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  • 01.06.2010 13:26

  • von Lennart Schmid

Marko: Anweisung war keine Stallorder

Helmut Marko sieht die Schuld am Crash zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber nach wie vor bei dem Australier und dessen Renningenieur

(Motorsport-Total.com) - Zwei Tage nach dem verhängnisvollen Unfall zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber scheint man sich bei Red Bull endgültig darauf geeinigt zu haben, bei wem die Schuld an der Kollision zu suchen ist. Demnach hätte Webber in den beiden Runden vor dem Zusammenstoß von seinem Renningenieur Ciaron Pilbeam erfahren sollen, warum Vettel plötzlich schneller fahren konnte.

Titel-Bild zur News: Dr. Helmut Marko

Hört im Boxenfunk immer genau hin: Red-Bull-Motorsport-Berater Helmut Marko

"Der Renningenieur hat den Auftrag bekommen, ihm [Webber; Anm. d. Red.] zu erklären, was los ist. Also dass Vettel nicht ihn attackiert, sondern dieses Tempo gehen muss, damit er nicht von Hamilton überholt wird", so Red-Bull-Motorsport-Berater Helmut Marko in der Sendung 'Sport und Talk im Hanger 7'.#w1#

Webber sollte sich nicht gegen den schnelleren Vettel wehren, sondern sein Auto schonen, "um dann die Attacken von Hamilton abwehren zu können". Doch der bis dahin Führende wurde über die Anweisungen der Teamleitung nicht in Kenntnis gesetzt. "Warum, ist bis heute nicht ganz klar. Dieser Ingenieur hatte einfach einen Blackout, er hat nicht richtig reagiert."

Die Situation in der 40. Runde sei demnach aufgrund eines Fehlverhaltens Pilbeams entstanden, da er eine direkte Anweisung des Teamchefs Christian Horner nicht an seinen Fahrer weitergeleitet habe. Red Bull zieht daraus die Konsequenz, künftig eine Direktleitung im Funkverkehr einrichten zu wollen, sodass Horner direkt mit beiden Fahrern sprechen kann.

Stallregie bei Red Bull?

Markos Darstellung der Abläufe wirft allerdings die Frage auf, ob eine derartige Anweisung der Teamleitung nicht als Stallregie zu betrachten ist. Diese ist in der Formel 1 seit der zuweilen allzu offensichtlichen Bevorzugung Michael Schumachers bei Ferrari gegenüber dessen damaligen Teamkollegen Rubens Barrichello offiziell verboten.

Doch Marko sieht in dem Vorhaben, Vettel an Webber vorbeizulotsen, um sich gegenüber den herannahenden Lewis Hamilton abzusichern, keinen Regelverstoß. "Das ist ja keine Manipulation. Die Message an Webber hätte lauten sollen: 'Du bist zu langsam. Mit diesem Tempo ist Hamilton nicht hinter dir halten. Schone dein Auto. Und wenn Vettel schneller ist, kämpfe nicht gegen ihn, sondern konzentriere dich auf Hamilton.' Das ist keine Stallorder."

Mark Webber

Ingenieur Ciaron Pilbeam (r.) leitete die Anweisung des Teamchefs nicht weiter. Zoom

Für die kommenden Tage ist eine Krisensitzung in der Teamzentrale in Milton Keynes anberaumt. Dort soll der bislang so gute Teamgeist beschworen werden. "Ziel ist der Gewinn der Weltmeisterschaft. Gewinnen soll der schnellere Fahrer. Aber: Vor jedwedem Einzelinteresse muss das Gesamtinteresse, und das ist der Erfolg des Teams, stehen", unterstreicht Marko.

Webber vor Vertragsverlängerung

Es ist nicht davon auszugehen, dass Vettel und Webber nach dem Gespräch beste Freunde sein werden. "Die zwei Fahrer müssen ja nicht zusammen Abendessen, aber sie müssen kooperieren", so Marko. Unabhängig davon strebe Red Bull eine Vertragsverlängerung mit Webber an.

"Ich würde sagen, es ist mehr oder minder eine Formalität, dass die weitere Kooperation mit Webber in den nächsten Tagen finalisiert wird." Allerdings kommt wohl nur ein neuer Ein-Jahres-Vertrag in Frage. Markos Begründung: "Webber ist nicht mehr der Jüngste."