Lotus: Formel 1 muss Geschäftsmodell überdenken

Das Lotus-Team bangt weiter um die Rettung durch Renault - Federico Gastaldi fordert Formel-1-Management zu nachhaltigerem Geschäftsmodell auf

(Motorsport-Total.com) - Die Zweiteilung zwischen arm und reich nimmt im Formel-1-Fahrerlager immer größere Formen an. Lotus hofft, mittels eines Verkaufs an Renault wieder in die reichere Hälfte aufzurücken. Selbst wenn es dazu kommen sollte: Die harte Zeit als privates Team geht auch am Enstone-Rennstall nicht spurlos vorbei. Und so fordert der stellvertretende Teamchef Federico Gastaldi die kommerziellen Rechteinhaber zum Umdenken auf: Die Veranstalter sollten nicht länger gemolken, sondern unterstützt werden.

Titel-Bild zur News: Federico Gastaldi

Federico Gastaldi mahnt die Formel 1 zu mehr Nachhaltigkeit Zoom

"Ich glaube, dass es lebenswichtig ist, dass die Formel 1 ihr Geschäftsmodell überdenkt", sagt der Argentinier. "Es gibt überall in diesem Sport so viele finanzielle Fragezeichen, sei es für die Teams oder für die Promoter, dass es schwer zu sagen ist, wo die Reise hingehen wird." Bislang haben die Rechteinhaber rund um Bernie Ecclestone an ihrem alten Erfolgsmodell festgehalten: Veranstalter müssen zweistellige Millionenbeträge zahlen, damit die Formel 1 vorbeischaut. Ein Teil der Einnahmen (TV-Gelder, Sponsoren-Einnahmen) wird dann an die Teams verteilt, der (üppige) Rest fließt in Ecclestones Firmengeflecht.

Das ging gut, solange die Teams reich waren, doch mittlerweile zeigen sich die Schattenseiten. Während die Formula One Ltd. Gewinne einfährt, gehen immer mehr Teams auf dem Zahnfleisch, Veranstalter schreiben Verluste, weil Fans ausbleiben. Mittlerweile ist es zur Gewohnheit geworden, dass der Kalender für die Saison - wenn überhaupt - erst zum Saisonauftakt in seiner finalen Form vorliegt.

Mehr für die Promoter tun

Dass die Situation für Teams ohne massive Geldgeber im Nacken verfahren ist, liegt aber auch an der Unfähigkeit der Rennställe, mit einer Stimme zu sprechen, dessen ist sich Gastaldi bewusst: "Ich weiß, dass sowohl Herr Ecclestone als auch die FIA versucht haben, die Dinge zu verändern. Und ich weiß auch, dass es nicht gerade leicht ist, mit den Teams zusammenzuarbeiten. Unsere Pläne unterscheiden sich zu sehr und sind immer mit dem Selbsterhaltungstrieb besetzt." Das Experiment der FOTA und der freiwilligen Kostenkontrolle scheiterte kläglich.

"Zusätzlich, und das habe ich schon vorher gesagt, müssen wir - alle von uns - alles tun, um den Veranstaltern zu helfen, Tickets zu verkaufen. Wo wären wir ohne die Fans?", so Gastaldi weiter. Bislang werden die Fans vom Management der Formel 1 als gegeben hingenommen. Doch selbst in Kernländern wie Brasilien bleiben mittlerweile Tribünenplätze leer, in Deutschland hat das finanzielle Risiko der Austragung eines Formel-1-Laufes gar zur Rennabsage geführt. Dass Gastaldis Aufruf Anklang findet, bleibt jedoch zu bezweifeln.


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Auch bei Verkauf: Lopez bleibt an Bord

Das Lotus-Team selbst hängt weiterhin in der Renault-Warteschleife. Die Zeit als Teambesitzer neigt sich für Gerard Lopez zwangsläufig dem Ende entgegen - die Optionen heißen aktuell Verkauf oder Insolvenz. Sollte es zu einem guten Ende kommen, wird der Luxemburger dem Fahrerlager trotzdem erhalten bleiben, wie er 'Sky Sports' erklärt: "Sie haben mich drum gebeten, an Bord zu bleiben. Sollte er Deal stattfinden, werde ich dieser Bitte nachkommen."

Nach dem Einstieg von Lopez mit seiner Investmentgesellschaft Genii Capital machte er zunächst Nägel mit Köpfen: Für die Jahre 2012 und 2013 wurde ein siegfähiges Auto entwickelt, zudem lotste er Kimi Räikkönen in die Formel 1 zurück. Tatsächlich erzielte das Lotus-Team zwei Siege und eine Reihe von Podiumsplätzen. Doch man hatte über seine Verhältnisse gelebt: Räikkönen wurde so erfolgreich, dass man seine Prämien nicht mehr auszahlen konnte. Eric Boullier, James Allison, Kimi Räikkönen: Immer mehr Personal verließ Enstone und heuerte bei anderen Teams an.

Bernie Ecclestone

Gerard Lopez, hier mit Bernie Ecclestone, würde bei Renault bleiben Zoom

Dennoch sieht Lopez seine Zeit als Teambesitzer in positivem Licht: "Ich werde auf ein großartiges Abenteuer zurückschauen. Wir haben ein Team übernommen, das auf Platz acht in der Weltmeisterschaft lag, und haben Rennen gewonnen und 23 Podiumsplätze geholt. Ich bin sehr stolz auf das, was dieses Team erzielt hat." Doch der Erfolg hatte seinen Preis: Nach jahrelangen Verlusten muss Genii verkaufen, um zumindest finanziell zu retten, was noch zu retten ist. Ein Verkauf von 35 Prozent des Teams an den arabischen Investor Quantum scheiterte zwischen 2013 und 2014 spektakulär.