• 20.04.2015 17:22

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Tankstopps wieder erlauben? Fans wünschen es sehnlichst

Mehr Rennaction, aber auch zusätzliche Kosten und ein Argumentationsproblem: Die Formel-1-Verantwortlichen stehen dem Nachtanken skeptisch gegenüber

(Motorsport-Total.com) - Die Leser von 'Motorsport-Total.com' formulieren einen klaren Wunsch: In einer Umfrage mit 6.804 abgegebenen Stimmen wünschen sich 65,23 Prozent, dass in der Formel 1 das Nachtanken während des Rennens wieder erlaubt wird. Obwohl damit zwei von drei Fans der Rückkehr der Tankstopps positiv gegenüberstehen, gibt es offenbar wenig Hoffnung, dass daraus Realität wird. "Die Gründe, dass sie verschwunden sind, waren damals schlüssig", erklärt Renault-Technikchef Rob White.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Dass Nachtanken in der Formel 1 letztmals erlaubt war, ist sechs Jahre her Zoom

Er meint die Regelnovelle vor der Saison 2010: Damals wurde das Nachfüllen von Sprit erstmals seit dem Jahr 1993 wieder untersagt. Es ging darum, der Königsklasse einen "grüneren" Anstrich zu verleihen, allen voran aber um Kostensenkung. "Es gäbe eine Verbesserung der Show, wenn das Nachtanken erlaubt wäre, aber es gibt noch die gleichen Gründe, die dagegen sprechen", überlegt White. "Es braucht viel Ausrüstung und mehr Leute für Boxenstopps. Ich bin unentschieden und schreie nicht danach."

Ob es der Action wirklich förderlich wäre? Auch zu Zeiten des Nachtankens stöhnten viele Kritiker über Langeweile am Sonntagnachmittag, obwohl es sich die Piloten in Kombination mit den damals verwendeten Bridgestone-Reifen erlauben konnten, permanent Qualifying-Runden zu fahren. Es gibt eine weitere Unwägbarkeit: An Nachtanken hat bei der Formulierung des aktuellen Formel-1-Regelgestrüpps niemand gedacht. Risiken und Nebenwirkungen sind kaum absehbar, wenn nicht alles über den Haufen geworfen wird.

Ein philosophisches und ein Marketing-Problem

White unterstreicht: "Das Sportliche Reglement wurde auf der Basis konzipiert, dass es keine Tankstopps gibt. Also ist es schwierig, das isoliert zu betrachten." Auch Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene sieht nicht, dass es mit dem Ändern eines Satzes getan wäre, um den Sprit während der Rennen wieder fließen zu lassen. Er warnt vor einem Mammutprojekt: "Das würde bedeuten, dass wir tiefgreifende Regeländerungen, auch bezüglich des Antriebs, anstrengen. Es geht aber auch um das Chassis."

Hinzu kommt ein philosophisches Problem: Wieso einen hochkomplizierten Antrieb konstruieren, der einen signifikanten Teil seiner Power aus Energie-Rückgewinnungssystemen bezieht, wenn auch nachgetankt werden darf? Hinzu kommt, dass das 100-Kilogramm-Spritlimit als große Errungenschaft im Kampf um die gesellschaftliche Akzeptanz der Formel 1 gefeiert wurde. "Persönlich habe ich auch den Eindruck, dass die derzeitigen Regeln sehr gut verständlich sind", schlägt White die Tür zu.


Fotostrecke: Die zehn denkwürdigsten F1-Regeländerungen

Weniger beliebt als eine Wiedereinführung des Nachtankens waren in der 'Motorsport-Total.com'-Umfrage vier andere Regeln aus der Vergangenheit der Königsklasse: 12,86 Prozent sprechen sich dafür aus, der Nutzung eines Ersatzautos - des so genannten "T-Cars" - zu Rennbeginn eine zweite Chance zu geben. Für 10,38 Prozent gehört das Einzelzeitfahren im Qualifying wieder auf die Tagesordnung, 9,61 Prozent liebäugeln mit dem Stallorder-Verbot und nur 1,93 Prozent würden die Streichresultate in der WM-Gesamtwertung wieder aufwärmen.