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Hockenheim: Drei Deutsche jagen Alonso!

Das Trio Vettel/Schumacher/Hülkenberg macht sich beim Grand Prix von Deutschland auf die Jagd von Polesetter Fernando Alonso - Regen sorgt für Unterhaltung

(Motorsport-Total.com) - Eine Ausgangslage, wie sie aus deutscher Sicht interessanter nicht sein könnte, brachte das heutige Qualifying in Hockenheim. Denn zwar stahl WM-Leader Fernando Alonso im Ferrari den deutschen Lokalhelden die Pole-Position, aber hinter dem Spanier sicherten sich Sebastian Vettel (Red Bull), Michael Schumacher (Mercedes) und Nico Hülkenberg (Force India) die Startpositionen zwei bis vier.

Titel-Bild zur News: Mark Webber, Fernando Alonso, Sebastian Vettel

Mark Webber, Polesetter Fernando Alonso und Lokalfavorit Sebastian Vettel

Der Regen, der vor Beginn von Q2 einsetzte, wurde vor Q3 noch einmal stärker, sodass die Fahrer von Intermediates auf Full-Wets wechseln mussten. Doch ein Dreher von Hülkenberg auf einer Geraden (!) zeigte die Schwierigkeit der Verhältnisse auf. "Ich traf auf Aquaplaning", berichtet der Force-India-Pilot, für den die Schrecksekunde gut ausging: "Ich hatte Glück, dass ich nur durch das Kiesbett gerodelt bin und nicht eingeschlagen habe."

Aber nicht nur Schumacher, der sein Team sogar anfunkte, man möge doch FIA-Rennleiter Charlie Whiting mitteilen, es sei zu gefährlich, sondern auch Alonso hätte einen Abbruch zu jenem Zeitpunkt als richtig empfunden: "Es war sehr am Limit, auch wenn es für alle gleich war. Vor allem in Kurve sechs war es nicht einfach. Da hatten wir Aquaplaning - und das bei 280 oder 290 km/h", beschwert sich der Polesetter.

Entscheidung im letzten Sektor

Dann war es ausgerechnet er, der die Verhältnisse am besten meisterte: "Bei solchen Bedingungen musst du die Runde einfach zusammenkriegen, ohne groß von der Strecke abzukommen, und das hat er am besten gemacht", lobt der geschulte Beobachter Adrian Sutil. Zwar fuhr Vettel im ersten Sektor noch Zwischenbestzeit, doch der Red-Bull-Pilot versemmelte den letzten Sektor und konnte sich so beim finalen Angriff nicht mehr steigern.

Fernando Alonso

Fernando Alonso meisterte die schwierigen Bedingungen am besten Zoom

Aus rein sportlicher Sicht sei für ihn "alles prima" gelaufen, sagt Alonso daher: "An den gefährlichen Stellen gingen wir halt etwas vom Gas. Der Rest der Runde war sauber. Ich denke, unsere Strategie war gut. Wir hatten in Q3 einen Boxenstopp absolviert, deshalb standen uns zum Schluss noch frischere Reifen zur Verfügung. Die Strecke war dann ebenfalls besser. All dies half uns dabei, die Zeit noch einmal zu verbessern", freut er sich über seine 1:40.621er-Runde.

Am nächsten dran war Vettel, der zwischenzeitlich gemeinsam mit seinem Kumpel Schumacher in der provisorischen ersten Reihe stand. Am Ende klappte es nicht ganz mit dem deutschen Märchen in Hockenheim - auch, weil Vettel im Motodrom um eine halbe Sekunde langsamer war als Alonso. "Die Zeit von Fernando war nicht unmöglich", ärgert er sich, "aber ich war mit meiner Runde nicht ganz zufrieden, hatte zwei, drei kleine Patzer drin."

Vettel von Webber behindert

Ärgerlich auch, dass er zwischendurch ausgerechnet vom eigenen Teamkollegen behindert wurde: "Ich habe in der Runde hinter ihm ein wenig verloren, aber unter diesen Bedingungen ist es schwierig. Man sieht in den Rückspiegeln nichts. Vielleicht hat er mich nicht gesehen", unterstellt Vettel Mark Webber keine böse Absicht. "Aber zwei Runden vor dem Ende kannst du nicht vom Gas gehen und Abstand nehmen. Da habe ich sicherlich ein wenig verloren."

Vettel fehlten am Ende 0,4, Schumacher 1,8 Sekunden auf die Spitze. Der Mercedes-Pilot wäre beinahe schon im trockenen Q1 ausgeschieden, rutschte erst in letzter Sekunde als 17. in den zweiten Abschnitt - mit 0,055 Sekunden Vorsprung auf Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) und trotz Rückstand bei der zweiten Zwischenzeit! Dafür war er auf Intermediates in Q2 ganz sicher unterwegs: Platz zwei hinter Lewis Hamilton (McLaren).

"Das ist sicherlich eine schöne Ausgangsposition", freut sich Schumacher. "Es war clever von Fernando, sich noch einmal einen neuen Reifensatz zu holen. Daran hätten auch wir denken können. Wir hatten aber nicht damit gerechnet, dass es bei den Regenreifen einen derart großen Unterschied machen würde. Wir hatten uns in der Region zwischen Platz fünf und Platz sieben gesehen. Rang vier - am Sonntag Rang drei - ist es jetzt geworden. Damit bin ich zufrieden."


Fotos: Großer Preis von Deutschland, Samstag


Hülkenberg: Erinnerungen an Sao Paulo

Der dritte deutsche Alonso-Verfolger in den ersten beiden Startreihen ist Hülkenberg, der nach seinem Beinahe-Abflug in der Q3-Aufwärmrunde erst einmal tief durchatmete und dann nahtlos an seine Regen-Topform von Sao Paulo 2010 anknüpfte, als er den Williams sensationell auf die Pole-Position stellte. Aber Hülkenberg befürchtet für morgen: "Ich glaube, um uns herum sind Autos, die im Trockenen eigentlich schneller sein sollten als wir."

Zum Beispiel Webbers Red Bull, der im heutigen Qualifying gut genug war, um auf Platz drei zu fahren. Der Australier wird jedoch in der Startaufstellung wegen eines Getriebewechsels um fünf Positionen nach hinten versetzt, sodass neben Schumacher und Hülkenberg auch Pastor Maldonado (Williams) und die beiden McLaren-Piloten Jenson Button und Hamilton aufrücken, die in Q3 enttäuschend unterwegs waren.

Mark Webber, Michael Schumacher

So war es auch im Qualifying: Michael Schumacher hinter Mark Webber Zoom

"Es war für uns alle einfach, einen Fehler zu machen. So gesehen bin ich sehr froh, noch recht weit vorne zu stehen", bilanziert Webber. "Sicherlich hätten wir hier und da noch etwas mehr herausholen können, aber zum Zeitpunkt, als ich draußen war, gab ich mein Bestes. Hätte, wäre, wenn zählt nicht. Mit der Strafe für den Getriebewechsel starte ich nun als Achter und freue mich darauf, morgen nach vorne zu fahren. Unser Auto ist hier bei allen Bedingungen schnell."

Rosberg: Keine Reifentemperatur

Was mit Kimi Räikkönen (Lotus) los war, der in Q3 fünf Sekunden verlor, obwohl das Wochenende bisher so positiv für ihn verlaufen war, ist ebenso ein Rätsel wie Platz 15 seines Teamkollegen Romain Grosjean, der wegen Getriebewechsel noch dazu um fünf Positionen strafversetzt wird. Gleiches gilt auch für Nico Rosberg (Mercedes), der am Ende von Q2 sogar einen Verzweiflungs-Run auf Full-Wets probierte, obwohl alle Zeiten auf Intermediates erzielt worden waren.

"Gestern lief es richtig gut, bei allen Bedingungen. Deswegen habe ich echt gedacht, wenn es heute nass ist, dann geht richtig was", seufzt Rosberg. "Als es angefangen hat zu regnen, habe ich mich gefreut. Es waren halt nur zwei Minuten, die man Zeit hatte, um schnelle Runden zu fahren. Dann wurde die Strecke immer nasser. Ich habe keine Temperatur in die Reifen gekriegt. Daher war ich dann vier oder fünf Sekunden langsamer. Es ging einfach gar nichts."

Lewis Hamilton

Auf Abwegen: Das McLaren-Team erlebte einen Samstag zum Vergessen Zoom

Ebenfalls in Q2 scheiterten beide Sauber-Piloten und Felipe Massa, der sich Ferrari-intern wieder einmal Kritik zugezogen haben dürfte, als er in Q2 ausgerechnet Alonso im Weg stand. Bruno Senna stand klar im Schatten von Maldonado - im vielleicht vorletzten Qualifying seiner Williams-Karriere, denn Valtteri Bottas scharrt schon in den Startlöchern. Und Daniel Ricciardo (11./Toro Rosso) wird sich darüber ärgern, dass ihm nur sechs Hundertstelsekunden auf Räikkönen fehlten.

Glock von Pic geschlagen

Bereits in Q1 hatte es neben den üblichen Verdächtigen (Caterham, Marussia und HRT) Vergne erwischt. Bitter für Timo Glock (22.): Vor den Augen seines Vaters wurde er beim Heim-Qualifying knapp von Charles Pic geschlagen, obwohl der wegen eines Motorwechsels am Vormittag kaum trainiert hatte. Ganz hinten wie üblich die HRT-Fahrer, die aber zumindest die 107-Prozent-Hürde relativ locker nahmen.

Morgen freilich könnte alles ganz anders sein, denn a) soll es während des Rennens trocken bleiben und b) gilt Hockenheim als Strecke, auf der man gut überholen kann. Drei Deutsche auf Alonsos Fersen - mit welchen Chancen? "Unter trockenen Bedingungen kann Sebastian die Oberhand haben", glaubt Schumacher. "Für ihn gilt es, Fernando zu schlagen." Aus Mercedes-Sicht ist er weniger optimistisch: "Ich glaube nicht, dass wir am Anfang ein großes Wort nach vorne mitreden können."

Nico Rosberg

17 plus fünf: Nico Rosberg muss das Feld morgen von hinten aufrollen Zoom

Vettel selbst lässt die Sache aber nicht auf ein Duell Ferrari vs. Red Bull reduzieren: "Es gibt noch einige andere Teams, die man auf der Rechnung haben muss. McLaren sah das ganze Wochenende lang und zu Beginn des Qualifyings sehr stark aus. Ich weiß nicht, was am Ende auf den Regenreifen bei ihnen schief gelaufen ist, da waren sie weit zurück. Aber sie werden morgen sehr schnell sein. Und Lotus war in vergangenen Rennen auch sehr schnell."