• 06.06.2009 12:04

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Alternativserie nicht nur ein Fahrerlagergespenst

Die FOTA wünscht sich eine Einigung mit der FIA, John Howett betont aber, dass eine Alternativserie nicht nur eine leere Drohung ist

(Motorsport-Total.com) - Zwischen dem Automobilweltverband FIA und der Teamvereinigung FOTA gibt es sechs Tage vor Bekanntgabe der Einschreibungen für die Weltmeisterschaft 2010 noch immer keine Einigung. Zwar gab es zuletzt in Monte Carlo eine Annäherung, doch von einem finalen Kompromiss, mit dem alle leben können, ist die Formel 1 derzeit noch weit entfernt.

Titel-Bild zur News: John Howett

John Howett lässt mit seiner Drohung einer Alternativrennserie nicht locker

Die FOTA hat am 29. Mai gemeinsam mit der Blockeinschreibung ihrer neun Teams - damals noch mit Force India - einen umfassenden Vorschlag eingereicht, wie die Kosten in der Königsklasse des Motorsports auch ohne klassische Budgetobergrenze gesenkt werden könnten. Seither warten die Teams auf Antwort: "Es gab keine Kommunikation", sagt Toyota-Teampräsident John Howett, gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der FOTA, gegenüber 'Motorsport-Total.com'.#w1#

FOTA und Force India weiter harmonisch

Force India wolle man trotz der separaten Einschreibung weiterhin als Mitglied behalten - heute soll diesbezüglich ein Gespräch zwischen Howett und Vijay Mallya stattfinden. Man hört, dass auf den indischen Rennstall von außen Druck ausgeübt wurde: Offenbar wurde Mallya gedroht, dass er nicht unter den 13 lizenzierten Formel-1-Teilnehmern sein könnte, sollte er sich nicht separat einschreiben, und zweitens hätte man ihm auch den für 2011 geplanten Indien-Grand-Prix wegnehmen können.

"Entweder werden wir akzeptiert oder zurückgewiesen. Für den Fall haben wir Alternativen." John Howett

Die große Frage, die sich alle stellen, ist: Was passiert, wenn die FIA am 12. Juni eine Liste mit 13 Nicht-FOTA-Teams für 2010 veröffentlicht? "Ich habe keine Ahnung, ganz ehrlich", sagt Howett. "Aber ich sehe keinen Nachteil für uns. Entweder werden wir mit unseren vernünftigen Bedingungen akzeptiert oder wir werden zurückgewiesen. Für den Fall haben wir Alternativen." Und die sind inzwischen schon durchaus konkret.

Denn die FOTA macht keinen Hehl daraus, dass sie sich am liebsten mit der FIA auf eine gemeinsame Formel-1-Weltmeisterschaft 2010 einigen würde, aber sollte es nicht dazu kommen, dann käme auch die Gründung einer eigenen Rennserie in Frage. Howett: "Ich möchte unterstreichen, dass das ein Worst-Case-Szenario wäre. Es ist nicht unsere Absicht, eine eigene Serie zu gründen. Wenn man uns aber in eine Ecke drängt, dann ja, dann gehört das zu den möglichen Szenarien."

Die Pläne für eine solche Alternativserie sind weiter fortgeschritten als von vielen angenommen: "Es gibt versuchsweise Diskussionen mit Veranstaltern und TV-Stationen. Dabei geht es aber mehr darum, wie sie eine solche Serie annehmen würden. Die Mehrheit dieser Leute steht so einer Gelegenheit aufgeschlossen gegenüber." In Arbeit ist auch ein umfassendes Dokument, das interessierten TV-Stationen vorgelegt werden soll.

Ein 50 Millionen Euro schwerer Pakt

Wichtig ist, dass sich die Teams im Machtkampf mit Max Mosley nicht aufsplitten lassen. Die vorübergehenden Suspendierungen von Williams und Force India sind für die FOTA Teilniederlagen. Um gegen solche Vorgänge künftig gewappnet zu sein, sollen die in der FOTA engagierten Automobilhersteller einen Pakt unterschrieben haben, der besagt, dass jeder, der unangekündigt aus der Teamvereinigung austritt, 50 Millionen Euro bezahlen muss.

"Es gibt eine Vereinbarung, dass wir uns gegenseitig über unsere Absichten und Handlungen informieren." John Howett

"Es gibt ein Dokument, das von einer bestimmten Anzahl von Teams unterzeichnet wurde", bestätigt Howett. Dieses Dokument sei auch laut EU-Recht völlig legal. Sehr viel mehr will er darüber aber nicht preisgeben: "Es gibt eine Vereinbarung, dass wir uns gegenseitig über unsere Absichten und Handlungen informieren, damit wir nicht unabhängig voneinander im Gegensatz zu den Interessen der anderen Mitglieder handeln."

Ein interessanter Nebenaspekt des großen Formel-1-Streits ist auch, dass die Investmentgesellschaft CVC, der die Mehrheit der kommerziellen Rechte gehört, pro Jahr mehr abschöpft als die kulminierten Gesamtausgaben aller Teams, sollte die Budgetobergrenze von 40 Millionen Pfund (umgerechnet gut 45 Millionen Euro) tatsächlich eingeführt werden. CVC fürchtet, dass das teure Investment in den Motorsport nicht aufgehen könnte.

Von 'Motorsport-Total.com' auf die Relation zwischen Budgetobergrenze und Gesamteinnahmen des Sports angesprochen, sagt Howett nur: "Wegen des wirtschaftlichen Abschwungs gibt es die Sorge, dass die Einnahmen von CVC zurückgehen könnten." Und: "Von den Einnahmen wird nicht genug in die Infrastruktur des Sports investiert. Wir kürzen gerne unsere Ausgaben, aber es muss auch investiert werden."