Fahrer einig: Mercedes handelt richtig

Die Maßnahme von Mercedes, keine Stallregie anzuwenden, findet bei vielen Fahrern Anklang - Teamorder aber in manchen Situationen sinnvoll

(Motorsport-Total.com) - Freie Fahrt für Nico Rosberg und Lewis Hamilton - diese Nachricht wird viele Formel-1-Fans am heutigen Donnerstag erleichtert haben. Auch das Fahrerlager ist sich beim Großen Preis von Großbritannien 2016 größtenteils einig, dass die Maßnahme, lediglich die Strafen bei einer erneuten Kollision zu verschärfen, die richtige Entscheidung gewesen sei. "Es kommt bei der Frage nach Teamorder immer auf die Situation an", meint Sebastian Vettel.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Lewis Hamilton, Nico Hülkenberg

Weiter freie Fahrt für Hamilton und Rosberg: Richtige Entscheidung? Zoom

"Ich könnte mit Stallorder leben, wie ich es auch in der Vergangenheit getan habe", sagt der viermalige Weltmeister weiter. Vettel hat sich seine Freiheiten aber auch bereits genommen, als er beim Großen Preis von Malaysia 2013 gegen die "Multi 21"-Anordnung verstieß. Er betont: "Der Teamkollege ist der erste, den man schlagen will. Das Verhältnis muss nicht die größte Freundschaft sein, aber man sollte sich auch nicht bekriegen. Wichtig ist, dass man sich respektiert. Mir ist wichtig, dass man offen und fair miteinander umgeht und auch die Leistung des anderen anerkennt, wenn man sich selbst auf dem Holzweg befindet."

"Teamorder gab es immer und wird es immer geben", glaubt der 29-Jährige. "Es kommt immer drauf an. Als Fahrer möchte man natürlich ungern Platz machen, aber ich denke, genauso muss einem klar sein, dass man fürs Team fährt." Gänzlich festlegen möchte sich Vettel also nicht.

Red-Bull-Kader pro freies Fahren

Deutlicher Stellung beziehen die Red-Bull-Piloten. "Es sollte so natürlich nicht sein, dass sie sich gegenseitig ins Auto fahren. Andererseits kämpfen sie um die Weltmeisterschaft, da muss man sie fahren lassen", sagt Max Verstappen. "Es muss so sein. Da kann das Team nicht hingehen und sagen: 'Sorry, du musst heute hinter dem anderen Zweiter werden, weil es sicherer für die Weltmeisterschaft ist.' Nein, man muss sie fahren lassen."

Verstappen glaubt, dass Mercedes sich solche Kollisionen erlauben könne, schließlich seien sie überlegen genug. "Sie sind noch immer so weit vorn, obwohl sie sich schon dreimal berührt haben." Augenzwinkernd fügt er hinzu: "Von mir aus können sie so weitermachen, ich genieße es." Verstappen hatte sowohl von der Kollision in Barcelona als auch von der in Spielberg profitiert.


Fotostrecke: Hamilton vs. Rosberg: Die Crash-Chronologie

Carlos Sainz jun. sieht es ähnlich wie Verstappen: "Wenn ich um die Weltmeisterschaft mit meinem Teamkollegen kämpfe und wir Kopf an Kopf im Rennen liegen, dann würde ich nicht auf die Seite fahren, wenn ich nicht gerade einen großen Nachteil mit dem Auto habe." Er verweist dabei auf die Probleme bei Nico Rosberg beim Großen Preis von Monaco 2016, die nie wirklich aufgeklärt werden konnten. In solchen Fällen sei es okay, den Teamkollegen durchzuwinken. "Aber sonst: Nein." Ein Team müsse wissen, dass beide Fahrer Weltmeister werden wollen. "Dafür bezahlen sie sie ja auch."

Andere Situation bei Toro Rosso

Auch sein Neu-Teamkollege Daniil Kwjat äußert sich ähnlich. Er würde alles für den Sieg geben, sagt der Russe. "Ich glaube, man muss immer hart für den Sieg und die Weltmeisterschaft kämpfen." In einem Szenario, in dem beide Toro-Rosso-Piloten um den Sieg kämpfen, würde er niemals einfach den anderen durchwinken.

Carlos Sainz, Daniil Kwjat, Max Verstappen

Der Red-Bull-Fahrerkader hat eine klare Meinung zum Thema Stallregie Zoom

In einem Mittelfeldteam wie Toro Rosso sieht die Situation jedoch anders aus. Sainz gibt Einblicke: " Bei Toro Rosso haben wir Teamorder. Normalerweise wenden wir sie nicht an, aber manchmal tun wir es. Sie kommt vor allem dann zum Tragen, wenn man auf verschiedenen Strategien unterwegs ist. Unser Team splittet die Strategien gerne und dann ist es wichtig, dass das eine Auto nicht die Strategie des anderen durchkreuzt. Normalerweise dürfen wir im letzten Stint kämpfen, wenn wir beide auf demselben Reifen unterwegs sind."

Mit der Maßnahme geht Mercedes weiter das Risiko ein, dass die beiden Fahrer, zwischen denen es auf der Strecke arg knistert, wieder kollidieren. "Aber das ist doch gut, da gibt es zumindest etwas, über das man reden kann", findet Sebastian Vettel. Überhaupt sieht er den Unfall nicht dramatisch: "Am Ende war es ein Rennunfall. Es ist nicht das erste Mal, dass zwei Autos zusammenstoßen und dass die Fahrer unterschiedlicher Meinung sind. Nur der Fakt, dass sie Teamkollegen sind, macht es spektakulärer."