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GPDA: Unermüdlich im Einsatz für die Sicherheit

Die Grand Prix Drivers Association hat viel zur Verbesserung der Sicherheit beigetragen - Rubens Barrichello gibt einen Einblick in die Arbeit

(Motorsport-Total.com) - Die tragischen Unfälle von Dan Wheldon und Marco Simoncelli haben eine banale Weisheit wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerufen: Motorsport ist gefährlich. Die Grand Prix Drivers Association (GPDA) hat in den vergangenen Jahren viel dafür getan, die Formel 1 weniger gefährlich zu machen und blickt dafür auch über den Tellerrand. So hat die GPDA darum gebeten, dass ihr sämtliche Untersuchungsberichte zum Unfall von Dan Wheldon zu Verfügung gestellt werden.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello ist seit August 2010 Präsident der GPDA

Die GPDA wird oft als Fahrergewerkschaft bezeichnet, jedoch trifft diese Beschreibung eher auf die erste Phase ihres Bestehens von 1961 bis 1982 zu, als die Organisation auch wirtschaftliche Interessen vertrat. Seit der Neugründung der GPDA im Jahr 1994, die eine unmittelbare Folge der tödlichen Unfälle von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna war, ist die Erhöhung der Sicherheit die einzige Aufgabe der Fahrervereinigung.

Aktueller Präsident der GPDA ist Rubens Barrichello. Der 39-Jährige ist mit seiner Erfahrung von 19 Formel-1-Saisons wie kein zweiter Fahrer für diesen Posten prädestiniert. In seiner langen Karriere hat der Brasilianer die Schattenseiten des Sports mehrfach hautnah miterlebt. Neben den Todesfällen Ratzenberger und Senna 1994 in Imola musste Barrichello 2000 in Monza und 2001 in Melbourne miterleben, wie zwei Streckenposten ums Leben kamen.

Große Fortschritte bei der Sicherheit

Die aktuellen Unglücksfälle waren laut Barrichello für einige Fahrer ein Weckruf, wie er 'Autosport' sagt: "Scheinbar braucht es erst einen richtig heftigen Unfall, bis man erkennt, dass etwas geschehen muss. Nehmen wir die Situation um Sergio Perez in Monaco. Jetzt ist er in den Meetings der GPDA deutlich aktiver. Das ist aber vollkommen normal. Wir alle sind Menschen und denken immer, dass uns rein gar nicht passieren kann, bis es dann eben doch passiert."

Sergio Perez

Sergio Perez' Unfall in Monaco ging glimpglich aus Zoom

Der Unfall von Perez in der Qualifikation zum Grand Prix von Monaco, als er mit seinem Sauber seitlich in die Barriere an der Hafenschikane einschlug, rief bei vielen Beobachtern schlimme Erinnerungen wach. 1994 war Karl Wendlinger an der selben Stelle in ähnlicher Weise verunglückt - damals auch in einem Sauber. Nach Angaben eines FIA-Sprechers weisen beide Unfälle "zahlreiche Übereinstimmungen" auf. Beim Einschlag von Perez wurde laut FIA eine Beschleunigung von bis zu 80g gemessen.

Doch gerade der Vergleich dieser beiden Unfälle demonstriert deutlich, in welchem Maße die Sicherheit in der Formel 1 verbessert wurde. Während der Österreicher damals wochenlang im Koma lag und Monate brauchte, um vollständig zu genesen, zog sich der Mexikaner "nur" eine Gehirnerschütterung zu und musste lediglich zwei Rennen lang pausieren. Verbesserungen an den Helmen und der Cockpit-Polsterung halfen, die Unfallfolgen zu verringern.

GPDA agiert unabhängig

Einen wichtigen Beitrag haben jedoch auch Optimierungen an der Strecke geleistet, wo in Monaco an der Unfallstelle energieabsorbierende sogenannte Tecpro-Barrieren zum Einsatz kamen. "Dank der Tecpro-Barrieren sind die Strecken viel sicherer geworden", bestätigt auch Barrichello. "Wir würden sie gerne auf allen Strecken einsetzen, doch das ist eine Frage des Geldes. Wir haben aber durchgesetzt, dass sie bei allen neuen Strecken verbaut werden."

"Dank der Tecpro-Barrieren sind die Strecken viel sicherer geworden." Rubens Barrichello

Der Brasilianer gibt jedoch zu, dass die Arbeit in der GPDA manchmal auch ermüdend sein kann: "Manchmal ist es wirklich nervig, alle Emails zu beantworten. Nach dem Rennen am Sonntag bin ich gut eine Stunde lang damit beschäftigt." Darüber hinaus findet an jedem Rennwochenende eine Sitzung der Fahrer untereinander statt, in der sie unabhängig von den Interessen ihres Teams auftreten können.

Ein wichtiger Diskussionspunkt in dieser Saison war beispielsweise der Einsatz von DRS in der Eau Rouge in Spa-Francorchamps. Hier setzten die Fahrer durch, dass das System an dieser Stelle nicht aktiviert werden darf. "Es können nicht nur die Ingenieure entscheiden, was für die Fahrer sicher ist und was nicht. Wenn einer von denen einmal mit flachgestelltem Heckflügel durch die Eau Rouge fahren müsste, wüsste er, wovon wir sprechen", sagt Barrichello.

Es bleibt noch viel zu tun

Gerade diese Diskussion hat für den 39-Jährigen die Unabhängigkeit der GPDA unter Beweis gestellt. "Ich glaube, Red Bull hätte offen durch die Eau Rouge fahren können, aber Seb und Mark haben haben dagegen gestimmt, weil sie realisiert haben, dass es gefährlich sein könnte. Deshalb ist die GPDA so gut. Das ist ein Sport, in dem wir den anderen schlagen wollen, aber wir müssen auch Respekt voreinander haben."

Auch wenn die GPDA schon viel in Fragen der Sicherheit bewegt hat, bleiben doch noch einige Baustellen. So stellt der frei liegende Kopf des Fahrers im Formel-Auto nach wie vor einen Schwachpunkt dar, wie der Unfall Felipe Massas in Ungarn 2009 bewiesen hat. Auch an den Rennstrecken gibt es laut Barrichello noch Verbesserungspotenzial: "Es gibt immer noch Randsteine wie in Kanada, auf denen ein Auto abheben kann. Das können wir noch verbessern."

"Es gibt immer noch Randsteine wie in Kanada, auf denen ein Auto abheben kann." Rubens Barrichello

Eine Fortsetzung seiner Arbeit in der GPDA nach einem möglichen Karriereende kann sich der Brasilianer nicht vorstellen: "Ich denke nicht. Ich wäre natürlich bereit zu helfen, wenn man mich fragen würde. Aber ich glaube, dass ich die Formel 1 dann nur noch als Zuschauer verfolgen würde. Ich würde zwar noch einige Rennen besuchen, aber wirklichen Einfluss werde ich nicht mehr haben, es sei denn, man bittet mich darum."