• 14.11.2015 20:08

  • von Dominik Sharaf

Hinterbänkler holt neuen Chef: "Lügenbaron", nicht Alex Wurz

Ex-McLaren-Sportdirektor Dave Ryan, bekannt durch den "Liegate", wird Rennleiter bei Manor-Marussia - Alexander Wurz soll Teamchef-Rolle abgelehnt haben

(Motorsport-Total.com) - Spektakuläre Personalentscheidungen bei Manor-Marussia: Der Hinterbänkler gab am Samstag am Rande des Brasilien-Grand-Prix bekannt, Dave Ryan als neuen Rennleiter verpflichtet zu haben. Der Brite hat eine ambivalente Vorgeschichte. Zudem soll Ex-Formel-1-Pilot Alexander Wurz die Rolle des Teamchefs angeboten worden sein. Der Österreicher sagt: "Man ist an mich herangetreten. Mir wäre lieber, dass es nicht bekannt geworden wäre, aber ich kann es nicht abstreiten." Nichtsdestotrotz soll Wurz bereits abgelehnt haben.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Wurz wurde mit Manor-Marussia in Verbindung gebracht Zoom

Ryan geriet 2009 in die Schlagzeilen, als er als McLaren-Sportdirektor gefeuert wurde. Hintergrund war damals die so genannte "Liegate"-Affäre um Lewis Hamilton, der beim Australien-Grand-Prix Jarno Trulli während einer Safety-Car-Phase absichtlich hatte passieren lassen und es in Kauf nahm, dass der Toyota-Pilot dafür bestraft wurde. Ryan behauptete, die Anweisung im Funk nicht erteilt zu haben, was abgehörte Funksprüche als Lüge entlarvten. Er verstieß damit gegen den Internationalen Sportkodex, kassierte von McLaren jedoch eine üppige Abfindung.

In der Szene hält sich hartnäckig das Gerücht, er habe nur den Sündenbock spielen müssen. Nichtsdestotrotz verfügt der 61-jährige Neuseeländer über eine prominente Vita in der Formel 1, schließlich war er in verschiedenen Funktionen an vielen Titeln der McLaren-Mannschaft beteiligt. In Woking begann er 1974 auch seine Laufbahn als einfacher Mechaniker. Zuletzt hob Ryan ein eigenes Sportwagen-Team aus der Taufe, das in der Blancpain-Serie Erfolge feiert.

Bei Manor-Marussia soll er auf dem neugeschaffenen Posten eine übergeordnete Rolle im Geschäft an der Rennstrecke einnehmen. Besitzer Stephen Fitzpatrick spricht in Zusammenhang mit der Mercedes-Antriebspartnerschaft und der Williams-Technikkooperation ab 2017 von einem "wichtigen Schritt" auf dem Weg zu einer konkurrenzfähigen Formel-1-Mannschaft. Ryan erkennt eine "starke Basis" und rechnet mit "großen Fortschritten".

Dass Wurz tatsächlich neuer Teamchef wird, schien nur vor dem Hintergrund seines vor wenigen Tagen angekündigten Rücktritts vom aktiven Motorsport überhaupt denkbar. Der 41-Jährige, der in seiner Karriere 69 Formel-1-Rennen bestritt und dreimal auf dem Podium stand, hielt als Williams-Fahrercoach und als Chef der Fahrergewerkschaft Grand Prix Drivers Association (GPDA) immer den Kontakt zur Szene. Interesse an einem Job bei Manor-Marussia scheint er nicht zu haben.


Fotostrecke: Alex Wurz: Eine bewegte Karriere

Manor-Marussia benötigt neues Führungspersonal nachdem Sportdirektor Graeme Lowdon und Teamchef John Booth ihren Rückzug zum Saisonende ankündigten - offenbar aus freien Stücken. Die langjährigen Verantwortlichen des Teams sollen sich mit Fitzpatrick überworfen haben, weil der nordirische Selfmademan zunehmend Entscheidungen über ihren Kopf hinweg fällte und Vertrauen verloren ging.