Surer: Mit Sicherheit keine Absicht von Rosberg

Formel-1-Experte Marc Surer unterstellt Nico Rosberg kein hartes Manöver bei der Berührung mit Lewis Hamilton - Teamprobleme ja, WM-Gefährdung nein

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix von Belgien nahm vom Anfang an Fahrt auf und erlebte seinen Höhepunkt eigentlich schon in der zweiten Runde, als Nico Rosbergs Überholversuch an Lewis Hamilton missglückte und sich die Teamkollegen berührten. Das Duell der beiden Titelaspiranten wird nun heißer denn je diskutiert und Mercedes gerät mit seiner "Freie-Fahrt"-Philosophie in Erklärungsnot. Formel-1-Experte Marc Surer sieht in dem Vorfall von Spa einen Rennunfall, der nicht passieren darf, aber auch kaum zu vermeiden war.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Kommt Nico Rosberg bei Mercedes mit einer Rüge davon? Zoom

"Rosberg geht auf die Außenbahn und versucht dort, vorbeizufahren", erklärt Surer die entscheidende Szene des Rennens in Spa. "Er will dann zurückstecken und berührt seinen Teamkollegen am Hinterrad. Hamilton ist etwa zwei Meter vorne und dann ist es natürlich auch Hamiltons Kurve. Er darf die Ideallinie fahren. Man hat auch gesehen, wie Rosberg versucht, mitzuziehen. Er will dann zurückstecken und berührt ihn."

Hamilton trifft also gar keine Schuld, Rosberg laut Surer nur eine bedingte: "Das darf nicht passieren. Unter Teamkollegen darf so etwas nicht vorkommen. Ich muss aber zur Entschuldigung von Rosberg sagen, dass er den Frontflügel gar nicht sehen kann. Aus dem Cockpit siehst du nur die Oberfläche der Vorderreifen. Und er hat ja zurückgesteckt, er wollte zurück. Er hat mit Sicherheit nicht mit Absicht den Reifen aufgeschlitzt."

Für das Team ist es der Horror

Was bedeutet das aber für das teaminterne Duell und wie wird die Teamführung mit diesem erneuten Aneinandergeraten ihrer Fahrer umgehen? "Das ist ja genau der Horror, den das Team nicht will, dass sich die beiden gegenseitig aus dem Weg räumen. In dem Fall ist einmal der Flügel kaputt und auf der anderen Seite der Reifen. Der Flügel war jetzt nicht so schlimm, aber schlussendlich haben sie wegen genau dieser Situation das Rennen nicht gewonnen. Ich denke, intern wird es dafür zumindest eine gelbe Karte geben."

Der ehemalige Grand-Prix-Pilot Surer kann sich aber in die Hauptcharaktere des aktuellen WM-Kampfes hineinversetzen und hätte wohl ähnlich wie Rosberg agiert: "Das war Instinkt. Ein Rennfahrer ist schneller, kommt aus dem Windschatten heraus und versucht es halt mal. Er hat ja wirklich keinen bösen Krawall-Versucht gemacht, sondern hat sich einfach mal daneben gesetzt und geschaut, ob es eine Lücke gibt. Die gab es nicht, dann wollte er zurück und dabei ist ihm der Fehler passiert. Ich verstehe das. Wenn ein Rennfahrer das nicht versucht, ist er kein Rennfahrer."

Den Frust von Hamilton kann Surer aber selbstverständlich auch verstehen, auch wenn er denkt, dass dieser in spätestens zwei Wochen verflogen sein wird: "Das hält nur bis zum nächsten Training an. Sobald du wieder im Auto sitzt, willst du der Schnellste sein. Lewis ist ein Racer, das heißt, er sieht nur den Sieg. Deswegen wird er wieder alles geben, sobald er wieder im Auto sitzt. Die Weltmeisterschaft ist eine Geschichte, aber wenn du ein Rennen fährst, willst du das Rennen gewinnen. Ob er jetzt in den Punkten zurückliegt oder nicht - beim nächsten Rennen will er einfach gewinnen."


Fotos: Großer Preis von Belgien


Chance für Ricciardo?

Nach Punkten liegt Hamilton, der nun schon zum dritten Mal in dieser Saison leer ausging, nun wieder 29 Zähler hinter Rosberg. Dahinter kommt Spa-Sieger Daniel Ricciardo dank seines dritten Saison-Erfolges mit großen Schritten näher. Nur noch 35 Punkte trennen den Australier vom Briten. Bei Red Bull könnten damit wieder Hoffnung auf den Fahrertitel entstehen, falls Mercedes sich weiterhin selbst behindert.

"Das wäre der Wahnsinn", so Surer. "Ich kann es mir fast nicht vorstellen. Aber natürlich, wenn man sich die Punkteverteilung der letzten Rennen anschaut, dann könnte man sagen, wenn die so weiter machen, dann ist das möglich. Ich glaube aber nicht. Es wird wieder Rennen geben, wo sie ganz klar dominieren werden, ganz alleine vorne weg fahren. Man kann natürlich drauf hoffen - Red Bull muss das wohl auch."