Senna: Das Geheimnis hinter Platz sechs in Sepang

Physiotherapeut James Milligan verrät, wie er Bruno Senna auf sein bisher bestes Formel-1-Wochenende vorbereitete und wieso dies einer Herkules-Aufgabe glich

(Motorsport-Total.com) - Im Schatten von Sergio Perez war Bruno Senna eine der kleinen Sensationen des Grand Prix von Malaysia. Der Brasilianer überraschte bei seinem zweiten Grand Prix für sein neues Team Williams mit tollen Überholmanövern, die ihn schließlich auf Platz sechs nach vorne brachten. So gut war das Traditionsteam während der gesamten letzten Saison nicht - für Senna war es das mit Abstand beste Ergebnis seiner bisherigen Formel-1-Karriere.

Titel-Bild zur News: Bruno Senna

Bruno Senna (mit Kühlweste) ging perfekt vorbereitet in das Rennen in Malaysia

Dabei ging der Neffe von Formel-1-Legende Ayrton Senna unter enormem Druck in das Wochenende: Beim Saisonauftakt hatte ihm Teamkollege Pastor Maldonado ganz klar die Show gestohlen - mit einem Crash in der ersten Kurve waren seine Chancen bereits in der ersten Kurve deutlich geschrumpft. Zudem zählt das Rennen in Sepang aufgrund der enormen Hitze und Luftfeuchtigkeit zu den härtesten Grands Prix des Jahres - dieses Jahr haben die Piloten nach Australien kaum Zeit zur Erholung, denn die zwei Rennen folgten direkt aufeinander.

Doch wie gelang es Sennas Physiotherapeuten James Milligan, seinen Schützling so rasch wieder aufzurichten und auf die Hitzeschlacht vorzubereiten? "Das Schlüsselwort ist definitiv Regeneration", erklärt er. "Man muss über das vergangene Rennen hinwegkommen - mental und physisch."

Sennas Malaysia-Woche

Damit Senna nach dem Australien-Grand-Prix ausreichend regenerieren konnte, verwarf man den Gedanken, am Montagmorgen nach Malaysia zu fliegen, bestätigt Milligan: "Wir trafen die Entscheidung, nicht am frühen Montagmorgen zu fliegen, damit die Fahrer die Pause bekommen, die sie brauchen, und dann aufstehen können, wann sie wollen. Wir nahmen also den Flug um 18:30 Uhr am Abend und kamen dann am Dienstagmorgen an."

Der enge Zeitplan schränkte dieses Jahr auch die Vorbereitung auf den Malaysia-Grand-Prix ein. "Normalerweise haben wir den Montag nach dem Rennen zum Ausspannen und zur Erholung mit etwas Therapie", gibt der Physiotherapeut Einblicke. "Wir spielen dann etwas Tennis, damit der Körper in Bewegung bleibt, außerdem ist es gut, um den Kopf freizubekommen. Ursprünglich hatten wir immer eine Woche nach dem Malaysia-Grand-Prix, um auf eine der thailändischen oder malaysischen Inseln zu reisen und dort zu trainieren. Das ist dieses Jahr nicht möglich."


Fotos: Bruno Senna, Großer Preis von Malaysia


Dennoch meint er, dass die Fahrer in guter Form in Malaysia eintrafen. Sofort nach dem Rennen in Australien begann Milligan mit dem Vorbereitungs-Programm auf die Tropenhitze in Sepang. Damit soll verhindert werden, dass der Körper aufgrund von zu wenig Flüssigkeit dehydriert und das Leistungsvermögen des Piloten dadurch deutlich abfällt.

Dehydrieren als größte Gefahr

Mit etwas mehr Flüssigkeit am Rennwochenende ist es aber noch lange nicht getan. "Es geht darum, dass sich der Körper an die Menge von Wasser gewöhnt, die wir zuführen", verrät Sennas Fitmacher. "Das braucht ein paar Tage. An den ersten Tagen geht man dann öfter auf die Toilette als üblich. Wir begannen also mit dem Aufbau direkt nach Australien, und je näher das Rennen rückte, desto mehr bemühten wir uns um den Mineralstoff-Haushalt und um die nötige Energie für das Rennen."

Milligan ist der Meinung, dass Tennisspielen eine hervorragende Vorbereitung für das Malaysia-Wochenende ist: "Statt wirklich anstrengende Sachen zu machen, bemühten wir uns um eine konstante Frequenz. Wir haben jeden Tag auf dem Tennisplatz auch etwas für die Konzentration für das Rennen gemacht. Wir spielen zwar nicht mit Helm und Rennoverall Tennis, aber dennoch gewöhnt sich der Körper an die Hitze und leistet Widerstand, was nötig ist."

An den Trainingstagen stand Sennas Körper dann tatsächlich auf dem Prüfstand, beim Rennen sorgte aber der Regen für eine willkommende Abkühlung. "Normalerweise kann man während des Rennens in Malaysia schon drei bis vier Kilo verlieren", weiß Milligan. "Durch den Regen und die Bedingungen waren es aber diesmal weniger."

Späterer Beginn als zusätzliche Herausforderung

Eine zusätzliche Herausforderung ist der Zeitplan in Malaysia: Damit das Rennwochenende an für den europäischen Raum TV-gerechten Zeiten über die Bühne ging, begannen die Trainingssitzungen und das Rennen im Vergleich zu den Europarennen zeitversetzt. Die erste Session ging um 13 Uhr über die Bühne, das Rennen wurde statt um 14 Uhr erst um 16 Uhr gestartet. Die Piloten müssen an solchen Wochenenden am Vormittag darauf achten, die Spannung nicht zu verlieren, sollten aber angesichts der langen Wartezeit auch nicht mit Nervosität reagieren.

Doch mit welchen Mitteln schaffte man diesen Balanceakt? "Wir haben es Bruno erlaubt, länger zu schlafen", verrät Milligan. Er gibt Einblicke in Sennas Programm am Renntag: "Wir begannen mit etwas Schwimmen um 9 Uhr. Das ist nicht sehr anstrengend, und es ist gut für die Beweglichkeit der Schultern und des Brustkorbs. Dadurch kann man etwas entspannen."

Bruno Senna und Nico Hülkenberg

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Nerven auf dem Prüfstand

Entspannung ist für Senna, der erst spät mit dem Motorsport anfing und noch nicht so routiniert wie andere Piloten ist, von besonderer Bedeutung, bestätigt sein Physiotherapeut: "Die Zeit vor dem Rennen ist sehr nervenzehrend - vor allem für Bruno, der weniger Erfahrung hat. Wenn man nicht so viele Jahre im Rücken hat, dann ist die Arbeit etwas härter. Wir versuchen also, ihn so entspannt wie möglich zu halten."

Um dies zu erreichen, legt er auch Wert auf den mentalen Aspekt: "Wir führen Smalltalk, es gibt eine gute Mahlzeit." Doch wie bereitete Milligan seinen Schützling unmittelbar vor dem Rennen vor? "Wir beginnen mit unserem Therapieprogramm, wir wärmen den Nacken auf und die anderen Körperteile. Wir untersuchen, ob alles in Ordnung ist, bevor er ins Auto steigt."

Mit gutem Gefühl in die Formel-1-freien Wochen

Der Erfolg kommt für den Williams-Neuling genau zum richtigen Zeitpunkt, denn das nächste Rennen steigt erst in drei Wochen in Schanghai. Während andere Piloten über ihre Fehler nachdenken, kann Senna aus dem Erfolg in Sepang Selbstvertrauen schöpfen. Ein wirklicher Urlaub sieht aber dennoch anders aus, wie Milligan erklärt: "Die Fahrer haben sehr viele Termine zwischen den Rennen - Presse- und Sponsorentermine. Außerdem gibt es ein Programm in der Fabrik mit den Ingenieuren. Sie reisen also ab und lassen ihr Wochenende Revue passieren. In der Fabrik gibt es dann ein paar Sessions im Simulator."

Senna reiste am Dienstag nach dem Malaysia-Wochenende nach Großbritannien, wo er sofort die Fabrik in Grove besuchte. Auch am Freitag weilt der Brasilianer im Williams-Werk, um Vorbereitungen für den Grand Prix von China zu treffen. Danach geht es nach Monaco, wo Senna und sein Physiotherapeut gleich wieder mit dem Training für den dritten WM-Lauf beginnen. Die Einheiten werden ihm aber angesichts des tollen Resultats in Sepang definitiv leichter von der Hand gehen.

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