Trotz Kompromiss nach Defekt: Hamilton träumt vom Heimsieg

Lewis Hamilton muss sich aufgrund des Motorschadens vom Freitag einen neuen Fahrplan für Samstag zurechtlegen - Daten von Nico Rosberg bringen nichts

(Motorsport-Total.com) - So hatte sich Lewis Hamilton den Auftakt in das Rennwochenende auf heimischem Boden nicht vorgestellt. Nach 60 der 90 Minuten des zweiten Freien Trainings musste der Brite seinen Mercedes mit Motorschaden abstellen. Nach ersten Informationen des Teams war es ein Öldruckverlust, der den V6-Turbo mit dem Stern lahmlegte.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton muss seine Rennsimulation am Samstagvormittag nachholen Zoom

Eine Rückversetzung in der Startaufstellung muss Hamilton nicht befürchten, denn es handelte sich laut Paddy Lowe nicht um den Rennmotor. Dennoch: Die Vorbereitungen auf den möglichen zweiten Heimsieg nach 2008 haben für den aktuellen WM-Zweiten einen Dämpfer erhalten. Weil der Motorschaden auf der ersten Runde eines geplanten Longruns passierte, muss Hamilton seine Rennsimulation nun im dritten Freien Training am Samstagvormittag nachholen. "Ich habe rund 20 Runden verloren, wenn es darum geht herauszufinden, wie sich das Auto mit vollen Tanks verhält", ärgert sich der Brite

"Jetzt muss ich wohl einen Kompromiss eingehen und schauen, dass ich morgen noch einen Longrun hinlegen kann. Noch weiß ich jedenfalls nicht, wie ich die Bremsbalance fürs Rennen einstellen muss, wie das Differenzial eingestellt werden muss und so weiter. Es ist aber okay. Ich bin ein Profi und werde es hinbekommen", so Hamilton über sein notgedrungen angepasstes Programm für den Samstagvormittag.

Rosbergs Longrun-Daten für Hamilton keine Hilfe

Die Longrun-Daten von Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg helfen Hamilton in diesem Zusammenhang auch nicht weiter, wie er betont: "Das ist keine echte Hilfe, denn wir haben komplett verschiedene Fahrstile. Die Daten helfen also nicht, wenn es darum geht, wie man die Bremsbalance einstellen will oder in welchen Kurven man lupfen will, um Sprit zu sparen. Das alles sind Dinge, die man selbst im Training ausprobieren muss."

"So gesehen wird es für mich nicht einfach, aber es ist okay. Ich habe keine Ahnung, warum ständig an meinem Auto etwas kaputt geht. Wir werden das Problem beheben. Den Longrun hätte ich aber echt gut gebrauchen können", seufzt der Lokalmatador, der sein Heimspiel mit 29 Punkten Rückstand auf Teamkollege und WM-Spitzenreiter Rosberg in Angriff nimmt.

Nico Rosberg

Nico Rosberg spulte am Freitag 24 Runden mehr als der liegengebliebene Hamilton ab Zoom

Für Rosberg, der sich am Nachmittag mit 0,228 Sekunden Rückstand auf Hamilton als Zweitschnellster einreihte, dafür aber seinen Longrun planmäßig durchziehen konnte, war es "ein sehr produktiver Tag. Das Auto fühlte sich wirklich großartig an. Ich blicke dem Wochenende optimistisch entgegen. Wir scheinen hier sehr schnell zu sein und auch mein Longrun am späten Nachmittag war sehr gut."

"Die Streckenverhältnisse waren recht knifflig. Es herrschte recht starker Rückenwind, wodurch es in einigen Kurven ziemlich schwierig war, den richtigen Bremspunkt zu finden", so Rosberg. Den Motorschaden am Auto von Hamilton bezeichnet der WM-Spitzenreiter als "keine guten Nachrichten" und hofft, dass das Team das Zuverlässigkeitsproblem "für den Rest des Wochenendes beheben" kann.

"Tag voller gemischter Gefühle" für das Team

"Wir erlebten heute einen Tag voller gemischter Gefühle hier in Silverstone", fasst Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zusammen. "Unsere Fahrer sahen in beiden Trainings konkurrenzfähig aus, aber es war ärgerlich, dass Lewis sein Programm heute Nachmittag wegen eines Motorproblems nicht beenden konnte. Nico absolvierte sein normales Programm und fuhr einige gute Longruns. Jetzt werden wir heute Abend hart arbeiten, um sicherzustellen, dass wir morgen und am Sonntag eine konkurrenzfähige und zuverlässige Performance zeigen können."

Geschäftsführer Technik, Paddy Lowe, ergänzt: "Trotz einiger Unterbrechungen durch Gelbe und Rote Flaggen konnten wir im ersten Training viele nützliche Hausaufgaben erledigen. Angesichts des drohenden Regens absolvierten beide Fahrer längere Runs als üblich mit viel Benzin an Bord. Im zweiten Training konnten Lewis und Nico konkurrenzfähige Runs mit beiden Reifenmischungen, also sowohl dem Prime- als auch dem Option-Reifen, zurücklegen. Leider blieb Lewis dann mit einem Motorproblem stehen, als er gerade seinen Longrun mit dem Option-Reifen beginnen wollte. Die Ursache des Problems müssen wir noch genau diagnostizieren. Das Problem kostete ihn leider die Runs mit viel Benzin in dieser Session."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Großbritannien, Freitag


"Allerdings hatten wir ohnehin geplant, diese Antriebseinheit über Nacht zu wechseln. Somit sollte dies keinen direkten Einfluss auf sein morgiges Programm haben", sagt Lowe über den Motorschaden am Hamilton-Auto und spannt den Bogen zu Rosberg: "Nico spulte sein geplantes Programm für diese Session ab. Die Pace beider Autos scheint stark zu sein. Dennoch haben wir heute Abend noch viel Arbeit vor uns, um eine perfekte Balance zu finden. Diese Aufgabe wird nicht nur durch die windigen Bedingungen erschwert. Es ist auch schwierig, das Beste aus den Reifen auf einer Runde herauszuholen. Der Grund dafür ist die Vielzahl an langsamen und schnellen Kurven hier in Silverstone."

Hamilton träumt weiter vom zweiten Heimsieg

Was Hamilton betrifft, so ist für ihn eine Wiederholung seines Husarenritts von vor sechs Jahren durch die Probleme am Freitag nicht gerade einfacher geworden. "Mein Heimsieg 2008 war einer der drei besten Momente meiner Karriere, wenn er nicht sogar noch weiter oben angesiedelt ist. Wenn man sich an die Umstände erinnert, die ständig wechselnden Witterungsbedingungen, dann war es auf jeden Fall das beste Rennen, das ich je gefahren bin", schwärmt der Brite noch heute von seiner Silverstone-Triumphfahrt 2008 am Steuer des McLaren-Mercedes MP4/24.

Lewis Hamilton

Lokalmatador Hamilton würde seine Triumphfahrt von 2008 gerne wiederholen Zoom

Nur zu gerne würde Hamilton das Gefühl von damals am Sonntag ein zweites Mal genießen: "Ich bin sehr stolz, den Union Jack zu tragen, vor allem hier. Zu wissen, dass ich ein Auto habe, mit dem ich um den Sieg mitfahren kann, ist ein unglaubliches Gefühl. Es gibt einfach nichts besseres, als auf diesem Podium ganz oben zu stehen, die goldene Trophäe in Empfang zu nehmen, während über einem die britische Flagge weht und darunter die Fans jubeln. Soweit ich das beurteilen kann, lässt sich dieses Gefühl wohl am ehesten mit dem vergleichen, das man beim Gewinn einer olympischen Goldmedaille verspürt", sagt Hamilton und hat den Traum vom zweiten Heimsieg noch lange nicht aufgegeben.