• 28.06.2013 18:59

  • von Christian Nimmervoll & Roman Wittemeier

2014: Michelin könnte noch einspringen

Pirelli wird voraussichtlich in der Formel 1 bleiben, doch sollten die Gespräche platzen, könnte Michelin theoretisch immer noch einspringen

(Motorsport-Total.com) - Laut Aussage von Sportchef Paul Hembery ist zwischen Reifenhersteller Pirelli und den entscheidenden Vertragspartnern soweit alles klar, dass Pirelli auch über das Ende der Saison 2013 hinaus Monopolist in der Formel 1 bleiben wird. Sollte es wider Erwarten aber doch nicht klappen, könnte Michelin schon ab 2014 als Ersatz einspringen.

Titel-Bild zur News: Nicolas Goubert

Technikchef Nicolas Goubert findet die Formel 1 derzeit nicht spannend Zoom

Durch die Fortschritte in der Simulationstechnologie gehe die Entwicklung eines Motorsport-Reifens heute wesentlich schneller vonstatten als noch vor einigen Jahren. Was die Frage aufwirft: Wäre es für Michelin sogar jetzt noch möglich, rechtzeitig für die ersten Tests und Rennen 2014 einen völlig neuen Formel-1-Reifen zu entwickeln? "Ja, das wäre es", unterstreicht Nicolas Goubert, Technischer Direktor von Michelins Motorsport-Programm, gegenüber 'Motorsport-Total.com'.

"Es ist innerhalb eines halben Jahres möglich", sagt der Franzose. "Hängt davon ab, welches Niveau man erreichen muss. Es ist nicht schwierig, so schnell einen Reifen zu produzieren. Le Mans ist zum Beispiel viel anspruchsvoller als ein Formel-1-Rennen. Die Belastungen sind größer als in der Formel 1, weil die Autos schwerer und die Geschwindigkeiten höher sind. Wenn dann ein Fünffach-Stint mit einem Reifensatz gefahren wird, entspricht das zwei Formel-1-Rennen!"

Offizielle Position wurde bereits gelockert

Aus der Formel 1 ausgestiegen ist Michelin Ende 2006. Das Fiasko von Indianapolis 2005, als nur die sechs Bridgestone-Autos am Start waren, dürfte zu der Entscheidung ebenso beigetragen haben wie die Tatsache, dass seitens der FIA ein Reifenkrieg zwischen mehreren Herstellern unterbunden wurde. So ein Konkurrenzkampf war für Michelin immer die offiziell kommunizierte Grundvoraussetzung, um eine Formel-1-Rückkehr überhaupt in Betracht zu ziehen.

Ein Standpunkt, der inzwischen offenbar nicht mehr ganz so stur im Raum steht: "Das ist nicht mehr unsere offizielle Position. Die haben wir angepasst", erklärt Goubert. Wichtig sei vor allem, dass das Reifenreglement einer Rennserie technische Innovationen begünstige und die Ingenieure vor eine Herausforderung stelle - so, wie das zum Beispiel in der Langstrecken-WM und bei den 24 Stunden von Le Mans der Fall ist.

"So etwas treibt uns an, neue Technologien zu entwickeln. Daraus lernen wir etwas - und die Leute sind dann auch interessiert an dem, was wir tun", sagt Goubert. Als spannend empfindet er auch Projekte wie die Formel E, die nur mit Elektroantrieb unterwegs sein wird: "Das macht wirklich Sinn." In der Formel 1 muss sich Pirelli hingegen über negative Schlagzeilen ärgern, obwohl die Italiener letztendlich nur den Wünschen der Verantwortlichen nachgekommen sind.

Michelin schließt Formel-1-Einstieg aus - derzeit...

"Wenn die Frage ist, ob Michelin in die Formel 1 einsteigen wird, dann kann ich sagen, dass wir es nicht tun werden", hält Goubert fest. "Denn wir sind an der Formel 1, so wie sie jetzt ist, nicht interessiert. Was wir in Le Mans mit dem ACO und der FIA tun, ist etwas ganz anderes als die Formel 1 und passt besser zu unseren Werten, wie wir die Michelin-Reifen promoten wollen. Die Formel 1 ist eine ganz andere Welt - eine Welt, an der wir kein Interesse haben."

Theoretisch wäre es auch jetzt noch möglich, kurzfristig schon 2014 in die Königsklasse zurückzukehren. Man sei "sehr nahe" an dem Punkt, an dem man eine definitive Entscheidung treffen müsste, aber diese Frage stelle sich ohnehin nicht: "Wir ziehen das nicht in Betracht. Die Formel 1 ist so weit von dem Image entfernt, das wir vermitteln wollen. Wenn sich die Formel 1 ändert? Mal sehen. Aber unser Fokus liegt nicht darauf", so Goubert.

Michelin-Reifenlager in Le Mans

Das Michelin-Reifenlager im Paddock bei den 24 Stunden von Le Mans Zoom

Für Michelin sei im Motorsport besonders wichtig, "Technologien zu entwickeln", gibt er zu Protokoll und erläutert: "Selbst wenn es nur einen Reifenhersteller gibt, kann es ein interessantes Regelumfeld geben, das uns antreibt, unsere Technologien zu entwickeln, und dann wären wir vielleicht interessiert. Wenn es für uns Sinn macht, würden wir darüber nachdenken - auch ohne einen Wettbewerber. Aber natürlich wäre uns am liebsten, echten Wettbewerb zu haben."