powered by Motorsport.com

Puszta-Drama um Massa - Kovalainen erbt den Sieg!

Felipe Massa die tragische Figur von Ungarn, Heikki Kovalainen überraschender Sieger - Timo Glock nach toller Vorstellung auf Platz zwei

(Motorsport-Total.com) - Man sagt, dass der Hungaroring keine spannenden Autorennen produziert, weil man in dem Kurvengeschlängel in der ungarischen Puszta in der Nähe von Budapest nicht überholen kann. Doch heute wurden alle Unkenrufer eines Besseren belehrt: Heikki Kovalainen (McLaren-Mercedes) sicherte sich in einem äußerst dramatischen Grand Prix seinen ersten Sieg!

Titel-Bild zur News: Podium in Ungarn 2008

Der nächste siegende Finne in der Formel 1: Heikki Kovalainen in Ungarn

Über 100.000 Fans auf den malerischen Naturtribünen in der Puszta, 29 Grad Hitze, tragische Helden und große Sieger - so wird Ungarn 2008 in die Geschichte eingehen. Nach eineinhalb mäßig unterhaltsamen Stunden bot das Finish der 70-Runden-Schlacht nämlich eine dramatische Wende, als der bis dahin souverän führende Felipe Massa (Ferrari) im drittletzten Umlauf bei Start und Ziel langsamer wurde. Kovalainen nahm das Geschenk dankend an.#w1#

Unbelohnte Galavorstellung von Massa

Doch so sehr man sich mit Kovalainen freut, so leid kann einem Massa tun: Der Brasilianer hat heute alles richtig gemacht, zog am Start erst an Kovalainen und dann in der ersten Kurve außen mit einem sensationellen Manöver an Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes) vorbei, leistete sich in Führung liegend keinen Schnitzer und sah schon wie der sichere Sieger aus. Doch dann schlug das Schicksal gnadenlos zu...

Start in Ungarn 2008

Was für ein Start: Felipe Massa bremste sich außen vorbei in Führung! Zoom

Der Start erfolgte fast geschlossen auf der härteren Bridgestone-Gummimischung, lediglich David Coulthard (Red-Bull-Renault) ging mit weiß gerillten Pneus ins Rennen. Vorne setzte sich Massa vor die beiden Silberpfeile, dahinter folgte Timo Glock (Toyota) nach einem Überholmanöver gegen Robert Kubica (BMW Sauber F1 Team). Kimi Räikkönen (Ferrari) verlor eine Position gegen Fernando Alonso (Renault) und war nach der ersten Runde Siebenter.

In der Anfangsphase gab es das eine oder andere Überholmanöver, unter anderem durch Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team), der als 15. gestartet war und sich rasch auf Platz zwölf nach vorne arbeiten konnte. Damit ist die Geschichte seines Nachmittags aber auch schon erzählt, denn mit seiner Einstoppstrategie hatte der Deutsche nicht den nötigen Speed, um sich in die Nähe der Punkteränge vorzuarbeiten - dafür hätte er eine Safety-Car-Phase gebraucht.

Glock von Anfang an stark unterwegs

Das Feld sortierte sich relativ rasch zur an und für sich erwarteten Prozession. Massa setzte sich sukzessive von Hamilton ab, Kovalainen konnte den beiden nicht wirklich folgen. Ganz ausgezeichnet schlug sich von Anfang an Glock, denn schon nach 13 Runden hatte er sieben Sekunden Luft zu Kubica. Und wer vermutet hat, dass der Toyota-Pilot früh an die Box kommen würde, der lag auch falsch - erst in der 20. Runde ließ er nachtanken.

Timo Glock

Stark: Timo Glock setzte sich von Anfang an von seinen Verfolgern ab Zoom

Bereits im 18. Umlauf hatten Massa, Kubica und Mark Webber (Red-Bull-Renault) die Boxenstopps eröffnet. Hamilton kam in der 19. Runde, Kovalainen in der 21. und Alonso und Räikkönen in der 22. Interessant dabei: Kubica ließ nur die Hinterreifen wechseln, was sich als Fehlentscheidung herausstellen sollte, und Alonso konnte sich dank der flotten Arbeit seiner Renault-Crew ganz knapp vor Räikkönen behaupten.

Großer Verlierer der ersten Serie der Boxenstopps war Kubica, denn der Pole fiel vom fünften auf den neunten Rang zurück. Etwas Glück hatte Glock: Obwohl bei ihm der Tankstutzen nicht funktionierte und blitzschnell gewechselt werden musste, was in etwa fünf Sekunden kostete, blieb er erster Verfolger der drei Führenden. Glocks Speed war sogar so stark, dass er phasenweise schneller unterwegs war als Kovalainen.

Boxenfeuer bei drei verschiedenen Fahrern

Den Atem anhalten musste man in der Boxengasse gegen Rennmitte, denn erst gab es bei Sébastien Bourdais (Toro-Rosso-Ferrari) ein kleines Feuer, dann auch noch bei Kazuki Nakajima (Williams-Toyota) und Rubens Barrichello (Honda). Alle drei Zwischenfälle gingen aber glimpflich aus und wirkten sich nicht auf die Vergabe der WM-Punkte aus. Ob es zufällig dazu kommen konnte oder ob es ein Problem mit den Tankanlagen gab, entzieht sich derzeit unserer Kenntnis.

Zuschauer am Hungaroring

An den Hungaroring kamen viele finnische und auch polnische Fans Zoom

Vorne zog Massa auf fünf Sekunden davon - und sein ohnehin schon toller Nachmittag wurde aus WM-Sicht noch besser, als Hamilton in der 41. Runde einen Reifenschaden erlitt und sich langsam zurück an die Box schleppen musste. McLaren-Mercedes reagierte schnell, tankte den Briten bis zum Ende voll und gab ihm für den letzten Stint die weicheren Reifen, aber aus der Entscheidung um den Sieg war er natürlich raus.

Hamilton nach Reifenschaden auf P10

Hamilton kam als Zehnter wieder auf die Strecke zurück, hatte jedoch einige langsamere Gegner vor sich, die noch zum Stopp kommen mussten. Dann die Einleitung der Schlussphase: Massas letzter Service wurde in der 44. Runde abgewickelt, Glocks in der 47. und Kovalainens in der 48. Danach hatte Massa 17 Sekunden Vorsprung auf Kovalainen und 25 auf Glock. Die Entscheidung schien gefallen, Massa konnte Speed rausnehmen.

Fernando Alonso vor Kimi Räikkönen

Hier noch vor Kimi Räikkönen, am Ende dahinter: Fernando Alonso Zoom

Ein spannendes Duell lieferten sich zu jenem Zeitpunkt Alonso und Räikkönen um Platz vier. Die Luft schien bereits draußen zu sein, als Räikkönen vor seinem letzten Stopp in der zweiten Kurve auf der weißen Linie bremste und rutschend einige Sekunden einbüßte, doch aufgrund einer wesentlich schnelleren Outlap schob er sich trotzdem irgendwie am Renault vorbei - und in der Schlussphase witterte er noch einmal Morgenluft!

Denn bis sich vorne das Drama um seinen Teamkollegen zuspitzte und er vermutlich aus Sicherheitsgründen vom Gas ging, robbte sich der "Iceman" mit Siebenmeilenstiefeln an Glock heran. Fünf Runden vor Schluss war er erstmals formatfüllend im Rückspiegel des Deutschen, doch nach dem Massa-Zwischenfall verlor Räikkönen plötzlich sechs Sekunden in einer Runde - und Glock fuhr seinen ersten Podestplatz in der Formel 1 sicher nach Hause.

Ein Trostpunkt für das BMW Sauber F1 Team

Alonso wurde 1,4 Sekunden vor Pechvogel Hamilton, der am Ende doch Glück im Unglück hatte, Vierter; die weiteren Punkte gingen an den erneut starken Piquet, Jarno Trulli (Toyota) und Kubica. Kleine Randnotiz: Wäre Massa nicht in der vorletzten Runde ausgeschieden, dann hätte das BMW Sauber F1 Team erstmals seit dem Grand Prix von Brasilien 2006 keine WM-Zähler gesammelt. So wurde es zumindest einer.

Felipe Massa

In der 68. von 70 Runden ging bei Felipe Massa der V8-Motor kaputt Zoom

Heidfelds Einstoppstrategie bedeutete Position zehn hinter Webber; Nico Rosberg (Williams-Toyota) wurde nach farbloser Vorstellung und einem Problem an der Box 14., während die anderen beiden Deutschen im Feld ganz ausschieden: Sebastian Vettel (Toro-Rosso-Ferrari) gab nach Fahrfehler in der ersten Runde an 15. Stelle liegend mit einem Überhitzungsproblem auf, Adrian Sutil (Force-India-Ferrari) erlitt offensichtlich einen Bremsdefekt.

Was die Weltmeisterschaft angeht, war Massa heute der große Verlierer. In Führung liegt weiterhin Hamilton mit 62 Punkten vor Titelverteidiger Räikkönen (57), Massa (54), Kubica (49) und Heidfeld (41). Bei den Konstrukteuren hat McLaren-Mercedes (100) nach elf von 18 Rennen das BMW Sauber F1 Team (90) überholt. An der Spitze behauptet sich weiterhin das Ferrari-Team, der Vorsprung beträgt aber nur noch elf Zähler.