• 10.06.2012 23:24

Vettel: "Die Hinterreifen waren ziemlich durch"

Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel erklärt, weshalb er in Kanada einen Notstopp einlegen musste und weshalb ihm das sogar noch einen Platz einbrachte

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Reifen von Pirelli stellten Sebastian Vettel beim Großen Preis von Kanada ein Bein: Wenige Runden vor Schluss war der deutsche Rennfahrer auf Kurs zu einem weiteren Podestrang, doch plötzlich brach die Leistung seines Red Bull RB8 dramatisch ein. Vettel holte sich daher noch einmal frische Pneus, büßte dadurch aber eine Position auf dem Treppchen ein. In seiner Medienrunde schildert der aktuelle Weltmeister, wie es in Montreal so weit kommen konnte.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel musste kurzfristig umplanen und nochmals Reifen wechseln

Frage: "Sebastian, ein ereignisreiches Rennen endete für dich mit Rang vier. Die wichtigste Frage vorneweg: Weshalb musste der zweite Stopp sein?"
Sebastian Vettel: "Ich glaube, man hat es gesehen: Zum Ende haben die Reifen auf einmal nicht mehr gehalten. Dabei hatten sie lange den Eindruck gemacht, dass sie bis zum Ziel durchkommen würden."

"Es kam schleichend und man hat es gar nicht so richtig gemerkt. Irgendwann brach man dann aber ein. Ich konnte die Rundenzeiten nicht mehr mitgehen. Wir haben dann, glaube ich, die richtige Entscheidung getroffen und kamen herein. Zu diesem Zeitpunkt lag ich etwa drei Sekunden hinter Fernando. Wir fuhren letztendlich kurz vor ihm ins Ziel."

"Hätte, wenn und aber - hätten wir es früher gewusst, hätten wir es anders gemacht. Nun gut. So ist das. Ich glaube, alles in allem war es trotzdem ein gutes Wochenende für uns. Wichtige Punkte. Man sieht, wie eng es zusammen ist und wie rasch etwas passieren kann. Ich denke, wir haben wieder vieles gelernt. Das nehmen wir hoffentlich mit in die nächsten Rennen."

Frage: "Ich glaube, der Zuschauer wundert sich, wenn es einem Sergio Perez oder einem Romain Grosjean gelingt, mit nur einem Stopp vor dem schnellsten Red Bull zu landen ..."
Vettel: "Ja. Letztendlich geht man am Anfang aber auch ein ganz anderes Tempo als die Leute hinter einem. Irgendwo fährt man da ein anderes Rennen, sage ich einmal. Ich glaube, ich war etwas eher in der Box als andere. Genau weiß ich das jetzt nicht."

"Aber wie gesagt: Mit diesem einen Stopp wären wir nicht durchgekommen. Beziehungsweise: Es hätte schon geklappt, doch man sieht ja, wo Fernando ankam. Deshalb war es die richtige Entscheidung, noch einmal schnell hereinzukommen. Die Reifen hielten am Ende einfach nicht mehr. Die Hinterreifen waren eigentlich ziemlich durch. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, an die Box zu fahren."

"Die Reifen hielten am Ende einfach nicht mehr."

Frage: "Glaubst du, ohne den zweiten Stopp wärst du schlechter gewesen als Platz vier?"
Vettel: "Ja. Wir lagen drei, vier Sekunden hinter Fernando, sahen aber vor ihm das Ziel. Ich denke, er hatte zum Schluss keine Chance mehr."

"Es kam aus dem Nichts, wenn man bedenkt, wie viele Runden wir auf den härteren Reifen zurücklegten. In den letzten vier Runden spürte man aber regelrecht, wie die Hinterreifen in die Knie gingen. Da war einfach die Traktion nicht mehr da. Es war sehr schwierig. Fernando hatte zum Schluss ja mächtig zu kämpfen. Das konnte man sehen."

Nur ein kleiner Mauerkuss ...

Frage: "Euer Plan war, mit einem Stopp durchzufahren?"
Vettel: "Es ist schwierig, vor dem Rennen zu wissen, wie der Plan aussieht. Beim ersten Stopp war es an der Zeit, hereinzukommen."

"Wir wurden dann ein bisschen überrascht davon, dass Lewis zum zweiten Mal anhielt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ein gutes Gefühl mit meinen Reifen. Wir versuchten halt, die Einstopp-Strategie umzusetzen. Das erwies sich als die falsche Entscheidung. Es war aber ein interessantes Rennen, bei dem wir vieles gelernt haben."

Frage: "Kurz vor Schluss hast du dann sogar noch die Mauer geküsst. Wie sehr hast du dich dabei erschrocken?"
Vettel: "Ein bisschen. Ich war eigentlich der Meinung, dass es reicht, aber es hat nicht gereicht. Zum Glück ging nichts kaputt. Es war nur leicht gestreichelt. Ich war halt in Eile. Ich habe am Ende natürlich noch einmal alles gegeben, um zu versuchen, den Anschluss zu finden."

"Perez war dann aber zu weit weg, doch Fernando haben wir noch gekriegt. Im vergangenen Jahr hatte ich an dieser Stelle einen Unfall. Dieses Mal wollte ich einfach nur 'Hallo' sagen. 2013 werde ich dann versuchen, mich komplett von der Mauer fernzuhalten."

"Ich war halt in Eile." Sebastian Vettel

Frage: "Wie fällt deine Rennbilanz aus?"
Vettel: "Ich denke, es gibt einiges, was wir hätten besser machen können. Im Nachhinein ist es aber immer einfach, zu sagen, hier und da. Es war ein interessantes Rennen. Wir haben halt nicht damit gerechnet, dass die Reifen hintenraus derart einbrechen. Deshalb war der Stopp am Ende so wichtig. Alles in allem war es ein gutes Wochenende."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Kanada


Punkte oder Podeste - was ist wichtiger?

Frage: "Hättest du gedacht, dass Lewis Hamilton derart stark auftreten würde?"
Vettel: "Naja. Im ersten Stint hatte ich eigentlich ein gutes Gefühl, bis zum Schluss die Reifen mehr oder weniger stark abbauten. Dann musste ich an die Box. Ich konnte das Tempo einfach nicht mehr mitgehen."

"Im zweiten Stint sah man dann: Lewis konnte ein ganz anderes Tempo anschlagen. Er zog dann weg. Ich denke, Lewis hat verdient gewonnen. Mit dem zweiten Stopp hat er die richtige Entscheidung getroffen. Wenn man dahinter ist, versucht man natürlich, in die andere Richtung zu gehen und den Platz vielleicht wieder zurückzugewinnen. Am Ende haben wir leider einen Platz verloren."

"Ich denke, Lewis hat verdient gewonnen." Sebastian Vettel

Frage: "Was ist denn im Augenblick wichtiger: an den Sieg zu denken oder möglichst viele Punkte mitzunehmen?"
Vettel: "Beides."

Frage: "Sieben Rennen, sieben Sieger: Haben wir am Jahresende vielleicht einen Weltmeister, der nur einen Saisonsieg aufweist?"
Vettel: "Nein, das glaube ich nicht."

Frage: "Als nächstes steht Valencia an. Was ist dort drin?"
Vettel: "Schauen wir einmal. Was dabei herausspringt, ist im Moment schwer zu sagen. Man sieht ja, wie unvorhersehbar die Rennen sind. Entscheidend wird auch in Valencia sein, im Qualifying ganz vorn zu sein und im Rennen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir müssen diese Lektion einfach lernen und dann in Valencia einen Schritt nach vorn machen."