Vorteile für Ferrari und Lotus? Pirelli winkt ab

Paul Hembery wehrt sich gegen den Verdacht, Ferrari und Lotus würden insgeheim von der Arbeit seines Testteams profitieren

(Motorsport-Total.com) - "Das hat nicht mehr viel mit Rennfahren zu tun" - Freunde sind Sebastian Vettel und die Pirelli-Reifen des Jahrgangs 2013 bis jetzt noch nicht, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Nach seinem vierten Platz beim Großen Preis von China beklagte sich der Weltmeister heftig über die Reifen, mit denen sein Red Bull offenbar nicht so schonend umgeht wie die Konkurrenz von Lotus oder Ferrari. Da der RB9 das Auto im Feld ist, das den größten Abtrieb erzeugt, werden die Reifen härter rangenommen.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Das daktuelle Pirelli-Testfahrzeug ist ein Urahn des Lotus E21 Zoom

Das bestätigt nun sogar Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery der 'Sport Bild': "Red Bull hat in der Tat sehr viel Abtrieb, was in den Hochgeschwindigkeitskurven natürlich auf die Reifen geht", sagt der Brite. Force-India-Pilot Adrian Sutil veranschaulicht das Problem: "Es macht einen großen Unterschied, ob du mit Tempo 240 oder 260 durch eine Kurve fahren kannst. 20 km/h mehr gehen richtig aufs Gummi", sagt der Gräfelfinger.

Daher fällt es Red Bull schwerer als anderen Teams, die Reifen lange genug am Leben zu erhalten. Dementsprechend fallen die Kommentare der Teamvertreter über die Pneus aus: "Natürlich sieht es derzeit so aus, als würden wir nur rumjammern", sagt Teamchef Christian Horner. "Aber wir können doch nicht dafür bestraft werden, dass wir das schnellste Auto gebaut haben." Pirelli-Mann Hembery kontert:" Es gehört eben auch zur Formel 1, ein Auto zu entwickeln, das im Zusammenspiel mit den Reifen am besten funktioniert. Lotus und Ferrari haben das gut geschafft."

Doch warum haben Lotus und Ferrari das geschafft? Wie die 'Sport Bild' erfahren haben will, klagt das Team hinter den Kulissen, " dass die Reifen zwar für alle gleich sind, aber für einige gleicher." Angeblich habe Red Bull die beiden Pirelli-Testfahrer Jaime Alguersuari und Lucas di Grassi im Verdacht, ihre Ferrari-Landsleute Fernando Alonso und Felipe Masse frühzeitig mit Informationen über die neue Reifengeneration und mögliche Abstimmungsvarianten versorgt zu haben.

Darüber kann Hembery nur müde lächeln: "Jemand hat mir erzählt, dass Jaime und Fernando nicht mal miteinander reden." In der Tat sind die beiden Spanier alles andere als gute Freunde. Und selbst wenn ein Fahrer frühzeitig Informationen über die Reifen erhalten hätte, würde ihm das Hemberys Meinung nach kaum helfen: "Wie soll ein Kommentar in ein Design umgewandelt werden?", fragt sich der Brite. "Das ist kaum zu bewerkstelligen. Und wenn, würde es nur am Anfang ein Minimum bringen."

Im Falle das reifenschonenden Lotus keimt unterschwellig noch ein anderer Verdacht: Das aktuelle Testfahrzeug von Pirelli ist ein Renault R30 aus dem Jahr 2010. Da das Grundkonzept des Autos über die Jahre nicht wesentlich verändert wurde, würden die auf dem Renault entwickelten Reifen am besten zu dessen Nachfolger, dem Lotus E21 passen. Doch auch hier winkt Hembery ab: "Unsere Testdaten bekommt kein Team. Sollte es irgendeinen anderen Vorteil für Lotus geben, haben wir jedenfalls alles getan, um den zu vermeiden", wird der Pirelli-Mann von 'Auto Bild motorsport' (Jetzt abonnieren!) zitiert.

Hembery spielt den Ball in Richtung der anderen Teams zurück: "Wir haben den Teams sogar vorgeschlagen, abwechselnd mit jedem Auto die Reifen zu testen. Aber keiner unserer Vorschla?ge hat Anklang gefunden. Jetzt dürfen sie sich nicht beschweren." Das sieht auch Alexander Wurz so: "Jedes Team hätte Pirelli helfen können, ein Testauto zur Verfügung stellen können. Dazu wollte sich niemand durchringen", erinnert der Österreicher gegenüber 'Spox' an die weitreichenden Diskussionen, nachdem Pirelli den Toyota aus der Saison 2009 in die Ecke gestellt und sich nach einem neuen Testträger umgesehen hatte.