• 20.04.2010 09:50

Boullier: "Wir werden auf keinen Fall selbstgefällig"

Renault-Teamchef Eric Boullier über den Großen Preis von China, die Fortschritte bei Vitaly Petrov und die Aussichten für den Europaauftakt der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Beim Rennen in Schanghai fuhr das Renault-Team erneut fette Beute ein - und erstmals in dieser Saison konnte der französisch-britische Rennstall gleich mit beiden Autos in die Punkteränge vordringen. Während Robert Kubica einmal mehr seine Klasse demonstrierte, war es Vitaly Petrov zum ersten Mal vergönnt, ein Formel-1-Rennen zu beenden. Der russische Rennfahrer wusste speziell auf den Schlussrunden zu begeistern, was Teamchef Eric Boullier nicht entgangen ist.

Titel-Bild zur News: Eric Boullier

Eric Boullier ist zufrieden: In Schanghai holten beide Renault-Autos WM-Punkte

Frage: "Eric, der Grand Prix von China am vergangenen Sonntag entwickelte sich zu einem weiteren sehr turbulenten Rennen. Das Renault-Team schlug aus dem Tohuwabohu einmal mehr Kapital. Was ist das Erfolgsgeheimnis?"
Eric Boullier: "Wir konnten bisher jede sich bietende Gelegenheit bestmöglich nutzen. Ich glaube, das hängt stark damit zusammen, dass wir ein wahrhaftiges Rennteam sind."#w1#

"Jeder ist voll aufs Rennfahren konzentriert - und auf nichts anderes. Aber seien sie versichert: Wir werden jetzt auf keinen Fall selbstgefällig. Der Weg vom Helden zum Deppen ist in der Formel 1 nur ein sehr kurzer."

"Vitaly fuhr ein großartiges Rennen." Eric Boullier

Frage: "In China erreichten erstmals beide Piloten die Punkteränge. Wie sehr freut sie dieser Erfolg für Vitaly Petrov?"
Boullier: "Vitaly fuhr ein großartiges Rennen. Gerade zu Beginn herrschten sehr schwierige Bedingungen. Einige Streckenabschnitte waren nass, andere nicht."

"Gerade für einen Rookie ist es nie einfach, wenn sich die Verhältnisse dauernd ändern. Als in der zweiten Rennhälfte schließlich alle auf den gleichen Reifen unterwegs waren, wurde er konstant schneller. In den letzten Runden war er der schnellste Mann im Feld."

Kubica und Petrov überzeugen voll und ganz

Frage: "Zahlt er mit seinen Auftritten das in ihn gesetzte Vertrauen zurück? Anders gefragt: War die Entscheidung des Renault-Teams, Petrov zu engagieren, die richtige?"
Boullier: "Wir wissen um seine Qualitäten. Er besitzt eine sehr gute Grundschnelligkeit und bleibt auch unter Druck sehr ruhig. Junge Fahrer brauchen immer Zeit."

"Am Sonntag konnte Vitaly endlich sein wahres Talent zeigen." Eric Boullier

"Kamui Kobayashi und Nico Hülkenberg - die anderen beiden Rookies in etablierten Teams - hatten Schwierigkeiten, ihre Rennen zu beenden und Punkte zu sammeln. Und beide verfügen über mehr Formel-1-Erfahrung. Am Sonntag konnte Vitaly endlich sein wahres Talent zeigen. Sobald er uneingeschränkt Vertrauen ins Auto gefasst hat, kann er in der Tat sehr schnell sein."


Fotos: Renault, Großer Preis von China


Frage: "Wie bewerten sie die Leistung von Robert Kubica? Er fuhr lange auf Rang drei und beendete das Rennen schließlich auf Platz fünf. Von außen sah es nach einem weiteren sehr guten Vorstellung von ihm aus..."
Boullier: "Ich würde sagen, es war ein typisches 'Robert-Rennen', denn er fuhr einmal mehr schlichtweg perfekt."

"Er verlor etwas an Boden während der Safety-Car-Phase. Das war etwas frustrierend. Anschließend ging er sehr sorgsam mit seinen Reifen um, legte dabei ein sehr gutes Tempo an den Tag und fuhr das bestmögliche Ergebnis ein. Robert lieferte erneut einen exzellenten Job ab."

Renault: Die Entwicklungsrichtung stimmt

Frage: "Bisher brachte das Team zu jedem Saisonlauf technische Updates mit. Beginnt sich die aggressive Entwicklungsstrategie jetzt auszuzahlen?"
Boullier: "Ja, das glaube ich. Jeder einzelne in unseren Workshops in Enstone und Viry-Châtillon sowie an der Rennstrecke arbeitet unglaublich hart."

"Vor allem das Rennteam hat sich an diesem Wochenende ein Extralob verdient." Eric Boullier

"Vor allem das Rennteam hat sich an diesem Wochenende ein Extralob verdient. Sie haben an allen Tagen viele Überstunden gemacht und leisteten erstklassige Arbeit, als sie Vitalys Auto nach dem Unfall im 3. Freien Training bis zum Qualifying wieder einsatzbereit machten."

"Unser erstes doppeltes Punkteergebnis war eine großartige Belohnung für ihren Einsatz. In punkto Weiterentwicklung verbessern wir uns von Rennen zu Rennen im Zehntelsekunden-Bereich. Von daher dauert es manchmal etwas länger, bis die Fortschritte auch mit bloßem Auge erkennbar sind."

"Aber wer sich den bisherigen Saisonverlauf ansieht, erkennt, dass wir im Qualifying kontinuierlich näher an die Pole Position rücken. In China beispielsweise konnte Robert im Zeittraining erstmals das Mercedes-Duo sprengen. Das war eine Motivationsspritze für das gesamte Team. Alle gehen bis ans Limit, und die harte Arbeit zahlt sich mehr und mehr aus."

Keine Renault-Revolution in Spanien

Frage: "Traditionell markiert der Grand Prix von Spanien den Zeitpunkt, an dem die Teams größere Umbaumaßnahmen an ihren Rennwagen vornehmen. Was hat Renault für den Kurs von Barcelona in petto?"
Boullier: "Wir machen weiter wie gewohnt. Soll heißen: Unser Entwicklungstempo bleibt unverändert. Wir werden neue Teile an Bord haben, die uns weitere Zehntelsekunden bringen sollten."

"Wir wissen nicht, was die anderen Teams planen." Eric Boullier

"Wir wissen aber nicht, was die anderen Teams planen. Deshalb müssen wir vorsichtig mit unseren Erwartungen sein. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Hackordnung im Feld verändert - vielleicht zu unserem Vorteil, vielleicht nicht."

"Unser Hauptaugenmerk liegt zunächst darauf, das Team, die Autos und den Rest der Fracht innerhalb der kommenden Tage nach Hause zu transportieren und uns dann auf Barcelona vorzubereiten. Wenn uns das gelingt, können wir dem Start der Europasaison entspannt entgegensehen."