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  • 09.02.2010 21:40

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Thriller um den letzten Formel-1-Startplatz

Milliardäre unter sich: Warum Zoran Stefanovic zu hadern beginnt, wie ihm Chad Hurley helfen könnte und was Bernie Ecclestone damit zu tun hat

(Motorsport-Total.com) - In 31 Tagen beginnt in Bahrain mit dem ersten Freien Training die Formel-1-Weltmeisterschaft 2010, doch nach wie vor steht nicht fest, wie die Startaufstellung genau aussehen wird. Denn während Adrian Campos weiterhin mit massiven finanziellen Schwierigkeiten kämpft, hofft Zoran Stefanovic unverändert darauf, den FIA-Startplatz des Spaniers zu erben.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone: Verhilft er den Milliardären zum Formel-1-Einstieg?

Die Hoffnungen des serbischen Geschäftsmannes, der für sein Grand-Prix-Team Chassis und Motor von Toyota angekauft hat, haben diese Woche allerdings einen herben Dämpfer erlitten: Laut Aussage von FIA-Präsident Jean Todt und Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone dürfen die neuen Teams bis zu drei Saisonrennen auslassen. Das bedeutet theoretisch, dass Campos noch bis zum vierten Grand Prix Mitte April in China Zeit hat, um seine Probleme zu lösen.#w1#

Stefan-Teampräsentation am 25. Februar

Jetzt beginnt Stefanovic zu hadern: "Wir haben nie gesagt oder auch nur angedeutet, dass wir bevorzugt behandelt werden wollen oder einen automatischen Startplatz fordern. Wir haben gesagt, dass wir das aus eigener Kraft schaffen können. Daran arbeiten wir", erklärt er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Wenn das für diesen Sport nicht genug ist, haben wir damit kein Problem. Aber dann stellt sich die Frage: Warum sind wir für diesen Sport nicht gut genug?"

"Wenn das der Fall ist, dann hat der Sport ein Problem - und meiner Meinung nach hat der Sport in der Tat ein Problem damit, ausreichend viele Teams zu organisieren. Das ist nur unsere Meinung, aber dazu stehen wir", seufzt Stefanovic, der sich entgegen aller Widerstände nicht von seinem Weg abbringen lässt: Nachdem er einen ersten Container für die Grands Prix in Bahrain und Australien verschifft hat, wurde nun ein zweiter für Malaysia und China auf die Reise geschickt.

Dass das Drei-Rennen-Zugeständnis an Campos und US F1 eine Retourkutsche für die Stefan-Klage auf EU-Ebene ist, glaubt Stefanovic nicht: "Das kann kein Problem sein. Wir wollen nicht auf gerichtlichem Weg in die Formel 1 und wir haben nie irgendjemandem geschadet." Die ursprüngliche Klage habe er bereits im Vorjahr zurückgezogen. Damals wollte er nur Ungereimtheiten im Zuge des FIA-Einschreibungsverfahrens für die Weltmeisterschaft 2010 aus der Welt schaffen.

Zoran Stefanovic

Zoran Stefanovic hat ein fertiges Auto, aber keinen FIA-Startplatz Zoom

Dass die FIA beim Stefan-Team strikt auf ihren Statuten beharrt, gleichzeitig aber alles unternahm, um Peter Saubers Startplatz zu retten, stört Stefanovic nicht: "Damit haben wir kein Problem, im Gegenteil. Ich respektiere Peter Sauber und auch alle anderen Teams", hält er fest. "Sogar die neuen Teams, die es vielleicht nicht in die Startaufstellung schaffen werden. Aber deren Plätze sollte man dann doch mit Teams auffüllen, die Rennen fahren können!"

Denn Campos hat nach von mehreren Quellen bestätigten Informationen von 'Motorsport-Total.com' zwar einen FIA-Startplatz, aber kein Auto - Dallara soll die Zusammenarbeit mit dem spanischen Team bereits im Januar beendet haben. Campos dementiert dies klarerweise, Dallara will sich dazu nicht öffentlich äußern: "Wir halten uns in diesen Dingen an die vereinbarte Verschwiegenheit", erfuhr 'Motorsport-Total.com' bei einem Anruf in Parma.

Dallara gibt sich zugeknöpft

Dass Campos nach derzeitigem Wissensstand kein Bilderbuchkunde ist, ist Dallara-Geschäftsführer Andrea Pontremoli aber sehr wohl bewusst. Er sagt auf Anfrage nur: "Wir sprechen mit mehreren Leuten. Darüber reden kann ich nicht." Mit "mehreren Leuten" meint er offenbar auch US F1, denn aus Charlotte vernehmen wir Signale, dass die Entwicklung des US-F1-Boliden in den vergangenen Wochen ins Stocken geraten ist.

Chad Hurley

Chad Hurley scheint sich für das Dallara-Chassis zu interessieren Zoom

Über den Kopf von Teamchef Ken Anderson und Sportdirektor Peter Windsor hinweg hat daher nun Mehrheitseigentümer Chad Hurley seine Leute beauftragt, mit Dallara in Kontakt zu treten. Sollte US F1 in Bahrain mit Dallara-Chassis an den Start gehen, würden sich viele Probleme in Luft auflösen: Das amerikanische Team wäre auf der sicheren Seite, Campos hätte endgültig kein Auto mehr und die FIA könnte Stefan den letzten Startplatz geben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sowohl Hurley als auch Stefanovic Ecclestone als ersten Ansprechpartner sehen, was ihre Formel-1-Projekte angeht - ein Schelm, wer vermutet, dass der alte Zampano hinter den Kulissen die Fäden ziehen könnte, um den beiden steinreichen Geschäftsmännern in den Grand-Prix-Zirkus zu verhelfen. Dass Ecclestone Stefanovic gerne in der Formel 1 sehen würde, ist kein Geheimnis.

Interessant auch, dass Nick Craw, der amerikanische Präsident des FIA-Senats, langsam in Bedrängnis gerät. Er war es schließlich, der US F1 bei der letzten FIA-Inspektion als seriös eingestuft und noch im November gesagt hat: "Sie werden da sein und uns stolz machen!" Es würde uns nicht wundern, sollte auch Craw sein politisches Gewicht für US F1 in die Waagschale werfen, um nicht selbst blamiert zu werden...