• 05.10.2004 14:54

Eine Runde in Suzuka mit Takuma Sato

Lokalmatador Takuma Sato beschreibt eine Runde auf dem fahrerisch anspruchsvollen Kurs im japanischen Suzuka

(Motorsport-Total.com) - Suzuka gehört zu den fahrerisch anspruchsvollsten Strecken des Grand-Prix-Kalenders, und kaum jemand wäre besser geeignet, um dem deutschen Publikum einen Einblick in die Schwierigkeiten des traditionellen Kurses zu vermitteln als Lokalmatador Takuma Sato, der mit seinem BAR-Honda am Wochenende auf das Podium fahren möchte.

Titel-Bild zur News: Takuma Sato vor Michael Schumacher

Takuma Sato in Action beim Grand Prix von Japan im vergangenen Jahr

"Suzuka ist eine großartige Kombination aus superschnellen und technischen Kurven. Wir beginnen die Runde auf der Start- und Zielgeraden, auf der wir etwa 320 km/h erreichen, was sehr schnell ist, und lenken dann bergab in die erste Kurve ein. Die ist wahnsinnig aufregend! Dort steht man fast bis zum Scheitelpunkt voll am Gas und man muss bremsen, wenn sich das Auto noch sehr schnell durch die Kurve bewegt. Es ist schwierig, vor Kurve zwei die richtige Balance zu finden."

Auf Kurve zwei folgen die berühmten "Esses"

"Kurve zwei ist auch sehr wichtig. Es kommt auf ein gutes Einlenkverhalten an und die niedrigste Geschwindigkeit beträgt rund 150 km/h. Dort musst du es wirklich hinbekommen, sonst ist die Runde im Eimer. Der Ausgang von Kurve zwei ist entscheidend für die erste Sektorenzeit und daher hat das auch auf die Gesamtzeit eine große Auswirkung."

"Wir beschleunigen dann hoch auf etwa 250 km/h für die nächsten vier Kurven im vierten Gang, die meistens die 'Esses' genannt werden. Die Geschwindigkeit geht dort rauf und runter, etwa 220 km/h, und man muss das Lenkrad in der Balance halten, in den Kurven beschleunigen und so sauber wie möglich fahren. Man muss aus Kurve zwei heraus unbedingt Schwung mitnehmen und in den 'Esses' einen guten Rhythmus finden. Wenn du diese Kurvenkombination hinbekommst, fühlt es sich fantastisch an! Andererseits kannst du dort auch viel Zeit verlieren. Es ist eine sehr wichtige Passage der Strecke."

"Nach den 'Esses' folgt die Dunlop-Kurve, eine bergauf geneigte Linkskurve. Man fährt sie total blind an, muss aber trotzdem voll am Gas und genau auf der Linie bleiben, sonst verliert man dort ziemlich rasch an Schwung. Vor der Degner-Kurve erreicht das Auto 290 km/h im sechsten Gang. Degner besteht aus zwei Rechtskurven. Die erste ist wiederum blind und man schaltet einen Gang runter, bevor sie wieder schneller wird, und im zweiten Teil verzögern wir auf 120 km/h im zweiten Gang."

Wegen der Kreuzung ist Suzuka in der Formel 1 einzigartig

"Nach Degner folgt die Brücke, wo die Strecke sich selbst kreuzt. Dadurch ist Suzuka eine einzigartige Strecke in der Formel 1, denn es gibt ungefähr gleich viele Links- und Rechtskurven. Das Verhältnis ist also ausgeglichen und dadurch macht das Fahren Spaß. Anschließend erreichen wir die Haarnadel, die mit nur 60 km/h gefahren wird - die langsamste Passage, für die in den ersten Gang geschaltet wird. Die Kurve ist an und für sich nicht schwierig, aber irgendwie frustrierend, weil man nicht schnell vorankommt."

"Nach der Haarnadel beschleunigen wir dann wieder Vollgas auf die Spoon-Kurve zu. Dort ist eine leichte Biegung nach rechts, aber für die Formel 1 ist es fast wie eine Gerade. Es geht zwar bergauf und bergab, aber für uns Fahrer ist das eine gute Gelegenheit zum Durchatmen, weil es im Prinzip dort nicht viel zu tun gibt."

"Vor der Spoon-Kurve haben wir 300 km/h im sechsten Gang drauf. Die Passage ist sehr tückisch und besteht aus zwei Kurven. Der erste Teil geht mit dem vierten Gang bei ungefähr 200 km/h. Man muss das Auto wieder gut in der Balance haben, denn aufgrund der Wölbung der Strecke gerät man dort leicht in Über- oder Untersteuern. Im zweiten Teil geht die Tendenz klarerweise eher zum Untersteuern hin, bei rund 150 km/h im dritten Gang. Auch das ist ein Kriterium, denn die Kurve führt auf die lange Gerade hin zur 130R."

130R hat beim Umbau einiges von ihrem Schrecken verloren

"Jetzt, wo die 130R umgebaut wurde, fährt man den ganzen Weg von der Spoon-Kurve bis zur Schikane voll. Früher war die 130R eine echte Mutkurve, aber nach dem Umbau sollte sie jetzt für alle ganz locker voll gehen. Zwar ist dadurch ein wenig die Herausforderung verloren gegangen, aber die 130R ist jetzt sicherer und vor allem kann man einem Konkurrenten leichter folgen, was vor der Schikane das Überholen einfacher gestalten müsste."

"Suzuka war immer bekannt dafür, dass man kaum überholen konnte, aber jetzt gibt es zumindest diese eine gute Stelle. Für die Zuschauer ist es auf jeden Fall ein Fortschritt, aber ich persönlich bin ein bisschen traurig, denn die 130R voll zu fahren war immer ein tolles Gefühl. Die Autos verlieren dort vielleicht 15 km/h an Geschwindigkeit, aber vor der Schikane geht es dann wieder rauf auf mehr als 300 Sachen."

In der letzten Schikane kommt es auf den Bremspunkt an

"Den korrekten Bremspunkt für die Schikane zu finden, die letzte Kurve, zu finden, ist sehr schwierig, denn am Bremspunkt kann man die Kurve nicht sehen. Dort ist eine leichte Schräge und am Bremspunkt lenkt das Auto schon etwas nach rechts, daher kann man leicht einen Fehler machen und sich verbremsen. Dort kann man zwar überholen, aber auch recht leicht seine Position verteidigen. Dann ist es möglich, einen guten Zweikampf auf der folgenden Geraden auszutragen. Die Schikane ist also auf jeden Fall der Auslöser für Überholmanöver - entweder passiert es gleich dort oder sonst auf der folgenden Geraden. Aus Fahrersicht ist es aber eine frustrierende Passage, sehr langsam mit 70 km/h im ersten Gang und die Traktion ist schlecht. Dennoch ist es eine wichtige Stelle."

"Das Interesse an der Formel 1 in Japan ist gewaltig und für mich ist mein Heimrennen daher ein unbeschreibliches Gefühl. Für jeden Fahrer ist ein Grand Prix in der Heimat speziell, und die Fans in Suzuka unterstützen mich immer sehr gut. Sie sind so enthusiastisch! Beim Fahren kann ich die Fans entlang der gesamten Strecke sehen, wie sie winken und mich anfeuern. Das Gefühl kann ich kaum in Worte fassen."