• 15.07.2007 12:28

Wird die WM am grünen Tisch entschieden?

Im Zuge der Spionageaffäre könnte die Weltmeisterschaft 2007 am grünen Tisch entschieden werden - Norbert Haug: "Haben damit nichts zu tun"

(Motorsport-Total.com/sid) - Die Spionageaffäre um die Erzrivalen Ferrari und McLaren zieht immer weitere Kreise und könnte die Formel 1 in die schwerste Krise ihrer Geschichte stürzen. Wie das Fachmagazin 'auto motor und sport' auf seiner Internetseite berichtet, droht jetzt sogar ein Punktabzug für McLaren-Mercedes und damit eine WM-Entscheidung am grünen Tisch. Für Hans-Joachim Stuck ist das ganze Ausmaß des Skandals derzeit überhaupt nicht absehbar: "Das ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Da wird noch sehr viel schmutzige Wäsche gewaschen", sagte der ehemalige Rennfahrer und heutige 'Motorsport-Total.com'-Experte.

Titel-Bild zur News: Norbert Haug

Norbert Haug glaubt, dass sein Team nichts zu befürchten hat

Sollte McLaren-Mercedes bei der Anhörung vor dem World Council des Automobilweltverbandes FIA am 26. Juli in Paris nachgewiesen werden, von März bis Juli 2007 im Besitz vertraulicher Daten des Konkurrenten Ferrari gewesen zu sein, könnten dem Team gemäß der FIA-Statuten nachträglich alle in diesem Zeitraum gewonnenen WM-Punkte wieder abgezogen werden.#w1#

Strafen gegen McLaren-Mercedes möglich

Dem englisch-schwäbischen Rennstall blieben in diesem Fall von den bisherigen 128 WM-Punkten nur noch jene 14 Zähler erhalten, die beim Saisonauftakt am 18. März in Melbourne eingefahren wurden. Laut FIA-Präsident Max Mosley könnten aber auch die Silberpfeil-Piloten Fernando Alonso und Lewis Hamilton ihre Punkte verlieren. Das bestätigte ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk, der als FIA-Vizepräsident am 26. Juli der Anhörung beiwohnt, dem 'sid'.

"Das Strafmaß lässt diese Möglichkeit zu", sagte Tomczyk. Wenn allerdings erwiesen sei, dass es sich eindeutig um eine Teamsache handele, halte er nichts davon, auch die Fahrer zu bestrafen, so Tomczyk. Der mächtigste Mann im deutschen Motorsport rechnet mit einem Urteilsspruch noch am selben Tag, "da die Anhörung ja sehr früh beginnt". Laut Tomczyk um 9:30 Uhr. Auch Stuck ist dafür, lediglich das Team zu bestrafen, falls sich die Spekulationen bestätigen sollten: "Sonst wird die Fahrer-WM zur Farce."

Mercedes-Sportchef Norbert Haug kann die "ganze Aufregung nicht verstehen" und ist fest von einem Freispruch überzeugt: "Wer nichts Unrechtes getan hat, der hat auch nichts zu befürchten. Unser Team hat mit diesem ganzen Thema nichts zu tun", sagte Haug. Er habe daher auch keine Angst vor der FIA-Anhörung. Haug versichert, dass das Team nie verbotenes Material genutzt habe. Das entspräche absolut nicht dem Sportsgeist von McLaren-Mercedes. "Wir wollen keine Rennen gewinnen, die auf Manipulation basieren", sagt der Mercedes-Sportchef.

Übrigens sei es das Team McLaren-Mercedes gewesen, das die FIA zur Anhörung aufgefordert habe, berichtet Haug: "Es ist in unserem Interesse, diese Sache lückenlos aufzuklären. Mercedes ist überall im Sport für Fairplay bekannt."

Der ehemalige Formel-1-Pilot Christian Danner macht Ferrari schwere Vorwürfe. Das sei ein ganz billiger und bösartiger Versuch der psychologischen Kriegsführung, sagte der 'RTL'-Experte: "Ferrari versucht jetzt verzweifelt, McLaren etwas anzuhängen. Die wollen die Situation mit unfairen Mitteln schamlos ausnutzen." Laut Danner drohe dennoch "absolut ein Punktabzug", falls die FIA den Spionagevorwurf nachweisen kann. Er halte dies zwar für sehr unwahrscheinlich, "aber egal, wie es ausgeht, diese Angelegenheit wird noch große Kreise ziehen".

Bis zu vier Jahre Haft für Stepney

Dem von Ferrari entlassenen Chefmechaniker Nigel Stepney droht nach Angaben der 'Gazzetta dello Sport' wegen Spionage, Verbreitung industrieller Geheimnisse und Sabotage eine Strafe von bis zu vier Jahren Haft. Laut 'Gazzetta' habe auch der McLaren-Techniker Mike Coughlan Stepney schwer belastet und bestätigt, dass ihm dieser Dossiers über den Rennstall aus Maranello zugespielt hatte.

Nach Angaben von Experten ist das weiße Pulver, das Stepney vor dem Monaco-Grand-Prix in die Ferrari-Autos geschüttet haben soll, ein Düngemittel. Mindestens ein halbes Kilo des Pulvers soll der 48-Jährige in die Autos geschüttet haben. Das Verfahren gegen Stepney wird aber erst in ein paar Monaten stattfinden.

Coughlan geht laut 'auto motor und sport' deshalb straffrei aus, weil er Ferrari eine eidesstattliche Erklärung gegeben hat. Wie das Fachblatt auf seiner Internetseite kommentiert, "sieht Ferrari in dem Kuhhandel offenbar eine Chance, WM-Konkurrent McLaren-Mercedes in eine missliche Lage zu bringen."

Wenn die FIA-Untersuchung ergeben würde, dass McLaren-Mercedes in der Tat technische Details vom Ferrari F2007 abgekupfert hätte, wäre der Fall laut 'auto motor und sport' einfach: Dann würde jeder eine Bestrafung verstehen, sogar einen Punktabzug. Deshalb müsse Ferrari hoffen, dass auf dem beschlagnahmten Computer, den Mike Coughlan in der Firma genutzt hatte, belastendes Material zu finden ist.