• 29.10.2013 10:27

  • von Christian Sylt & Caroline Reid

Mangelnde Transparenz: Ward attackiert FIA erneut

Nächster Schlagabtausch im FIA-Präsidentschafts-Wahlkampf: Herausforderer David Ward wirft Jean Todt vor, dass die FIA gegen die IOC-Bedingungen verstößt

(Motorsport-Total.com) - FIA-Präsidentschaftskandidat David Ward wirft dem Senat der FIA in einem Brief vor, dass dessen Praktiken der Mitgliedschaft beim Internationalen Olympischen Komitee widerspricht. Im September wurde die FIA vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) als vollständiges Mitglied anerkannt. Dem war eine zweijährige Probezeit vorangegangen. Am Ende gab die FIA bekannt, dass "die IOC-Entscheidung bestätigt, dass die Statuten, Methoden und Tätigkeiten der FIA vollständig mit den Olympischen Charta übereinstimmen, darunter auch die Übernahme und Umsetzung des Welt-Anti-Doping-Kodexes." Ward hinterfragt nun in einem Brief an Senatspräsident Nick Craw vom 3. Oktober, ob dies wirklich der Fall sei.

Titel-Bild zur News: David Ward

David Ward will sich im Präsidentschafts-Wahlkampf gegen Jean Todt durchsetzen Zoom

Zentraler Punkt von Wards Anschuldigungen ist der Vorwurf mangelnder Transparenz in den jährlichen Geschäftsberichten der FIA. Die Geschäftsbücher der Haupt-Motorsport-Unternehmen in Europa weisen sogenannte Transaktionen mit verbundenen Parteien auf. Dabei handelt es sich um Zahlungen an und von Firmen oder Einzelpersonen, die in Beziehung zum Besitzer oder Geschäftsführer des Unternehmens stehen. Die FIA stellt eine Ausnahme darf, da ihre Geschäftsbücher diese Zahlungen nicht preisgeben.

Was Ward der FIA vorwirft

Ward verweist in seinem Brief auf Artikel 4.4 der Grundprinzipien der Olympischen und der Sportbewegung - demnach soll "'die Anwendung von international anerkannten Standards in allen Sportorganisationen stark vorangetrieben werden und stellt für einen internationalen Verband eine Bedingung dar.' Man bemerke die Formulierung des IOC, 'stellt für einen internationalen Verband eine Bedingung dar'. Meinen Sie nicht, dass die FIA als vom IOC vollständig anerkanntes Mitglied die internationalen Grundsätze des Rechnungswesens anwenden muss?"

Ward fügt hinzu, dass "ein Schlüsselelement der Führung und der Vermeidung von Interessenskonflikten die systematische Aufzeichnung von allen Transaktionen mit verbundenen Parteien ist. Der Internationale Rechnungslegungs-Standard 24, der sich auf Transaktionen mit verbundenen Parteien bezieht, beinhaltet alle relevanten Bedingungen." Craw meinte in seiner Antwort an Ward, dass die Berater der FIA bestätigten, dass die FIA in Wahrheit diesen Bedingungen, die als International Financial Reporting Standards (IFRS) bekannt sind, nicht entsprechen muss.

FIA-Sensatschef Craw: Ward-Anschuldigungen haltlos

"Die FIA-Geschäftsbücher sind zur Gänze transparent und werden jedes Jahr vorbehaltslos von PricewaterhouseCoopers - eine der vier größten weltweit tätigen, unabhängigen Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften - überprüft", sagt Craw. "PricewaterhouseCoopers ist absolut einverstanden mit den von der FIA angewendeten Buchführungsgrundsätzen und hat schriftlich bestätigt, dass sie die IFRS-Standards für eine Nonprofit-Organisation wie uns nicht für angemessen hält."

Die FIA hat ein Büro in Genf, aber das Hauptquartier befindet sich in Paris, wo sie die Geschäftsbücher nicht öffentlich zugänglich machen muss, da es sich um eine Nonprofit-Organisation handelt. Die Geschäftsbücher werden bei der Jahres-Hauptversammlung von den 236 Mitgliedern abgesegnet, und Ward merkt an, "dass ich mich an zahlreiche Jahres-Hauptversammlungen der FIA erinnern kann, wo die Klubs in Hinblick auf die Transparenz der FIA-Geschäftsbücher Verbesserungen forderten".

Craw sagt, dass "die FIA stets alle Fragen mit vollständiger Transparenz jegliche Frage der Mitglieder in Hinblick auf die Geschäftsbücher beantwortet hat." Er fügt hinzu, dass "die FIA-Geschäftsbücher zur Gänze von einem unabhängigen Rechnungsprüfungs-Ausschuss und dann vom FIA-Senat überwacht werden. Die Mitglieder beider Verbände werden von der Hauptversammlung gewählt. Detaillierte Berichte werden jedes Jahr vom FIA-Präsidenten und von mir, dem Senatspräsidenten, bei der FIA-Jahres-Hauptversammlung abgeliefert, wo die Mitglieder die Gelegenheit haben, jegliche Unklarheiten zu klären (was sie oft in Anspruch nehmen)."

RAC teilt Wards Bedenken

Diese Auseinandersetzung ist das letzte Ereignis in einem Krieg der Worte rund um die FIA-Präsidentenwahl, die im Dezember stattfindet. Ward hat kürzlich beim FIA-Ethikkomitee Beschwerde eingelegt und dem aktuellen Präsidenten Jean Todt vorgeworfen, dass seine Kampagne bereits vor Beginn der Wahlkampfzeit durch FIA-Gelder gestützt wurde. Die Beschwerde wurde am Mittwoch abgewiesen, andere Verfahren laufen aber weiter.

Vergangene Woche kam ans Licht, dass sich der British Royal Automobile Club (RAC) - ein FIA-Gründungsmitglied - bei Todt darüber beschwerte, dass "die FIA-Geschäftsbücher zu wenig aussagekräftig sind". RAC-Geschäftsführer Tom Purves konfrontierte Todt mit diesen Bedenken in einem Brief datiert auf den 25. Juli, der zahlreiche Fragen über die Geschäftsbücher aufweist.

Warum äußerte sich RAC nie?

Craw antwortete in Vertretung von Todt und meinte, dass Purves' "Behauptung, die Geschäftsbücher seien zu wenig aussagekräftig, unbegründet ist. Als die Geschäftsbücher bei der Hauptversammlung abgesegnet wurden, hat der FIA-Präsident detailliert Bericht über die allgemeine Situation der FIA und deren Hauptmaßnahmen abgeliefert. Das Gleiche gilt in Hinblick auf die finanziellen Dokumente wie Budget, Bilanzaufstellung und Wirtschaftsprüfung auch für den Senatspräsidenten."

Einer von Craws Kernpunkten war, dass der RAC "bei den Jahres-Hauptversammlungen stets präsent war, aber in Hinblick auf die Geschäftsbücher 2010 und 2011 nie Einwände geäußert hat. Vielmehr wurde über die Geschäftsbücher per Handzeichen abgestimmt, sie wurden also auch von Ihrem Klub abgesegnet." Der RAC wollte sich zu dieser Angelegenheit nicht weiter äußern, und man wird sehen, ob es der FIA gelungen ist, die Vorwürfe im Keim zu ersticken. Ward wird auf jeden Fall wachsam bleiben.