• 25.08.2017 17:21

  • von Heiko Stritzke & Erwin Jaeggi

"Wie im Formel-3-Auto": Ricciardos Radikal-Set-up schlägt fehl

Red Bull zieht alle Register, um den Leistungsnachteil gegenüber Mercedes und Ferrari wettzumachen - Doch Ultra-Low-Downforce ist nicht die Lösung

(Motorsport-Total.com) - Es wird hart für Red Bull - das wusste das gesamte Team bereits seit Wochen. Mit den beiden Highspeedstrecken von Spa-Francorchamps und Monza stehen die schwersten Strecken für das Bullenteam auf dem Programm. Doch natürlich würde es nicht zu Red Bull passen, einfach aufzustecken. Und so probierte man - wie üblich - aggressiv zu sein: Daniel Ricciardo bekam eine radikale Abstimmung mit der geringstmöglichen Flügelstellung. Max Verstappen versuchte am Nachmittag das Gegenteil.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Flacher ist nur Holland: Daniel Ricciardos Set-up-Kniff ging nach hinten los Zoom

"Wir fahren hier mit Monza-Abstimmung bei Daniel. Man kann nur noch den Flügel abmontieren, wenn man noch weniger Luftwiderstand haben will", sagte Christian Horner noch während der Trainingssitzung bei 'Sky'. Doch so wirklich zünden wollte diese Idee nicht. "Das war wie mit einem Formel-3-Auto in den Kurven", lacht Ricciardo, dem das missglückte Experiment die übliche gute Laune nicht verderben konnte. "Wir haben es zumindest versucht. Sektor 1 und 3 waren hervorragend!"

Trotz der Sektorenbestzeiten in jenen beiden Abschnitten war das also der falsche Weg. Die Plätze fünf und sechs (Bestzeit: 1:46.072 Minuten) waren nicht zufriedenstellend. Max Verstappens Weg erscheint da schon vielversprechender: Der Beinahe-Lokalmatador fuhr im zweiten Training in 1:45.225 Minuten mehr als acht Zehntelsekunden schneller als Ricciardo und hatte nur 0,472 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit von Lewis Hamilton. Dazu gab es die Sektorbestzeit im zweiten Abschnitt. (Ergebnisse vom Großen Preis von Belgien)

"Es war okay, aber auch nichts Besonderes", berichtet Verstappen über den durch den Regenschauer zeitig zu Ende gegangenen Trainingstag in Belgien. "Es ist schwierig, sowohl auf den Geraden als auch in den Kurven konkurrenzfähig zu sein. Wir haben zwei unterschiedliche Philosophien probiert, aber es wird schwierig werden, einen guten Kompromiss zu finden."


Fotos: Großer Preis von Belgien, Freitag


Guter Kompromiss gesucht

Doch genau diesen wird Red Bull brauchen, denn Verstappens Weg mag auf der Stoppuhr zwar der schnellere sein, würde die Fahrer aber auf der Geraden viel zu verwundbar machen - gerade in der Startphase, wenn der lange Anstieg zu Les Combes ansteht. Verstappen verlor im ersten Sektor sechs Zehntelsekunden. Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bleibt bei 'ORF' optimistisch: "Also wenn wir einen Kompromiss zwischen Ricciardos Set-up, der in Sektor 1 und 3 sehr schnell war, und dem von Verstappen finden, der in Sektor 2 schnell war, dann können wir mithalten."

Dauerhaft wird selbst das schwer sein, denn um die fehlenden Renault-PS wird Red Bull nicht herumfahren können, egal mit welcher Herangehensweise. "Der Longrun von Sebastian (Vettel) war sehr schnell. Der war fast eine Dreiviertel-Sekunde schneller als wir", bleibt Marko realistisch. Und Verstappen, der sich im ersten Freien Training auf ein kurioses Bremsduell mit Nico Hülkenberg in der Bus-Stopp-Schikane einließ und dort einmal geradeausfuhr, prognostiziert: "Wartet das Qualifying ab. Dann werden sie ihre Motoren aufdrehen."

Seine einzige Hoffnung wäre der Regen, der bereits den Freitag durcheinandergewürfelt hat. "Wäre es das ganze Wochenende über ganz klar nass, dann wäre der Red Bull ein gutes Auto", analysiert Alexander Wurz im 'ORF'. Doch bei wechselhaften Verhältnissen könnte Red Bull aufgrund des flachen Flügels in einen Nachteil geraten - je nachdem, wie flach der Kompromiss letztlich ausfallen wird. "Ich glaube ohnehin, dass es am Sonntag nicht regnen wird", wagt sich Verstappen als Wetterfrosch.

Und so viel Wasser wie am Ende des zweiten Freien Trainings sollte es dann auch nicht werden. "Beängstigend!", lautet das Urteil von Daniel Ricciardo über die Flutbedingungen am Freitagnachmittag. "Aus der Garage sah es noch gut aus. Auch als ich rausgefahren bin, schien es noch okay zu sein. Aber dann habe ich einen Start geübt und konnte bei der Abfahrt die Eau Rouge überhaupt nicht mehr sehen. Da war klar, dass es ziemlich haarig werden würde." Was es dann auch wurde: "Wir hatten nur Aquaplaning. Obwohl ich langsam gefahren bin, bin ich in Kurve 5 rausgerutscht."