• 10.03.2014 14:21

  • von Timo Pape

Das Ende der Vettel-Dominanz?

Am kommenden Wochenende beginnt die neue Formel-1-Saison 2014 in Melbourne - Tatsächlich könnten die Regeländerungen Sebastian Vettels Dominanz brechen

(Motorsport-Total.com/SID) - Lärm. Gestank. Bebender Asphalt. Fragt man Sebastian Vettel nach den Schlüsselreizen der Formel 1, wird der Weltmeister zum Traditionalisten. Ein Fan der neuen, leiseren Motoren ist Vettel folglich nicht. "Die Formel 1 muss Krach machen und Power haben", findet der 26-Jährige, die Verkleinerung der Motoren sei deshalb "schade".

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel zählt zum Saisonauftakt ausnahmsweise nicht zu den Favoriten Zoom

Doch vor dem Start der neuen Saison am Sonntag in Melbourne ist der veränderte Klang der Boliden das kleinste Problem des Red-Bull-Piloten. Denn die Regeländerungen für das Jahr 2014 sind noch viel tiefgreifender, und keinem Spitzenteam versetzten sie einen solchen Schlag wie Red Bull. Vettel spricht in diesem Zusammenhang gerne von Raketenwissenschaften: "Alles ist neu, alles hängt irgendwie miteinander zusammen. Wenn eine Kleinigkeit nicht stimmt, hat man gleich große Schwierigkeiten."

Sechszylinder-Turbo statt Achtzylinder-Saugmotoren, ein völlig neues Hybridsystem, grundlegende Änderungen bei der Aerodynamik - und dazu empfindliche Beschränkungen beim Spritverbrauch. Das sind lediglich die Eckpfeiler des neuen, vom Weltverband FIA verordneten Reglements. Alle Rennställe starten damit bei null, müssen das Fahren neu lernen, doch Mercedes und Ferrari kommen besser klar als Red Bull - das haben die Testfahrten in Jerez und Bahrain gezeigt.

Red Bull im Hintertreffen

Zumindest in den ersten Saisonläufen dürfte sich damit ein Szenario bewahrheiten, welches die Konkurrenten schon im Laufe des vergangenen Jahres immer wieder beschworen haben: Das neue Reglement könnte endlich die Dominanz von Seriensieger Vettel brechen. Denn Red-Bull-Motorenlieferant Renault bekam seine Probleme zuletzt kaum in den Griff.

Vor allem die Abstimmung von Benzin- und Elektromotoren bereitete den Franzosen bis dato große Sorgen, denn auch diese ist deutlich komplizierter als in der vergangenen Saison: Die Energierückgewinnung wird nun nicht mehr allein aus der kinetischen Bremsenergie gespeist, auch die Wärmeenergie aus den Auspuffgasen wird nun genutzt - aus KERS (Kinetic Energy Recovery System) wird damit ERS (Energy Recovery System).


Fotos: Sebastian Vettel, Testfahrten in Sachir


Die Konkurrenz nutzte ihren Vorteil bislang für zahlreiche Testrunden, und aus viel Zeit auf der Strecke wurde ein beachtlicher Wissensvorsprung. So absolvierte Mercedes bereits einige komplette Rennsimulationen, in denen Nico Rosberg und sein Team etwa Erfahrungswerte mit den vorgeschriebenen Veränderungen an Front- und Heckflügeln sammelten. Diese wurden nämlich "gestutzt" wie Vettel es nennt, "das ist ein Rückschritt. Wir rutschen jetzt viel mehr."

"Ständig Vollgas ist nicht mehr drin, man kann es gerne probieren, aber dann sieht man die Zielflagge nicht." Sebastian Vettel

Vettel als Fahrer gefordert

Und auch beim Umgang mit dem neuen Spritlimit von 100 kg pro Rennen ist jeder Testkilometer wertvoll. Vettel rechnet mit bösen Überraschungen. "Ständig Vollgas ist nicht mehr drin", sagt der Weltmeister, "man kann es gerne probieren, aber dann sieht man die Zielflagge nicht."

Immerhin, wegen all dieser Änderungen wird es 2014 in großem Maße auf die Fahrer ankommen. Ein Lichtblick für Vettel. Auch der viermalige Weltmeister Alain Prost, Motorsport-Berater bei Renault, stimmt zu: "Der Fahrer wird viel mehr arbeiten müssen. Intelligente, neugierige und aufgeschlossene Fahrer werden klar im Vorteil sein." Eigenschaften, die Vettel in den vergangenen Jahren den Weg zu vier WM-Titeln ebneten.

"Der Fahrer wird viel mehr arbeiten müssen. Intelligente, neugierige und aufgeschlossene Fahrer werden klar im Vorteil sein." Alain Prost

Und selbst eine der umstrittensten Änderungen im Reglement könnte Vettel am Ende in die Karten spielen: Beim Saisonfinale in Abu Dhabi werden die Piloten um die doppelte Punktzahl kämpfen. "Das ist Unsinn", findet Vettel zwar genau wie viele seiner Kollegen. Doch am Ende könnte ein Rennstall mit Startschwierigkeiten möglicherweise davon profitieren.