenden Rennen. Ich wurde in Hockenheim Zweiter und Lewis holte in Ungarn den Sieg. Vorher mussten wir etwas abreißen lassen, dann brachten wir in Hockenheim ein paar Upgrades und plötzlich fahren wir wieder um Siege mit. Wie es hier ausgehen wird, ist aber schwer zu sagen. Es gibt Gerüchte, dass einige ein Doppel-DRS im Rennen einsetzen wollen. Aus diesem Grund sehe ich auf dem Papier Lotus als das Team an, das es zu schlagen gilt. Das Rennen muss aber erst einmal gefahren werden. Wer weiß, vielleicht sind ja wir am Ende vorn."

Frage: "Hat McLaren auch hier in Spa Upgrades dabei?"
Button: "Ja, wir haben ein paar Sachen dabei. Wir werden hier mit veränderten Flügeln fahren, da Spa eine Strecke ist, die tendenziell wenig Abtrieb verlangt. Ich bin schon gespannt, wie die neuen Teile funktionieren werden."

Stallorder derzeit noch kein Thema

Frage: "Was erwartest du von den anstehenden neun Rennen? Wird es weiterhin so viele verschiedene Sieger geben oder ist jetzt wirklich 'Championship Time'?"
Button: "Die zurückliegenden Rennen lassen eher letzteres vermuten. Was die bevorstehenden Rennen angeht, haben wir es aber mit den unterschiedlichsten Kursen zu tun. Zunächst stehen uns mit Spa und Monza zwei sehr schnelle Strecken ins Haus. Das war es dann in Europa und es geht nach Singapur auf einen engen und winkligen Stadtkurs. Dann kommt Suzuka, was genau wie Spa ein sehr schneller und flüssiger Kurs ist. So gesehen könnte es durchaus Überraschungen geben. Das wird den Fans gefallen."

"Es ist seltsam, dass ich mit dieser Frage konfrontiert werde, schließlich gibt es zwölf Fahrer, die hinter ihren Teamkollegen liegen." Jenson Button

Frage: "Dein Chef Martin Whitmarsh hat anklingen lassen, dass du Lewis Hamilton unter die Arme greifen solltest, sobald du selbst keine mathematische Chance mehr auf den WM-Titel hast. Inwiefern beschäftigt dich dieses Thema?"
Button: "Unterm Strich ist die Situation doch für alle gleich: Jedes Team will in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft so gut wie möglich abschneiden. Es ist schon etwas seltsam, dass ich jetzt mit dieser Frage konfrontiert werde, schließlich gibt es zwölf Fahrer, die nach Punkten hinter ihren Teamkollegen zurückliegen. Das ist ungefähr so, als würde man mich nach dem ersten Rennen des Jahres fragen, ob ich meinem Teamkollegen helfen werde. Uns stehen noch neun Rennen bevor und ich liege 40 Punkte hinter Lewis. Derzeit bin ich an derartigen Diskussionen nicht interessiert. Ich bin hier, um Rennen zu fahren. Ich will die bestmögliche Leistung abliefern und einfach Spaß haben."

"Sollte irgendwann der Punkt kommen, an dem einer von uns beiden um den Titel fährt und der andere nicht, dann sehen die Dinge natürlich anders aus. Wenn es keine mathematische Chance mehr auf den Gewinn des Fahrertitels gibt, tust du natürlich so viel du kannst für deinen Teamkollegen. Ich selbst hatte in der Vergangenheit aber nie einen Teamkollegen, der mir geholfen hat."

Schumachers 300 Rennen eine unglaubliche Errungenschaft

Frage: "Was fällt dir ein, wenn du daran denkst, dass Michael Schumacher inzwischen 300 Rennen auf dem Buckel hat?"
Button: "Wenn du ihn siehst, hältst du es nicht für möglich. Er sieht immer noch jung und kampfeslustig aus, aber er hat inzwischen ein paar graue Haare (lacht; Anm. d. Red.). Michaels Leistung ist einfach unglaublich, aber sein Ziel war es ganz sicher nicht, 300 Rennen zu fahren - sieben Weltmeisterschaften zu gewinnen schon eher."

"Mit seiner gegenwärtigen Anzahl Rennen hat er nur noch seinen ehemaligen Teamkollegen Rubens Barrichello vor sich. Auf mich macht er den Eindruck, dass er nach wie vor Spaß am Rennfahren hat. So gesehen ist es gut, dass er nach wie vor in der Startaufstellung steht."