• 12.08.2009 19:42

Die große Pressekonferenz mit Michael Schumacher

Die gesamte Pressekonferenz im Wortlaut: Nach der Comeback-Absage sprach Michael Schumacher über die Gründe, mögliche Lebensgefahr und seine Zukunft

(Motorsport-Total.com) - "Zuerst einmal vielen Dank an alle, die heute hierher gekommen sind und das Ganze kommunizieren werden. In erster Linie möchte ich natürlich mein Bedauern zum Ausdruck bringen, dass es überhaupt hierzu kommen musste, dass wir diesen Event starten müssen. Im Vordergrund steht natürlich auch der Dank an alle Jungs bei Ferrari, die mich in dieser Phase extremst unterstützt haben und für die es mir extrem leidtut, dass ich eben nicht diese Euphorie und die Emotionen, die frei geworden sind, mit unterstützen kann. Ein Riesendank geht auch an alle Fans, die mich wesentlich mehr motiviert und unterstützt haben, als ich es mir je hätte träumen lassen" - mit diesen Worten begann Michael Schumacher seine Pressekonferenz in Genf.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher ist mehr als enttäuscht, dass sein Comeback nicht klappt

Vor den versammelten internationalen Medien sprach er ausführlich über die Gründe, warum das Comeback nun doch abgesagt werden musste. Themen waren zudem die mögliche Lebensgefahr, die bei seinem Motorrad-Unfall bestanden hat, wie die Familie zur Entscheidung steht und wie Schumachers Zukunft aussieht. Hier die gesamte Pressekonferenz im Wortlaut:#w1#

Frage: "Nach dieser Absage, wie fühlst du dich? Bist du sehr enttäuscht?"
Michael Schumacher: "Es ist, denke ich, selbstverständlich, dass ich da enttäuscht bin. Es hat sich niemand ausgesucht und es war ein tragisches Schicksal, dass es überhaupt dazu gekommen ist - was Felipe passiert ist. Die Vorbereitungszeit und die ganze Situation waren natürlich nicht das, was man sich wünscht. Aber es war nun einmal so. Und aufgrund dieser Umstände war ich natürlich gern bereit, zur Hand zu gehen und unserem Team zu helfen - mit allen Emotionen, mit allen Motivationen, die bei mir dabei frei geworden sind und mit vollem Engagement. Letzten Endes hat es aus den besagten Gründen, die wir gleich noch erörtern werden, doch nicht geklappt."

"Es hat sich ja keiner ausgesucht, dass Felipe in Budapest diesen Unfall hat und insofern war es nie geplant." Michael Schumacher

Frage: "Warum hast du dich nicht vorher checken lassen, warum konntest du nicht vorher wissen, dass du es nicht hinbekommen wirst?"
Schumacher: "Zum einen war die Zeit sehr eingeschränkt, zum anderen ist im Prinzip nur eine Fahrt in einem solchen Auto, in einem Formel-1-Auto die, die einem Auskunft darüber gibt, ob es möglich ist oder nicht. Wir haben von Anfang an - sowohl Ferrari als auch wir - kommuniziert, dass wir bereit sind, aber unter der Voraussetzung, dass es für mich möglich ist."

"Es war kein Geheimnis, dass ich am Anfang dieses Jahres den Motorradunfall hatte und wir haben gleich von vorneherein darauf hingewiesen, dass es kein 100-prozentiges Ja ist, sondern dass wir erst noch gewisse Situationen überprüfen mussten und das ging nur mit diesem Test, den wir in Mugello gefahren sind. Mein Arzt hatte mir vorher schon gesagt, dass genau diese Belastung der entscheidende Punkt sein wird, wo wir feststellen werden, wie sich die Dinge entwickeln werden. Wir müssen natürlich aber auch danach eine gewisse Zeit haben, um den Entwicklungsverlauf festzustellen. Und erst danach kann man eine definitive Analyse betreiben und auch eine definitive Antwort geben. Und das war der besagte Montag."


Fotos: Michael Schumacher testet in Mugello


Frage: "Hätte man das Comeback besser vorbereiten können?"
Schumacher: "Es hat sich ja keiner ausgesucht, dass Felipe in Budapest diesen Unfall hat und insofern war es nie geplant. Es hat auch für mich nie irgendwelche seriösen Absichten gegeben, in die Formel 1 wieder zurückzukehren. Noch einmal: Es war ein reiner Hilfedienst für Felipe, dem ich damals mein Cockpit überlassen habe, weil ich einfach nicht mehr wollte und ich in Felipe einen würdigen Nachfolger gesehen habe."

"Im Moment ist für mich der wichtigste Punkt - und der traurigste, womit ich selbst ein bisschen zu kämpfen habe - dass ich meinen Freunden bei Ferrari eben nicht helfen kann." Michael Schumacher

"Und jetzt, wo Felipe außer Gefecht ist und da wir enge Freunde sind, war es für mich eine Selbstverständlichkeit, zur Verfügung zu stehen. Die Zeit, die wir hatten, war eingeschränkt - das wissen wir alle. Insofern gab es keine bessere Vorbereitung als die, die wir jetzt auch umgesetzt haben. Das haben wir schon auf die Situation hin optimiert."

Frage: "Jetzt gibt es Spekulationen, dass du in Monza fahren wirst - oder im nächsten Jahr. Was sagst du dazu?"
Schumacher: "Spekulationen gibt es in diesem Geschäft ständig. Aber im Moment ist für mich der wichtigste Punkt - und der traurigste, womit ich selbst ein bisschen zu kämpfen habe -, dass ich es eben nicht wahrnehmen kann und meinen Freunden bei Ferrari eben nicht helfen kann. Das ist das, was mich im Moment natürlich erst einmal viel mehr beschäftigt."

Frage: "Luca Badoer wird dich nun ersetzen. Ist er denn erfahren genug? Er ist ja schon lange keine Rennen mehr gefahren..."
Schumacher: "Luca Badoer ist schon genauso lange dabei wie ich, wenn mich nicht alles täuscht. Und er ist schon immer Ersatz- und Testfahrer für uns gewesen. Das heißt: Seine Aufgabe hat eigentlich immer genau darin bestanden, für den Fall der Fälle, für diese Situation fit zu sein. Man hat sich damals bei meinem Unfall für eine andere Variante entschieden, ob die jetzt besser oder schlechter war, muss man dahingestellt sein lassen. Man hat ihm aber natürlich auch danach versprochen, dass er definitiv diesen Job übernehmen wird, sollte es nochmals zu einer solchen Situation kommen."

"Man muss ihm auch anrechnen, dass er mich akzeptiert hat als einzigen, dass er mir den Vortritt gelassen hat und auch dem Team gegenüber kommuniziert hat, dass ich der einzige wäre, der 'in seinen Augen den Job machen dürfte'. Ansonsten wäre er eigentlich gesetzt. Insofern ist es selbstverständlich, dass er diese Rolle jetzt übernimmt. Er hat sich gut darauf vorbereitet, er ist derjenige, der das Team mit am besten kennt, der alle Abläufe aller Ingenieure, alle Details kennt und deshalb für meine Begriffe die beste Lösung ist."

Überrascht von den Reaktionen

Frage: "In Mugello haben dich die Fans gestern noch erwartet und alle schienen sehr überrascht über deine Entscheidung zu sein. Wie sehr war Ferrari überrascht? Denn man hatte fast den Eindruck, dass Ferrari zu 100 Prozent auf deine Rückkehr gesetzt hat - und jetzt ist Luca Badoer. Gab es parallel zu deinem Comebackversuch einen Plan B?"
Schumacher: "Ich habe es ja bereits gesagt: Es war alles offen kommuniziert mit Ferrari und auch nach außen, dass es unter gewissen Bedingungen klappen kann. Dass wir eben erst gewisse Fragezeichen beseitigen müssen. Italiener sind natürlich etwas emotionaler und tendieren vielleicht eher zu emotionalen Gefühlen. In der Hinsicht habe ich von Anfang an gesagt: 'Das ist das Programm und das sind die Fragezeichen, die für mich zu klären sind und danach kann ich vielleicht das endgültige Go geben'."

"Diese Euphorieskala ist schon extrem gewesen und deshalb ist verständlich, dass die Enttäuschung entsprechend groß ist." Michael Schumacher

"Wir alle - natürlich auch Ferrari - waren absolut überrascht von diesen positiven Emotionen. Die Energie auch im Team, die da frei geworden ist - ich war sehr überrascht, wie die Gespräche mit den Ingenieuren abgelaufen sind, wie euphorisch das alles abgelaufen ist. Das war schon schön zu sehen - und entsprechend war dann schon die Enttäuschung. Diese Euphorieskala ist schon extrem gewesen und deshalb ist verständlich, dass die Enttäuschung entsprechend groß ist."

Frage: "Aber intern wurde immer schon besprochen, dass Luca Badoer fährt, falls du nicht startest?"
Schumacher: "Ja, das war klar. Luca war natürlich auch informiert. Wir kennen uns lange genug und wir sind gute Freunde. Auch wenn er sich eh immer vorbereitet hat - in diesem Fall hat er sich sicher noch seriöser vorbereitet. Weil es einfach einen gewissen Prozentsatz gab, dass es eventuell so kommen würde."

¿pbvin|512|1821||0|1pb¿Frage: "Hast du sofort zugesagt, als dich Luca di Montezemolo gebeten hat zu fahren, oder hast du da Bedenkzeit gebraucht?"
Schumacher: "Ich wusste, warum ich nach Maranello fahre. Es war nicht so, dass ich dort völlig ahnungslos angekommen bin und dann plötzlich diese Frage bekam und antworten musste. Ich hatte also genügend Zeit, mich gemeinsam mit Corinna auf diese Frage vorzubereiten und eine Entscheidung zu treffen. Als ich nach Maranello kam, habe ich ganz ehrlich mehr zu einem Nein als zu einem tendiert. Aber man kennt Montezemolo. Er ist ein sehr guter Freund von mir und wir kommen sehr gut miteinander aus - und er kann Menschen sehr gut überzeugen. Und das ist ihm gelungen. Es war eine ziemlich emotionale Entscheidung, weniger eine geplante Entscheidung. Corinna sagte mir: 'Tu, was du tun musst', also bin ich zu dem Meeting gefahren und er konnte mich überzeugen. Gewissermaßen haben wir alles richtig gemacht. Aber keiner wusste, was kommen würde."

"Das Positive an der ganzen Sache ist eigentlich, dass es ihm nach dieser schweren Verletzung schon wieder so gut geht." Michael Schumacher

Frage: "Hattest du zuletzt auch noch Kontakt zu Felipe Massa?"
Schumacher: "Ich habe natürlich ständig immer wieder Kontakt zu Felipe. Wir sind nicht nur Rennfahrerkollegen, sondern privat schon über viele, viele Jahre befreundet. Und insofern ist es selbstverständlich. Wir haben gestern erst noch miteinander gequatscht. Es geht ihm gut, er ist sehr motiviert und er arbeitet natürlich an sich selbst, um so schnell wie möglich wieder dabei sein zu können und er freut sich natürlich auch, dass er irgendwann wieder ins Lenkrad greifen kann. Aber das Positive an der ganzen Sache ist eigentlich, dass es ihm nach dieser schweren Verletzung schon wieder so gut geht."

Frage: "Wirst du trotzdem nach Valencia gehen und Luca Badoer zur Seite stehen?"
Schumacher: "Ich werde mit dem Team besprechen, inwiefern wir der Meinung sind, dass das positiv ist oder vielleicht doch eher Konfusionen bringen würde. Das muss man dann schauen. Wenn ich da helfen kann, wäre ich natürlich bereit. Das ist das, was ich dem Team auch vermittelt habe. Ich bin für das Team da, aber natürlich nicht so, wie ich es gern getan hätte."

Comeback ja oder nein?

Frage: "Es war auch vorgesehen, dass du am Valencia-Wochenende in Assen Superbike fährst. Wirst du das nun machen?"
Schumacher: "Nein, das haben wir abgesagt. Ich habe im Moment nicht das Gefühl, dass ich das machen könnte. Ich brauche etwas Zeit, um mich selbst neu zu organisieren und dann schauen wir, was ich in dieser Hinsicht machen will."

"Ich musste gerade eben erst eine sehr schwierige Entscheidung treffen und meine Pläne absagen. Darüber denke ich im Moment nach." Michael Schumacher

Frage: "Auf die Frage, was das nächste Jahr dir bringen würde, hast du etwas darum herumgeredet, ob es nach Valencia möglich ist, dass du wieder einsteigst. Bedeutet die jetzige Verletzung für dich das endgültige Aus für die Formel 1 - dass du nie mehr Formel 1 fahren wirst?"
Schumacher: "Wenn ich Dr. Peil richtig verstanden habe, dann gibt es in rein medizinischer Hinsicht keine Gründe, warum das vielleicht nicht mehr der Fall sein könnte. Aber es ist kein Thema, mit dem ich mich gerade im Moment befasse."

Frage: "Kannst du dir vorstellen, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem du dich wieder mit dem Thema befassen wirst, obwohl du ja nicht jünger wirst? Und du bist in einem superfitten Zustand - wo geht all die Energie hin, wenn du jetzt nicht Rennen fährst?"
Schumacher: "Ich bin immer schon jemand gewesen, der auf sich selbst achtet. Das habe ich natürlich in den vergangenen zwei Wochen extrem verstärkt. Aber wenn man - und jetzt ist ja auch Sommer - das T-Shirt wieder ausziehen darf, dann ist das ja auch nicht allzu schlimm. Insofern ist die Energie höchstens so zu verstehen: Ich werde weiterhin meine Kart-Aktionen betreiben, weil es Spaß macht, aber alles andere steht im Moment überhaupt nicht zur Diskussion."

Frage: "Besteht denn noch die Chance, dass wir ein Comeback von Michael Schumacher in der Formel 1 erleben - zum Beispiel, wenn Ferrari im kommenden Jahr drei Autos einsetzt?"
Schumacher: "Ich habe das Statement von Luca di Montezemolo gestern auch gehört. Aber man muss Verständnis dafür haben, dass ich über so etwas im Moment nicht nachdenke. Ich musste gerade eben erst eine sehr schwierige Entscheidung treffen und meine Pläne absagen. Darüber denke ich im Moment nach. Ich möchte derzeit nicht allzu sehr über die Zukunft nachdenken."

"Ich befinde mich gerade in der vielleicht schwierigsten Phase meiner Karriere. Ich bin zwar zurückgetreten, aber als Rennfahrer hatte ich mich für einen Moment wie zurück im Leben gefühlt. Und jetzt musste ich all das absagen, und darüber denke ich im Moment nach. Und nicht über das, was in der Zukunft vielleicht ist."

Rücktritt war die richtige Entscheidung

Frage: "Die weltweiten Reaktionen auf dein mögliches Comeback und auch deine eigenen Emotionen - haben sie in dir Zweifel geweckt, ob der Rücktritt vielleicht der richtige Schritt war?"
Schumacher: "Nein, es gibt keinen Zweifel an meiner Entscheidung, die ich Ende 2006 getroffen habe. Ich war einfach nicht mehr motiviert und war nicht mehr in der Lage dazu, so weiterzumachen. Ich wollte nicht mehr. Ich war jetzt von den Reaktionen positiv überrascht. Im Team, von den Fans - ich hätte nicht mit solch positiven Reaktionen gerechnet."

"Die Batterie war leer. Ich hätte nichts mehr geben können." Michael Schumacher

Frage: "Hattest du je das Gefühl, dass du zu früh aus der Formel 1 ausgestiegen bist?"
Schumacher: "Ich habe das für mich selbst entschieden. Es ist für euch sehr schwierig zu verstehen, denn ihr kennt meine körperliche Verfassung und meine Gefühle aus dem Jahr 2006 nicht. Aber die Batterie war leer. Ich hätte nichts mehr geben können. Deshalb bedaure ich die Entscheidung auch jetzt nicht. Es gab keinen Zwang, aufzuhören. Ich hatte ein sehr gutes Angebot, weiterzumachen - aber ich wollte es nicht."

Frage: "Wie groß waren die Schmerzen? Was hat am Montagabend für dich den Ausschlag gegeben zu sagen, dass es nicht geht? Waren es die Schmerzen oder war es vielleicht auch die Befürchtung, dass du bleibende Schäden davontragen könntest, wenn etwas passiert in Valencia?"
Schumacher: "Zuerst einmal waren es die Schmerzen. Sie waren gleich beim ersten Test sehr dominant vorhanden. Ich habe mir dann bewusst einen Tag Pause gegeben und Felipe am Samstag in Budapest besucht, um am Tag danach wieder in mein Training einzusteigen. Wir haben in diesen folgenden Tagen immer wieder versucht, auch über Medikamente die Schmerzen und die Entzündungen in den Griff zu bekommen. Das ist letzten Endes nicht gelungen. Es ging letzten Endes nicht so, dass ich den Nacken selbst im normalen Training weiterhin belasten konnte. Ich war weit von dem weg, was ich aus meiner Erfahrung weiß, was ich tun müsste. Und das war einfach nicht möglich."

"Deshalb haben wir auch die Untersuchung vorgezogen, um zu schauen, wo wir stehen und warum ich die Schmerzen habe. Die Schmerzen sind begründet durch das, was Dr. Peil erklärt hat. Und in der Zeit war es ganz einfach nicht möglich, schmerzfrei zu fahren. Es ging einfach nicht. Und insofern musste ich absagen. Zudem kam auch noch die Information, dass wir von der Konsolidierung der Probleme, die durch den Motorradunfall gekommen sind, noch nicht da sind, dass es komplett ausgeheilt ist. Das heißt: Auch bei einem Unfall ist natürlich die Situation nicht so stabil und nicht so gestärkt, als dass das nicht ohne Folgen ablaufen würde und auch ein gewisses Risiko vorhanden ist."

¿pbvin|512|1827||0|1pb¿Frage: "Hattest du vor diesen Tests Bedenken, dass es vielleicht doch nicht klappen könnte, dass die Verletzungen aus dem Februar Folgen haben könnten?"
Schumacher: "Ich denke, dass wir gleich von Anfang an klar und offen kommuniziert haben, dass das die Schwachstelle sein würde. Die Verletzung war mir bekannt. Ich konnte die Belastungen sukzessive steigern. Aber es war nie auf dem Niveau, wie es in einem Formel-1-Auto zu simulieren wäre. Ich bin Kartrennen gefahren, das ging sukzessive immer besser, aber ein Kart ist halt kein Formel 1. Insofern war das das Fragezeichen. Das habe ich auch ganz offen kommuniziert mit unserem Präsidenten, mit Luca di Montezemolo, bei unserem persönlichen Gespräch, dass das erst beantwortet werden muss, inwiefern es geht. Deshalb habe ich auch bewusst auf einen Test bestanden, der ja auch nicht so ohne Weiteres möglich war. Man konnte es aber doch irgendwie ermöglichen. Und insofern war es bekannt."

Michael Schumacher

Beim Test in Mugello zeigte sich, dass die Schmerzen zu groß sind Zoom

Frage: "Wie groß waren die Schmerzen beim Fahren?"
Schumacher: "Wenn es eine kleine Sache wäre, hätte man es vielleicht mit Medikamenten behandeln können. Aber es war schmerzhaft genug, dass ich einfach nicht in der Lage dazu war. Und wenn man das Auto nicht fahren kann - und ich will ja nicht spazieren fahren - ist es eben unmöglich."

Frage: "Was schmerzt mehr - dass der Körper nicht das hergibt, was du gern hättest, oder dass du in Valencia nicht starten kannst?"
Schumacher: "Der meiste Schmerz ist der, dass ich eben nicht für Felipe einspringen kann. Ich habe an mich selbst natürlich gewisse Erwartungen und bin seit über zehn Jahren ein Teil der Ferrari-Familie. Und es ist nun einmal eine außergewöhnliche Situation, in der ich natürlich gern bereit gewesen wäre, dem Team zu helfen. Und das geht nicht. Das ist dann natürlich schon frustrierend."

Frage: "Du wirkst recht niedergeschlagen, du hattest in deiner Rennkarriere viele Höhen und Tiefen. Wie sind deine Emotionen jetzt - wir hart ist es, Ferrari nicht helfen zu können?"
Schumacher: "Es ist sehr enttäuschend, denn die Vorbereitung meines gesamten restlichen Körpers, mein Gewicht, das ging alles wirklich schnell, denn ich hatte immer ein gewisses Fitnesslevel gehalten. Es war zwar nicht so wie früher, aber es kam sehr schnell wieder. Ich hatte wieder exakt das Gewicht wie bei meinem letzten Rennen in Brasilien. Meine Ergebnisse beim Krafttraining, die Gewichte, wozu ich in der Lage war - alles hat bestens gepasst. Aber wenn alles gut funktioniert und in die richtige Richtung geht, aber eben das Wichtigste nicht, dann ist das recht traurig."

Frage: "Du bist nicht nur dafür bekannt, körperlich richtig fit zu sein, sondern auch dafür, dass du mental sehr fokussiert bist. Jetzt siehst du dich mit diesen Schwierigkeiten konfrontiert, die du vielleicht nie überwinden wirst. Was planst du, um dich davon zu erholen - nicht nur körperlich, sondern auch mental?"
Schumacher: "Ich mache mir darüber keine Gedanken. Derzeit überwiegt bei mir natürlich die Enttäuschung. Aber ich bin sowieso schon ein zurückgetretener Rennfahrer, deshalb weiß ich nicht, inwiefern es mich beeinflusst."

Plötzlich kamen die Schmerzen

Frage: "Aber du hattest trotzdem noch den sportlichen Ehrgeiz, bist Motorradrennen gefahren und so weiter..."
Schumacher: "Ja, aber bei all dem habe ich keine Grenzen gekannt. Wenn man die Kräfte, die in einem Formel-1-Auto herrschen, mit den anderen Sportarten vergleicht, die ich betrieben habe - ich weiß nicht, wie oft man von den wesentlich größeren Kräften und Anstrengungen spricht. Es ist recht einfach, ein Motorrad zu fahren - zumindest auf dem Niveau, auf dem ich gefahren bin."

Frage: "Die Leute haben dich immer als den Größten in der Formel 1 gesehen, der alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt. Denkst du, dass sie dich nun mehr auch als normalen Menschen sehen?"
Schumacher: "Das sind alles Fragen, über die ich mir keine Gedanken mache. Ich kann solche Fragen nicht beantworten, weil etwas mehr Zeit brauchen würde, um darüber nachzudenken."

Frage: "Wie war der Moment, als du gemerkt hast, dass es nicht gehen wird?"
Schumacher: "Es ist ein Prozess, es ist kein einzelner Moment, in dem man es spürt. Zunächst waren da die Schmerzen beim ersten Test, dann glaubt man natürlich, dass das vergehen wird und man weitermachen kann. Dann aber waren die Schmerzen zu groß und deshalb haben wir die Untersuchung gemacht. Und diese Untersuchung hat erklärt, warum ich die Probleme habe und warum es nicht möglich ist."

Corinna und Michael Schumacher

Mit seiner Frau Corinna hat Michael Schumacher alles besprochen Zoom

Frage: "Hast du aufgrund des Tests die Meinung, dass du in der Formel 1 auf Anhieb wieder konkurrenzfähig gewesen wärst?"
Schumacher: "Der Test in Mugello war natürlich keine Referenz, weil wir GP2-Reifen und eine spezielle Spezifikation des Autos hatten, die wir fahren durften. Aber wieder ins Auto zu steigen, das Auto zu fahren - das hat sich für mich recht natürlich angefühlt. Ich hatte keinerlei Probleme, mich wieder an den Speed zu gewöhnen und einen Rhythmus zu finden. Das einzige Problem waren die Schmerzen. Und es war recht heftig, vor allem auf den Bodenwellen. Aber es war kein großes Thema für mich, mich wieder einzugewöhnen."

Frage: "Deine Frau Corinna war immer deine größte Stütze. Was hat sie über dein mögliches Comeback gesagt?"
Schumacher: "Ich habe mit ihr die ganze Zeit sehr offen darüber gesprochen. Und sie sagt mir sehr genau, was sie darüber denkt - wie in all den Jahren zuvor. Sie hat mich sehr unterstützt und hat gesagt: 'Wenn es das ist, was du machen willst, dann mach' es'. Sie ist eine großartige Person an meiner Seite."

Frage: "Habt ihr auch über eure Vereinbarung gesprochen, dass du nur dann zurückkommst, wenn es absolut sicher ist?"
Schumacher: "Das ist ja ganz klar. Wir haben eine Familie und es ist doch ganz normal, dass man sich verantwortungsbewusst verhält."

Der Glaube an das Schicksal

"Ich lebe im Glauben an das Schicksal. Und es war mein Schicksal, diesen Unfall zu haben." Michael Schumacher

Frage: "Wie denkst du nun über die Superbikes, nachdem sie zu dieser Situation geführt haben?"
Schumacher: "Ich lebe im Glauben an das Schicksal. Und es war mein Schicksal, diesen Unfall zu haben. Ich fahre wirklich gern Motorrad, aber hinterher ist man immer schlauer. Wir wissen alle, dass Motorradfahren gefährlicher ist. Aber das ist ein Teil meiner Natur - so bin ich. Ich springe aus Flugzeugen, ich fahre Formel 1, ich fahre Motorrad - das bin ich. Man kann auf der einen Seite sagen, dass es ein wirklich heftiger Unfall war. Zur gleichen Zeit kann man aber auch sagen, dass ich diesen Unfall überlebt habe. Man kann es positiv oder negativ sehen. Und ich sehe natürlich das Positive. Jetzt bedaure ich, dass ich es getan habe, denn es hindert mich daran das zu tun, was ich gehofft hatte, zu tun."

Frage: "Vor einigen Monaten hast du in einem Fernsehinterview gesagt, dass du nach dem Silverstone-Unfall 1999 gedacht hast, dass das auch hätte ins Auge gehen können. Jetzt hören wir von Dr. Peil, dass der Unfall im Februar doch viel mehr verursacht hat, als vielleicht die Öffentlichkeit bisher wusste. Wie bist du in diesen Momenten mit dieser Situation, die ja nicht ganz banal war, umgegangen?"
Schumacher: "Silverstone war keine so extreme Situation, ich war in Silverstone zumindest während des Unfalls nicht ohnmächtig. was dann später passiert ist, ob das eine Art Ohnmacht war oder nicht, das weiß ich nicht. Aber von dem Motorradunfall habe ich nichts mitbekommen. Ich habe keinerlei Erinnerung an das, was passiert ist. Ich habe natürlich die Bilder gesehen und habe auch ein Video bekommen und kann es rekonstruieren. Alles, was ich dann weiß, ist, dass ich irgendwann wach geworden bin und natürlich meine Probleme hatte. Aber obwohl diese Probleme nicht ohne waren - ich weiß nicht, ob man lebensbedrohlich sagen kann, auf jeden Fall waren sie schon heftig - sitze ich trotzdem hier und glaube, dass ich irgendwann, wenn alles komplett verheilt und in Ordnung ist, wieder ein völlig normales Leben führen kann."

"Ich glaube, dass ich irgendwann, wenn alles komplett verheilt und in Ordnung ist, wieder ein völlig normales Leben führen kann." Michael Schumacher

Frage: "Welchen Einfluss hatte deine Familie auf deine Entscheidung am Montag?"
Schumacher: "Es ist definitiv so, dass Corinna zu jeder Zeit komplett im Bilde war, wir uns ständig ausgetauscht haben und über alle verschiedenen Dinge geredet haben. Sie hat mich in jeder Hinsicht unterstützt und hatte keine Zweifel. Sie weiß, wie ich bin. Wir sind so lange zusammen, sie kennt mich, sie weiß auch, dass ich die Dinge - vielleicht bis auf das eine Mal beim Motorradfahren - im Griff habe, auch wenn ich viele verrückte Dinge mache. Sie vertraut mir da und sagt: 'Das, was für dich das Beste ist, musst du dann auch letzten Endes tun'. Insofern war es jetzt nicht so, dass wir uns hingesetzt haben und eine Entscheidung getroffen haben. Sondern aufgrund der Problematik konnten wir gar nicht anders entscheiden."

Frage: "Hattest du jemals Angst, nach dem Unfall wieder auf das Motorrad zu steigen und auf die Rennstrecke zu gehen?"
Schumacher: "Nein, ich hätte es ja nicht tun müssen. Wenn du Angst hast vor irgendetwas, was du nicht tun musst, dann machst du es nicht. Insofern hatte ich keine Angst."

Frage: "Hat Corinna jetzt mehr Angst, wenn sie weiß, dass du Motorrad fährst?"
Schumacher: "Es ist ihr sicherlich unwohler, mich auf einem Motorrad zu sehen als im Auto - keine Frage."

Frage: "Hast du schon überlegt, ihr zuliebe aufzuhören?"
Schumacher: "Sicher. Deshalb ist ja auch Assen kein Thema."

Herausforderungen der Zukunft

Frage: "Du hast heute sehr viel von der Ferrari-Familie gesprochen, der du dich sehr verbunden fühlst. Dein Vertrag läuft nach dieser Saison aus. Wirst du ihn verlängern?"
Schumacher: "Auch das ist nicht Gegenstand unserer bisherigen Besprechungen gewesen. Wir haben bis jetzt in keiner Hinsicht über irgendwelche Verträge gesprochen. Es ist so, dass man mir für diesen Einsatz sicherlich etwas offeriert hat, aber es ist nicht so, dass wir bis jetzt über irgendwelche Zukunftspläne gesprochen haben. Das wäre im Normalfall in nächster Zeit geschehen, aber durch die Vorbereitung ist das natürlich erst einmal ein bisschen hinten angestellt. Aber das wird sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt aufkommen und dann werden wir schauen, inwiefern wir der Meinung sind, dass wir in Zukunft weiter zusammenarbeiten wollen."

Frage: "Du bist ein absoluter Spitzenfahrer in der Formel 1, du bist ein passabler Fußballspieler, du bist in anderen Sportarten ganz gut - welche Herausforderung würde dich noch reizen?"
Schumacher: "Ich habe es schon früher mehrfach erwähnt, dass mit 40 schon irgendwann die Zeit an einem nagt. Und als aktiver Sportler, der über diese Grenze fällt, kann man nur noch an Spaß denken. Das habe ich in den vergangenen Jahren getan und ich gehe davon aus, dass ich es weiter tun werde. Was das sein wird, wird sich zeigen - was man dann eben noch so machen kann."

Frage: "Hast du schon eine Idee?"
Schumacher: "Ich glaube, im Moment ist der falsche Zeitpunkt, um über Ideen nachzudenken."