• 21.09.2016 13:00

  • von Roman Wittemeier

1999: Wie Alain Prost eine Formel-1-Karriere zerstörte

Loyalität und Vertrauen brachten Stephane Sarrazin in der Saison 1999 um eine erfolgreiche Formel-1-Karriere: Wenn Alain Prost etwas verspricht...

(Motorsport-Total.com) - Er war auf dem gleichen Weg wie später Fernando Alonso und Mark Webber, aber die Formel-1-Karriere von Stephane Sarrazin blieb dennoch ein kaum sichtbarer Klecks auf der Grand-Prix-Landkarte. Am 11. April 1999 durfte der Franzose als Ersatzmann für den nach einem Testunfall verletzten Luca Badoer kurzfristig in den Minardi einsteigen. Ohne vorherigen Test bügelte Sarrazin seinen Teamkollegen Marc Gene nach Strich und Faden. Eine Fortsetzung der Karriere in der Königsklasse verhinderte aber Alain Prost.

Titel-Bild zur News: Stephane Sarrazin Brasilien 1999 Minardi

Im April 1999 überzeugte Stephane Sarrazin bei seinem Formel-1-Auftritt Zoom

"Ich war damals Testfahrer bei Prost", erinnert sich Sarrazin im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Das damals 23-jährige Talent, das die berühmte Elf-Rennfahrerschule in Frankreich durchlaufen hatte, hinterließ im Frühjahr 1999 in Interlagos eine starke Visitenkarte. Stammpilot Gene wurde im Qualifying um eine Sekunde distanziert. "Giancarlo Minardi und Gabriele Rumi waren nach dem Einsatz in Brasilien so überzeugt von mir, dass sie mich für den Rest der Saison behalten wollten. Aber dann kam Alain Prost."

"Herr Prost pochte auf seinen Vertrag mit mir. Ich war nicht nur Formel-1-Testfahrer bei ihm, sondern auch in der Formel 3000 unterwegs. Er wollte, dass ich das zu Ende bringe und hat mir damals versprochen, dass ich in der Saison 2000 in der Formel 1 fahren würde", erklärt Sarrazin. "Das ist dann aber nie geschehen. Ich hatte es irgendwie geahnt. Als ich Minardi absagte, hatte ich schon den Gedanken: 'Wenn ich das nicht irgendwann mal bereue...' Ich glaube, es gibt nicht viele Fahrer, die ein Formel-1-Cockpit ablehnen."

Nick Heidfeld als politischer Schachzug

"Alain Prost war mein Boss, ich habe ihm vertraut", sagt der heutige Toyota-WEC-Pilot. "Ich habe ihm geglaubt, als er mir das Renncockpit für die Saison 2000 versprach. Aber was ist passiert? Er hat Nick Heidfeld genommen. Nicht, weil er die Formel-3000-Saison besser abgeschlossen hatte, sondern weil Prost die Hoffnung hatte, auf diesem Weg an Mercedes-Motoren zu kommen. Das war es dann mit meiner Formel-1-Karriere. Ich hatte damals keinen Manager, war vielleicht zu jung, eine richtige Entscheidung zu treffen."

Stephane Sarrazin

Stephane Sarrazin hatte auch bei Toyota eine Formel-1-Chance in Sicht Zoom

"Alain Prost hat meine Formel-1-Karriere zerstört" - diesen gehaltvollen Satz spricht Sarrazin mit schmerzvoller Miene aus. "Wir haben einige Jahre lang kaum ein Wort miteinander gewechselt. Das hat sich dann aber wieder normalisiert. Ich respektiere Alain und mag ihn", sagt er. "Aber damals war es hart für mich. Ich brauchte einige Zeit, um dann zu erkennen, dass er aus bestimmten Gründen so handeln musste. Aber ganz ehrlich: Ich bin fest davon überzeugt, dass ich in der Formel 1 eine tolle Karriere hätte haben können."

"In der damaligen Zeit war es so, dass wenn du im Minardi deinen Teamkollegen geschlagen hast, du dann beste Aufstiegschancen hattest", sagt Sarrazin. 2001 empfahl sich Alonso auf diesem Weg, ein Jahr später war es Webber. "Und bei mir hätte es genauso laufen können. Das ist mein Gedanke manchmal. Ich war jung und habe mich falsch entschieden. Ich hätte das Minardi-Angebot annehmen sollen. Das bereue ich noch heute. Es war allein mein Fehler."

Wie der heute 40-Jährige mit seiner kurzen Formel-1-Karriere umgeht, welche Chancen sich anschließend noch boten und welche Ziele der erfahrene LMP1- und Formel-E-Pilot noch hat, lesen Sie in der neuesten Folge unserer Interviewserie "Die Dauerbrenner in der WEC"!