Die Geschichte des Punktesystems in der Formel 1: Was wäre, wenn ...?

Die Formel 1 diskutiert ein neues Punktesystem: Wie anders würden die Weltmeister aussehen, wenn das aktuelle und potenziell neue System verwendet worden wäre

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 hat ihr Punktesystem im Laufe der Jahre mehrmals geändert, wobei die erste Struktur aus dem Jahr 1950 ganz anders aussah als heute. Für die Saison 2025 steht eine weitere Änderung im Raum und die Entscheidung darüber, ob sie eingeführt wird oder nicht, wird später in diesem Jahr fallen.

Titel-Bild zur News: Formel-1-Start in Australien 2024 auf dem Albert Park Circuit in Melbourne

Künftig sollen auch Teams knapp außerhalb der Top 10 Punkte erhalten Zoom

Sollte das diskutierte System die nötige Unterstützung für die Einführung erhalten, wird die Anzahl der Positionen, für es Punkte gibt, erweitert. Der Vorschlag sieht vor, dass die besten zwölf Fahrer eines Grands Prix Punkte erhalten. Bisher waren es zehn.

Anstoß dafür war die Tatsache, dass eine beträchtliche Kluft zwischen der oberen und der unteren Hälfte der in der Weltmeisterschaft 2024 vertretenen Teams entstanden ist.

In den ersten fünf Grands Prix konnten Alpine, Sauber und Williams gar nicht punkten. Zwischen dem fünftplatzierten Aston Martin und Racing Bulls auf Platz sechs liegen 33 Zähler. Die kleineren Teams argumentierten daher, dass eine Änderung notwendig sei, um eine breitere Verteilung der Punkte zu gewährleisten.

Damit die Änderung genehmigt wird, müssen fünf der zehn aktuellen Formel-1-Teams dafür stimmen. Dies dürfte aber kein Problem sein, da viele Topteams nicht dagegen sind.

Dies könnte daran liegen, dass das neue System nur minimale Auswirkungen auf den Kampf um die Spitzenplätze in der Gesamtwertung hat. Die ersten sieben Plätze bleiben so wertvoll wie bisher, ab dem achten Platz gibt es nur eine leichte Änderung.

Die Änderung wird auch dafür sorgen, dass die Rennen für die langsameren Teams wertvoller werden, da sie im Moment häufig überhaupt nicht punkten können.

Racing-Bulls-Teamchef Laurent Mekies betont: "Die letzten fünf Teams sind jetzt große Organisationen und es ist sehr schwierig, der Außenwelt, unseren Partnern und unseren Fans zu erklären, dass wir um einen P11 kämpfen, der keine Punkte bringt."

"Wenn man sich die Wettbewerbsfähigkeit der fünf besten Teams und die Zuverlässigkeit der Autos ansieht, bedeutet das, dass man die meiste Zeit des Rennens theoretisch um null Punkte kämpft, und das halten wir nicht für richtig." Diesem Umstand würde das neue Punktesystem entgegenwirken - und nicht nur das.

Es würde auch konstante Platzierungen über die gesamte Saison hinweg belohnen und nicht mehr nur eher zufällige Ausreißer nach oben, die am Ende über eine Position in der WM entscheiden könnten. Yuki Tsunoda belegte 2023 beispielsweise sechsmal Platz elf oder zwölft, doch diese Konstanz wurde nie belohnt.


Fotostrecke: Top 10: Formel-1-Fahrer mit den meisten Starts ohne Punkte

Unter dem vorgeschlagenen System hätten diese Ergebnisse Punkte gebracht, wodurch AlphaTauri - jetzt Racing Bulls - in der Konstrukteurswertung vor Williams gelegen hätte.

Mekies hält das neue System auch für leistungsorientierter. "Denn wenn man bis P12 Punkte bekommt, vermeidet man den Effekt, dass man, außer wenn etwas völlig Verblüffendes passiert und jemand im Regen auf P5 oder P4 landet, genauso gut zu Hause bleiben kann. Es bringt also praktisch keine Nachteile mit sich."

Nicht jeder ist jedoch für die Änderung, so wie der ehemalige Formel-1-Fahrer und Kommentator Martin Brundle: "Punkte müssen hart erkämpft und geschätzt werden. Sie sind wertvoll. Es ist keine Art Glücksspiel, bei dem jeder einen Preis gewinnt."

Das vorgeschlagene System wird sich nicht auf das Sprintrennen auswirken. Dort soll die Skala 8-7-6-5-4-3-2-1 für die Plätze eins bis acht auch weiterhin verwendet werden.

Formel-1-Weltmeister nach dem vorgeschlagenen Punktesystem

Das vorgeschlagene System ist die 30. Änderung der Punkteregelung in der Formel 1 seit ihrer ersten Saison im Jahr 1950. Damals verwendete die Formel 1 eine Skala von 8-6-4-3-2, bevor sie 1961 zu neun und 1991 zu zehn Punkten für einen Sieg überging, während ein Sieg seit 2010 25 Punkte wert ist.

Bis 1990 gab es in der Formel 1 auch ein gestaffeltes Punktesystem, bei dem nicht jedes Ergebnis für die Meisterschaft zählte. 1950 wurden beispielsweise nur die vier besten Platzierungen eines Fahrers gewertet. Das System variierte im Laufe der Jahre.

In einigen Fällen wurde ein Fahrer Meister, obwohl er weniger Punkte als sein Konkurrent erzielt hatte. 1964 zum Beispiel hatte Graham Hill einen Punkt mehr als John Surtees. Doch letzterer wurde Meister, weil Hills Punktzahl in Belgien aus der Wertung genommen wurde. So kam Hill nur auf 39, Surtees auf 40 Punkte.

Dies geschah 1988 erneut, als Alain Prost elf Punkte mehr als Ayrton Senna erzielte, der Brasilianer jedoch Meister wurde, weil ihm 14 Punkte weniger "abgezogen" wurden als seinem McLaren-Teamkollegen. Wäre das neue System immer angewandt worden, wären viele Meisterschaften anders ausgegangen.

Dann wäre Prost zusammen mit Michael Schumacher und Lewis Hamilton siebenmaliger Weltmeister, denn er hätte Senna den Titel 1988 abgenommen und wäre 1983 statt Nelson und 1984 statt Niki Lauda Formel-1-Weltmeister geworden.

James Hunt wäre kein Weltmeister, da der Titel 1976 an Lauda gegangen wäre. Eddie Irvine hätte 1999 statt Mika Häkkinen triumphiert, während Damon Hill zwei Titel hätte: Er wäre 1994 Weltmeister geworden, und zwar zusätzlich zum Titel von 1996, den er unter dem damaligen Punktesystem tatsächlich gewann.

Schumacher würde immer noch auf sieben Titel kommen. Zwar hätte 1994 gegen Hill verloren, doch der Titel 1997 wäre an ihn gegangen und nicht an Jacques Villeneuve.

Außerdem wäre Carlos Reutemann 1981 Weltmeister anstelle von Piquet, während Jacky Ickx den Titel 1970 von Jochen Rindt übernommen hätte, der vier Rennen vor Saisonende verstarb. Außerdem wäre Alberto Ascari dreimaliger Weltmeister, weil er 1951 den Titel anstelle von Juan Manuel Fangio gewonnen hätte.

Das aktuelle Punktesystem der Formel 1 (2022 - heute)

Die Formel 1 verwendet ihr aktuelles Punktesystem seit der Saison 2022, als sie ein neues Format für das Sprintrennen ausprobierte. Sprintrennen wurden 2021 zum ersten Mal ausgetragen, wobei lediglich die drei Erstplatzierten WM-Punkte erhielten.

Für die Saison 2022 wurde diese Skala auf 8-7-6-5-4-3-2-1 erweitert, was bedeutet, dass das Sprintrennen für einen Großteil des Starterfeldes wertvoller wurde.

Die aktuelle Grand-Prix-Skala von 25-18-15-12-10-8-6-4-2-1 wird seit 2010 verwendet. Damals wollte Formel 1 den Wert eines Sieges erhöhen, da den Unterschied zwischen Platz eins und zwei zuvor nur zwei Punkte ausmachten (10-8-6-5-4-3-2-1).

Das 2010 eingeführte System erhielt 2014 eine kontroverse Ergänzung, als die Formel 1 doppelte Punkte für das Saisonfinale in Abu Dhabi anbot, als sich Hamilton und Nico Rosberg einen erbitterten Kampf um die Meisterschaft lieferten.

Glücklicherweise hatte dies keine Auswirkungen auf den Titelkampf, da Hamilton in jedem Fall gewonnen hätte. Aber für 2015 wurde es wieder abgeschafft. 2019 änderte sich das Format erneut, diesmal erfolgreicher: Der Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde kehrte zum ersten Mal seit 1959 zurück und wird bis heute verwendet.

Für die Saison 2022 hat die Formel 1 auch ihr reduziertes Punktesystem überarbeitet. Die maximale Renndauer beträgt zwei Stunden. Unabhängig von der tatsächlichen Fahrzeit ist ein Rennen beendet, wenn drei Stunden seit dem Start verstrichen sind.

Aufgrund verschiedener Faktoren, wie etwa einem Safety-Car oder einer roten Flagge, kann jedoch manchmal ein Rennen nicht innerhalb dieses Zeitlimits beendet werden.

Wenn also die Streckenzeit zwei Stunden überschreitet, wird der Grand Prix am Ende der nächsten vollen Runde beendet. Je nachdem, wie viel der vollen Renndistanz absolviert wurde, wird ein bestimmter Prozentsatz an Punkten vergeben.

Werden beispielsweise zwei Runden oder weniger absolviert, gibt es null Punkte. Ein Viertel der Punkte wird vergeben, wenn bis zu 25 Prozent der geplanten Distanz zurückgelegt wurden. Für 26 bis 50 Prozent wird die Hälfte der Punkte vergeben.

Schließlich gibt es drei Viertel der Punkte, wenn 51 bis 75 Prozent der geplanten Distanz absolviert wurden, während für alles, was darüber hinausgeht, volle Punkte verteilt werden.

Diese Änderung erfolgte nach dem umstrittenen Grand Prix von Belgien 2021, bei dem zwei Runden hinter dem Safety-Car gefahren wurden, weil starker Regen das Rennen beeinträchtige. Trotzdem wurden halbe Punkte vergeben, weil die Formel 1 zu diesem Zeitpunkt nur mindestens zwei Runden absolvieren musste.

Formel-1-Weltmeister nach dem aktuellen Punktesystem

Die Weltmeisterliste der Formel 1 sähe auch ganz anders aus, wenn das derzeitige System seit 1950 angewandt worden wäre. Nach diesem System wäre Prost sechsmaliger Weltmeister, da er Lauda 1984 und Senna 1989 den Titel abgenommen hätte.

Das bedeutet auch, dass Piquet im Gegensatz zum vorgeschlagenen System ein dreimaliger Weltmeister bleibt, da er den Titel 1981 nicht an Reutemann verliert. Die anderen Änderungen bleiben die gleichen wie im vorgeschlagenen System.

Die Startgebühren der Teams je nach WM-Platzierung

Red Bull dominierte die Saison 2023 und gewann rekordverdächtige 21 von 22 Grands Prix. Doch dieser beispiellose Erfolg hatte auch seinen Preis. Red Bull musste für die Teilnahme an der Saison 2024 7.445.817 Dollar an die FIA zahlen - die höchste Startgebühr, die je ein Formel-1-Konstrukteur gezahlt hat.

Der Grund dafür ist, dass ein Team für jeden Punkt, den es während der Saison erzielt, Geld bezahlen muss. Derzeit ist ein Punkt für neun von zehn Teams 6575 Dollar wert, während der Konstrukteursmeister 7893 Dollar pro Punkt zahlen muss.

Das bedeutet, dass Red Bull dem Weltverband neben der Grundgebühr von 657.837 Dollar zusätzlich 6.787.980 Dollar für seine 860 Punkte im Jahr 2023 gezahlt hat.

Red Bull zahlte also fast doppelt so viel wie Mercedes, denn der Vizemeister von 2023 zahlte 3.347.012 Dollar für die Teilnahme an der Saison 2024, während der Letztplatzierte Haas mit 736.737 Dollar am wenigsten an die FIA zahlte.

Das System wurde 2013 im Rahmen einer überarbeiteten Concorde-Vereinbarung eingeführt, bei der die Grundgebühr noch bei 500.000 Dollar plus 5000 Dollar pro erzieltem Punkt lag, wobei der Weltmeister 6000 Dollar zahlen musste. Diese Beiträge sind aufgrund der Inflation jedoch stetig weiter angestiegen.

Sollte das neue Punktesystem eingeführt werden, würde die FIA von den Teams, die sich für die Saison 2026 anmelden, zusätzliches Geld erhalten, da mehr Positionen Punkte bringen.

Auf die größeren Teams dürfte sich dies nicht allzu sehr auswirken, wohl aber auf jene in der zweiten Hälfte der WM-Tabelle, die über ein geringeres Budget verfügen, dann aber mehr für die Teilnahme an der Meisterschaft zahlen müssten.

Die obenstehende Tabelle zeigt, was die Teams für die Formel-1-Saison 2024 gezahlt hätten, wenn das vorgeschlagene System bereits für 2023 angewandt worden wäre.

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