• 12.04.2015 16:49

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Formel-1-Technik: Mercedes mit neuem Flügel in China

Für Mercedes war es eine herbe Niederlage gegen Ferrari in Malaysia - Deswegen hat das Team neue Updates mit nach China gebracht, war damit aber nicht allein

(Motorsport-Total.com) - Obwohl zwischen den beiden direkt aufeinander folgenden Rennen in Malaysia und China nicht viel Zeit blieb, haben die Formel-1-Teams trotzdem eine überraschend große Anzahl an neuen Teilen mit nach Schanghai gebracht, allen voran Mercedes. Auch wenn in China das Hauptaugenmerk auf dem richtigen Reifenmanagement und dem Kühlen der Bremsen liegt, arbeiten einige Teams hart daran, die sogenannte Melbourne-Spezifikation an ihren Fahrzeugen zu verbessern.

Titel-Bild zur News: Frontflügel Mercedes Lewis Hamilton

Der neue Frontflügel am Mercedes ist die auffälligste Änderung Zoom

Nach dem bösen Erwachen durch die Niederlage gegen Ferrari in Malaysia hat Mercedes jetzt einen neuen Frontflügel mit an die Strecke nach Schanghai gebracht, der eine deutliche Weiterentwicklung im Design im Vergleich zu den bisherigen Varianten ist. Es ist eine Weiterentwicklung des Flügels aus dem vergangenen Jahr, entsprechend hat er das Design für die aktuelle Saison. Auch wenn er auf den ersten Blick ähnlich aussieht, unterscheidet er sich vor allem im äußeren Bereich eminent.

Die Form entspricht einer einzigartigen kantigen Wölbung, die sich von den konventioneller geformten Teilen im Inneren des Flügels unterscheidet. Damit schlägt Mercedes einen ähnlichen Weg wie Ferrari mit seinem Frontflügel ein. Auch hier ist die Fläche in einen inneren und äußeren Teil untergliedert. Dadurch kann der äußere Teil des Flügels mit seinen sechs Elementen direkt vor dem Vorderreifen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: zum einen Abtrieb erzeugen und zum anderen die Luftströmung am Reifen vorbei leiten.

Gewaltiger Entwicklungsschritt bei Mercedes

Das vierteilige innere Segment des Flügels ist dagegen deutlich weniger aggressiv gestaltet. Hier sorgen nur die Spitzen für die Y250-Verwirbelungen und drücken so den Luftstrom der Räder von der Mitte des Autos weg. Der ungewöhnliche äußere Teil des Flügels kann am besten verstanden werden, wenn man das Fahrzeug von hinten betrachtet. Der Tunnel, der erzeugt wird, formt einen kräftigen Strudel, der am Vorderreifen vorbei läuft. Das ist ein gewaltiger Entwicklungsschritt im Design des Frontflügels.

Möglicherweise hat Mercedes dafür einen abenteuerlichen Pfad gewählt, denn dafür hat man nicht die angeblasenen Frontachsen, wie es die Konkurrenz hat. Das sorgt ansonsten dafür, dass die Wirbelströme der Vorderreifen vom Auto ferngehalten werden. In Verbindung mit dem neuen Frontflügel hat Mercedes auch gleich die vorderen Bremsschächte entsprechend verbessert. Außerdem wurde für die Hochgeschwindigkeits-Geraden in Schanghai noch ein Heckflügel mit weniger Luftwiderstand montiert. Mit dreieckigen Einkerbungen wird dabei der Widerstand verringert.

Nico Rosberg Heckflügel China 2015

Am Heckflügel von Nico Rosberg sind die Einkerbungen gut zu erkennen Zoom

Bei Ferrari blieb man dagegen bei der erfolgreichen Spezifikation aus Malaysia. Lediglich dem Heckbereich hat man für Schanghai ein etwas schmaleres Bodykit verpasst. Da es in China kühler ist und die langen Geraden weniger Luftwiderstand brauchen, ist die Karosserie um den Auspuff herum deutlich niedriger und schmaler. Das reduziert zwar die Möglichkeit der Kühlung im Heck, erhöht dafür aber die aerodynamische Effizienz.

Red Bull kehrt zu Brembo zurück

Bei Red Bull erkennt man auf den ersten Blick keine Veränderung. Das Team hat aber eine wichtige Entwicklung beim Material der Bremsen vorgenommen und ist zurück zum Hersteller Brembo. Die Scheiben und Klötze der Italiener waren in den vergangenen Jahren nicht sehr beliebt, denn sie hatten scheinbar keine konstant gute Qualität. Doch das Material ist weniger empfindlich, was Temperaturen betrifft. Entsprechend muss man in nassen oder trockenen Bedingungen weniger Einstellungen an ihr vornehmen.

Am Auto selbst wechselte Red Bull den hinteren Flügel, um das beste Setup für die Geraden zu finden. Dabei wurde der ältere Flügel mit einem vertikalen Schlitz gegenüber dem mit neuer Endplatte und mehreren komplizierteren, vertikalen Schlitzen bevorzugt. Am Frontflügel wurde eine neue Schaufel auf der Endplatte ausprobiert. Die Schaufel ist rechtwinkliger und hat ein Loch an der unteren Kante, um die Flügelelemente im Inneren freizulegen. Jetzt hat sie eine abgewinkelte Hinterkante und keine tieferen Aussparungen.

Red Bull Heckflügel Kerbe

Red Bulls Heckflügel mit nur einer Kerbe im Detail Zoom

Genau wie Ferrari hat auch Williams seine bereits sehr kompakte Verkleidung im Fahrzeugheck nochmals enger gestaltet, um den Motor und den Bereich um den Auspuff noch etwas schmaler zu bekommen. Im Freien Training hat man außerdem einen neuen Frontflügel ausprobiert. Entgegen der großen Veränderung bei Mercedes handelt es sich dabei aber nur um eine einfache Weiterentwicklung des vorhandenen Flügels.

Williams: Evolution statt Revolution

Auch wenn man beide nebeneinander sieht, sind die Unterschiede kaum zu erkennen. Der neue Flügel hat unten eine andere Anordnung des Gitterrahmens: drei auf der einen und nur zwei auf der anderen Seite. Neben diesen sichtbaren Veränderungen könnten aber auch in der Konstruktion der inneren Struktur des Flügels Veränderungen vorgenommen worden sein.

Da die Arbeit im Windkanal aus Kostengründen stark eingeschränkt wurde, basiert der C34 von Sauber augenscheinlich auf dem Vorgänger aus dem vergangenen Jahr. Entsprechend überraschend kam jetzt die Einführung eines neuen Frontflügels. Eigentlich war das erst für Barcelona geplant. Das Design des Flügels war zwar schon lange abgesegnet, wurde in der Produktion aber noch zurückgestellt. Elliot Dason-Barber, Leiter der Fahrzeug-Performance, konnte den Einsatz dann aber schon auf Bahrain und jetzt auf Schanghai vorverlegen. Der Flügel ist eine Veränderung von einem einfachen Vier-Elemente-Design hin zu einem deutlich zeitgemäßeren Fünf-Elemente-Setup.

Marcus Ericsson

Fuhr mit dem neuen Frontflügel in die Punkte: Marcus Ericsson Zoom

Die Hauptplatte besteht dabei aus zwei Elementen und einer ganzen Bandbreite an Flügeln, die sich in drei weitere Abschnitte unterteilen. Während die Kaskaden und die äußeren Teile einen ähnlichen Ausströmungskanal wie beim alten Flügel bilden, ist es die vergrößerte Arbeitsfläche und die härter arbeitenden Spitzen in der Innenseite, die für die Y250-Verwirbelungen zuständig sind, die das neue Design vom alten unterscheidet. Der neue Flügel wurde auch noch an einige subtile Veränderungen der Bremsschächte angepasst.

Mehr e-Power für McLaren

Bei McLaren hat man wieder mehr Leistung für die Honda-Antriebseinheit gesucht. Kein Zweifel helfen dabei die kühleren Bedingungen in China. Aber es gibt auch überarbeitete Teile um das ERS herum, die es ermöglichen, mehr elektrische Leistung zu erzeugen und zu nutzen. Neben den Updates für das Chassis gibt es aber auch noch neue Teile für die Bremsschächte. Auch wenn es nicht direkt mit dem Kühlen der Bremsen zu tun hat, gibt es im Inneren einen kleinen horizontalen Spalt, um die durch den Frontflügel verursachten Luftverwirbelungen besser kanalisieren zu können.

Manor dagegen hat es erstmals geschafft, beide Fahrzeuge gleichzeitig an den Start zu bringen. Entsprechend wurde hier das Augenmerk auf die Updates im Setup gelegt. Deshalb waren keine neuen Teile am Auto und dem Übergangs-Chassis zu sehen. Wenn man aber die Schritte von Sauber mit dem 2015er-Ferrari-Motor sieht, die sie mit einem ziemlich unveränderten Chassis gemacht haben, wird Manor seine Konzentration jetzt wohl auf die Konstruktion des neuen Autos richten, da man die neue Antriebseinheit inzwischen ebenfalls hat.

Manor-Marussia

Keine neuen Teile, dafür viel Setup-Arbeit bei Manor in China Zoom

Die Design-Arbeit am aktuellen Fahrzeug war bereits recht weit fortgeschritten, ehe man vergangenes Jahr in finanzielle Probleme geriet. Entsprechend wird dieser Prozess jetzt vollendet und die entsprechenden Teile hergestellt, um dann ein vielversprechend aussehendes neues Auto zu bringen.