Kubica: "Die Fahrer sind hier unheimlich gefordert"
Renault-Pilot Robert Kubica über die Herausforderung Singapur, den Kampf um WM-Punkte in der Formel 1 und die Gerüchte um Kimi Räikkönen
(Motorsport-Total.com) - Während sich die Führenden in der Gesamtwertung langsam aber sicher Gedanken um die Vergabe des WM-Titels machen müssen, kann Robert Kubica auch in Singapur befreit vorfahren. Der Pole wusste in dieser Saison bereits mehrfach schwer zu überzeugen und rechnet sich für das Rennen unter Flutlicht einiges aus - allerdings nicht den Sieg. In seiner Medienrunde spricht der 25-Jährige zudem über das Comeback seines ehemaligen Teamkollegen Nick Heidfeld beim Sauber-Team.

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Robert Kubica peilt in Singapur wieder einmal zahlreiche WM-Punkte an...
Frage: "Robert, was rechnest du dir für das Wochenende in Singapur aus?"
Robert Kubica: "Auf einem Stadtkurs und speziell bei dieser Wetterlage kann alles Mögliche passieren. Wir hoffen einfach darauf, konkurrenzfähig zu sein. In meinen Augen sind wir nicht dazu in der Lage, das Rennen zu gewinnen."#w1#
"Wir werden sehen. Ich denke, wir müssen unsere Erwartungen in einem realistischen Rahmen halten. Wir sollten dieses Wochenende genau so angehen, wie all die anderen Events in dieser Saison: Es geht darum, das Maximum aus dem Paket herauszuholen und unser Bestes zu geben."
Frage: "Welche Stärke deines Autos kommt hier in Singapur besonders zum Tragen?"
Kubica: "Nun ja, wir müssen in erster Linie realistisch sein. Jeder hier scheint vor diesem Rennen betont optimistisch zu sein."
"Nach dem Motto: 'Wir waren schon in Monaco gut, also werden wir auch in Singapur gut abschneiden.' In der Formel 1 verändern sich die Dinge aber recht schnell. Es stimmt schon: Monaco ist ebenfalls ein Stadtkurs, der sich allerdings deutlich von Singapur unterscheidet. Monza weist auch einige Ähnlichkeiten zu Montréal auf, ist deswegen aber noch lange nicht das Gleiche."
"In Kanada waren wir beispielsweise wesentlich konkurrenzfähiger als in Italien. Sämtliche Autos haben sich verändert. Wir müssen schon abwarten um zu sehen, wie gut unser Fahrzeug auf dieser Strecke ist. Sollte es noch immer derart holprig sein wie in den vergangenen Jahren, dann kann unser Auto durchaus gut abschneiden."¿pbvin|512|3131|singapur|0|1pb¿
Singapur als fahrerische Herausforderung
Frage: "Wie anspruchsvoll ist der Marina Bay Circuit mental und körperlich?"
Kubica: "Ich halte diesen Kurs für einen der härtesten, wenn nicht sogar den härtesten im Kalender. Die Fahrer sind hier unheimlich gefordert."
"Man befindet sich quasi immer in der Kurvenfahrt und das Gripniveau ist sehr niedrig. Gerade weil man tendenziell zu wenig Grip hat, kämpft man stets mit dem Fahrzeug. Auch das Auto selbst und natürlich die Reifen werden hier sehr stark beansprucht. Zieht man sämtliche dieser Faktoren in Betracht, stehen wir Piloten und die Teams vor einem sehr schwierigen Wochenende."
Frage: "Wie groß ist die psychische Herausforderung in Singapur?"
Kubica: "Wie ich schon sagte: Das Layout der Strecke ist nicht nur körperlich anspruchsvoll, sondern auch mental anstrengend. Es handelt sich um einen Stadtkurs und der Belag ist ziemlich holprig."
"Du hast nur wenig Grip und musst auf der Hut sein. Jeder Fehler kann dich teuer zu stehen kommen. Hinzu kommt der seltsame Zeitplan. Daran sind wir nicht gewöhnt. Es ist sehr seltsam, einen so anderen Zeitplan zu verfolgen. Über die Jahre sammelt man aber Erfahrungen und lernt jedes Mal mehr über dieses spezielle Wochenende dazu."
Schafft der WM-Kampf mehr Möglichkeiten?
Frage: "Ist es eine Erleichterung für dich, das die Fahrer, die in der Gesamtwertung vor dir stehen, nun mehr und mehr auf den Titelkampf bedacht sein müssen? Kannst du Kapital daraus schlagen?"
Kubica: "Ganz ehrlich: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich denke, in den letzten fünf Rennen wird es sehr schwierig sein, mit den drei Topteams zu kämpfen."
"Sie werden sicherlich große Anstrengungen unternehmen, um die Meisterschaft für sich zu entscheiden. Ich rechne also damit, dass sie uns etwas davonziehen. Es sind einfach drei Teams, die eng beisammen liegen und allesamt um die Titel kämpfen. Im Endspurt des Jahres werden sie im Prinzip ihre eigene Meisterschaft fahren."
"Sollte sich uns eine Chance bieten, wollen wir diese natürlich maximal nutzen. Würde ich mehr Risiken eingehen, wenn ich wüsste, dass der Fahrer vor mir an den Titel denkt? Woher weiß ich denn, dass es sich so verhält?"
"Fährt der Pilot vor mir auf dem fünften Platz, verliert er schließlich viele Punkte auf den Fahrer, der aktuell an Rang eins liegt. Das kann für beide Seiten funktionieren. Jedes Rennen schreibt nun eben seine eigene Geschichte. Wir müssen schon abwarten, wo wir uns dabei einsortieren werden."
Frage: "Nico Rosberg nennt dich als seinen Hauptkonkurrenten. Siehst du das ähnlich?"
Kubica: "Ich kämpfe gegen jeden. Es stimmt aber: Nico und ich liegen sehr eng beisammen. Ich würde ihn aber nicht als meinen Hauptrivalen bezeichnen, denn das trifft auf alle Fahrer zu. Ich möchte sie alle schlagen."
"Für mich spielt es keine Rolle, ob ich nun vor oder hinter Nico ankomme. Wichtig ist nur, das Maximum aus dem Auto herauszuholen. Ich möchte möglichst viele Punkte abgreifen. Sollte das ausreichen, um ihn in der Gesamtwertung zu überholen, dann ist das okay. Wenn nicht, auch recht."
Kubica sieht keine Schwierigkeiten bei Heidfeld
Frage: "Dein ehemaliger Teamkollege Nick Heidfeld kehrt an diesem Wochenende in die Formel 1 zurück und ersetzt Pedro de la Rosa als Stammfahrer bei Sauber. Wie schwierig ist es, während der Saison einen Stallgefährten zu ersetzen? Du kennst das aus eigener Erfahrung..."
Kubica: "Ich denke, die Situation war eine andere, als ich damals Jacques ersetzte."
"Ich hatte keinerlei Rennerfahrung in der Formel 1, wohingegen Nick ein ungeheuer erfahrener Pilot ist. Er ist schon viele Jahre lang in der Formel 1 an den Start gegangen und kennt darüber hinaus auch das Team sehr gut. Ich sehe nicht, dass es schwierig wird für ihn, denn er ist ein sehr guter Fahrer. Er wird meiner Meinung nach keinerlei Probleme bekommen."
Frage: "In den vergangenen Jahren konnten Fahrer, die während der Saison zum Stammpiloten bestellt wurden, nur mäßig überzeugen. War es in deinem Fall von Vorteil, einige Testkilometer abgespult zu haben?"
Kubica: "Als ich damals ins Renncockpit befördert wurde, hatte ich zwar einige tausend Testkilometer abgespult, aber eben noch keinen Grand Prix."
"Ich weiß nicht, wie viele Rennen Heidfeld schon bestritten hat, doch das waren sicherlich mehr als einhundert. Bei seiner Erfahrung wird er keine Probleme haben. Anders war es bei Fisichella im vergangenen Jahr bei Ferrari, denn dieses Auto war wohl schwierig zu fahren. Bei Force India war das Fahrzeug ganz anders."
"Bei Nick ist die Lage eine andere, denn bis vor zehn Monaten ist er mit diesem Rennwagen unterwegs gewesen. Das Auto an sich mag sich zwar etwas verändert haben, doch das ist immer noch das gleiche. Er sollte also gleich ein ordentliches Wochenende haben. Natürlich muss er schnell auf Geschwindigkeit kommen, aber er ist gut genug, um das zu schaffen. Er wird keine Probleme haben."
Frage: "Was sagst du dazu, dass Kimi Räikkönen in die Formel 1 zurückkehren könnte?"
Kubica: "Alles ist möglich. Sollte er sich dazu entscheiden, wieder in der Formel 1 an den Start zu gehen, so würden ihn wohl alle willkommen heißen. Er würde gewiss keine Schwierigkeiten damit haben, sich wieder hineinzufinden, obwohl Rallyefahren etwas komplett anderes ist."
"Ich kenne aber seine Pläne nicht und weiß nicht, was er tun will. Wäre ich an seiner Stelle, ich würde in der Rallye-WM bleiben. Nicht, weil ich mir wünsche, dass er dort bleibt. Ausgehend von meinem Charakter würde ich eben so entscheiden. Ich kann das aber nur schwer einschätzen, weil ich seine Position nicht kenne."

