• 25.08.2018 10:50

  • von Stefan Wagner

Im Test: BMW X2 vs Volvo XC40 vs Jaguar E-Pace vs DS7 Crossback

Lifestylige Kompakt-SUVs im Vergleichstest: BMW X2 gegen Volvo XC40, Jaguar E-Pace und DS7 Crossback. Wo gibt es am meisten Auto fürs (viele) Geld?

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Die dreckige Soße läuft nur so vom Blech. In den Radkästen hat sich eine ekelhaft widerstandsfähige Kruste eingenistet. Die sündteuren XXL-Alufelgen hätten sich diesen Schlam(m)assel sicher auch nie träumen lassen. Und doch sehen unsere vier Protagonisten seltsam zufrieden aus. Als hätten sie etwas Verbotenes getan. Etwas, dass ihnen niemals jemand zugetraut hätte.

Titel-Bild zur News: Jaguar E-Pace, DS7 Crossback, Volvo XC40, BMW X2 2018

Jaguar E-Pace, DS7 Crossback, Volvo XC40, BMW X2 - Wir haben die vier Schönlinge auch da hingescheucht, wo man sie wohl sonst niemals finden wird: Ins Gelände Zoom

Dazu muss man sagen: BMW X2, Jaguar E-Pace, DS7 Crossback und Volvo XC40 mögen kleine Restpartikel hemdsärmeliger Naturburschigkeit in sich tragen, aber warum Sie sie auf diesen Seiten sehen, hat einen anderen Grund: Sie sind, alle auf ihre eigene Art, der Inbegriff des Lifestyle-SUVs und damit augenblicklich der - entschuldigen Sie die Sprache - absolut heißeste Scheiß. Großstadt, nicht Gelände. Ingwertee statt Hopfenkaltschale. Kein Sonntagsausflug, sondern der estroadtripever.

Für Hartgesottene ist das nur schwer zu ertragen, aber das Segment der kleinen, modisch frisierten Crossover wächst unaufhaltsam. Autos für ein junges, urbanes, aktives Publikum und der feuchte Traum einer jeden Marketingabteilung. Glaubt man selbiger, ist man wohl ziemlich rebellisch, freigeistig und macht sein eigenes Ding, wenn man so ein Auto fährt. Ob die wahre Käufergruppe tatsächlich so subversiv ist, sei mal dahingestellt, aber die Teile verkaufen sich wie geschnitten Brot.

Klar, aufgrund des enormen Erfolgs der ganzen Brut hat man die neuesten Crossover so konzipiert, dass sie alles können und jedem passen. Sie sind Kompaktwagen, aber: geräumiger, praktischer und natürlich "viel viel cooler".

Günstig geht kaum ...

Alles zu schön, um wahr zu sein? Nun, das gilt es herauszufinden. Nachteile hat die funkelnde Premium-Lifestyle-SUV-Welt auf jeden Fall. Einen davon spüren Sie relativ direkt. Und intensiv. In Ihrem Geldbeutel. Ja, Sie können jedes dieser Autos für unter 35.000 Euro bekommen. Den Volvo und den DS sogar für unter 31.500 Euro. Aber leicht ist das nicht. Und wollen werden Sie es vermutlich auch nicht.

Basismotor mit 130 bis 150 PS? Frontantrieb? Schaltgetriebe? Stoffsitze? Zwergenhafte Aluräder? Kein Navi und kaum Assistenten? Passt nicht so richtig zum Grundrecht auf Style, das diese fahrenden Accessoires verkörpern, oder? Nun, eine adäquate Antriebs-/Ausstattungscombo liegt hier eher um die 50.000 bis 55.000 Euro. Beim Jag und beim BMW gerne auch mehr. Viel mehr. Autsch! Dafür gibt es einen Diesel mit 180 bis 190 PS, Allrad (um es aus dem Großstadtdschungel zu schaffen), Automatik (selber schalten ist wirklich antik) und genügend von der unausweichlichen Connectivity. Zwischenfazit: Günstig ist anders. Aber offenbar auch nicht so wichtig.

Was in dieser Klasse wirklich zählt? Design zum Beispiel. Beim 4,36 Meter langen X2 passiert mir ein bisschen zu viel. Sein Blech wirkt wie aufgedreht. Es ist fast anstrengend, ihn anzuschauen. Und er polarisiert. Stark. Sehr viele Menschen sprachen mich auf ihn an. etwa die Hälfte fand ihn schrecklich, alle anderen waren hin und weg.

Mit dem DS7, so scheint es, hat sich die Marke endlich selbst gefunden."

Der Jag (4,40 Meter) wirkt deutlich gefälliger. Wie ein F-Type-Mini-me auf Stelzen. Irgendwie kostbarer und teurer als die anderen (was er ja leider auch ist). Auch wenn sein Heck ein bisschen arg plötzlich aufhört. Der Volvo sieht mit seinem boxigen, 4,43 Meter langen Leib noch am ehesten nach SUV aus. Ihn aus Lego nachzubauen wäre sicher am einfachsten. Er wirkt unbekümmert, freundlich. Der DS schließlich tut alles, was ein DS schon immer hätte tun sollen.

Bisher wusste ja keiner so recht, für was Citroens ausschweifende Schwester eigentlich stehen sollte. Mit dem 4,57 Meter langen DS7, so scheint es, hat man sich endlich selbst gefunden. Er ist im besten Sinne ein bisschen oben drüber, aber endlich kriegt man automobile Haute Couture und nicht das Gefühl, einen Citroen zu fahren, für den man zu viel bezahlt hat.

Wichtig ist hier vor allem innen ...

Innen ist es das gleiche Spiel. Der DS7 haut einen förmlich aus den Socken mit seinen egozentrischen Verrücktheiten. Überall gestepptes Leder, riesige Screens, all das edle Metall und diese UHR! Ein bisschen viel? Vermutlich. Aber es macht Spaß. Zumindest, solange man das Zeug nicht bedienen muss. Fast alles ist fummelig, extravagant und so schrecklich anders. Dazu gibt es kaum Ablagen und ein winziges Handschuhfach. Und erst die digitalen Instrumente: Ihre Grafiken verdienen einen Preis. Wenn man auf abstrakte Kunst steht. Sonst aber ist alles gut. Das edle Gestühl ist hervorragend, hinten gibt es ordentlich Platz und der Kofferraum wäre auch eine Klasse höher noch voll okay.

Ganz anders als beim BMW X2 übrigens. Spätestens wenn man dessen Kanzel entert, stellt sich erstmals die Frage nach dem Warum. Warum nicht einfach einen X1? Der ist hinten deutlich lockerer geschnitten, hat viel mehr Kofferraum und keine Ladekante, die im Dachgeschoß wohnt. Dafür sitzt man im X2 tiefer, involvierter. Auf Stühlen, die ein sehr kleiner, sehr dünner Mensch entworfen haben muss, wohlgemerkt. Die Bedienung aber ist - wie eigentlich immer bei BMW - die beste im Test. Hier gibt es noch das gute alte Dreh-Drück-Rädchen, weshalb man nicht gezwungen ist, hilflos auf einem zittrigen Touchscreen danebenzulangen. Reinsetzen, zurechtfinden, wohlfühlen.

Das gilt im Prinzip auch für den Jaguar E-Pace. Sein Innenleben ist wie seine Hülle stark vom Sportwagen F-Type geprägt. Es gibt wahrlich schlechtere Vorbilder. Alles wirkt sehr clean, aufgeräumt ... und wertvoll. Die Bedienung ist logisch, das Infotainment hochwertig und schnell. Platzangebot und Kofferraum tun, was sie sollen. Gut für Familien: Tonnen an großen Ablagen und jede Menge Anschlüsse für Smartphones und andere Dinge, die Kinder ruhigstellen.

Das praktischste Interieur aber hat der XC40. Überall gibt es große Staufächer, Haken für Tüten und ein sehr durchdachtes Ordnungssystem für den (mittelmäßig großen) Kofferraum. Den meisten Fondraum hat der Schwede ebenfalls. Dumm nur, dass die Lehne zu steil und die Sitzauflage zu kurz ist. An sein Infotainment-Tablet gewöhnt man sich recht schnell. Die Bedienung ist nicht der allerletzte Schrei, geht aber letztlich in Ordnung.

Wie fahren sie?

Ach stimmt, übers fahren müssen wir ja auch noch reden. Ist das bei dieser Fahrzeug-Klasse überhaupt noch wichtig? Reicht es nicht, immer online zu sein und Marketing-Dinge zu tun? "Die City erobern? zum Beispiel? Kitesurfen (inklusive dem eigenen Hund)? Oder HipHop hören mit Nicki Minaj? Wobei, das Letzte war die neue A-Klasse. Die ist (noch) kein Lifestyle-SUV.

So richtig durchs Gelände schrubben, das soll man eher weniger mögen, wenn es nach den Herstellern geht. Aber können tut man es ganz offensichtlich schon. Steckengeblieben sind wir bei unserem matschigen Kiesgruben-Ausflug jedenfalls nicht. Und geben Sie es zu, die "Kriegsbemalung? steht den vier Schönlingen doch eigentlich ganz gut.

Am besten schlägt sich im Groben übrigens der Jaguar. Seinen Land-Rover-Genen sei Dank. Völlig unverständlich aber: Der Baby-Jag wiegt im Top-Trimm beinahe zwei Tonnen, ist nochmal deutlich schwerer als sein acht Jahre alter Technikspender Evoque. Es ist absurd. Daher wirkt er selbst mit den 300 PS und 400 Nm des Top-Benziners (6,4 Sekunden von 0-100 km/h) viel zäher als er sollte. In Kurven schafft er es immerhin, sein Fülle durch eine zwanghaft direkte, eher hecklastige Auslegung zu kaschieren, wirkt nach dem X2 am fahraktivsten.

Der Nachteil: Er federt Ihnen auch die kleinsten Unebenheiten direkt ins Mark, gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten. Seine Dynamik wirkt eher verbissen als leichtfüßig. Daher die klare Empfehlung: Einer der wesentlich günstigeren Diesel reicht völlig. Und sparen Sie sich die riesigen 20- oder 21-Zöller. Ihr Rücken wird es Ihnen danken.

Der X2 ist hier eindeutig der Sportchef.

Wie man eine Art SUV baut, die viel besser fährt, als eine Art SUV das können sollte, zeigt BMW. Der X2 ist hier eindeutig der Sportchef, lenkt schwer, direkt, lebendig ein, wankt nicht, fetzt schnell und neutral ums Eck als wäre es nichts. Eher Kompaktsportler als Softroader, manchen vielleicht sogar ein bisschen zu spitz und nervös in der Lenkung. Gerade auf der Bahn. Hart ist er deswegen nicht. Eher straff, aber hochwertig gefedert.

Und er hat den mit Abstand besten Diesel im Segment. Der Zweiliter mit 190 PS und 400 Newtonmeter gibt seine Kraft unglaublich gleichmäßig ab, geht in 7,7 Sekunden auf 100 Sachen. Alles ist beeindruckend geschliffen, unaufdringlich, leise. Und Sie können ihn locker unter sechs Liter fahren.

Den DS7 brachten wir auf akzeptable 6,8 Liter. Sein 180-PS-Diesel (400 Nm) gilt ja NoX-mäßig aktuell als der sauberste überhaupt. Ansonsten schlägt er sich unauffällig gut, wirkt schneller als seine 9,4 Sekunden auf 100 km/h suggerieren. Auch dank der Achtgang-Automatik, die sicher zum Besten gehört, was jemals unter französischer Flagge Gänge wechselte. Er fährt hier eindeutig am gemütlichsten, versucht gar nicht erst, Dinge wie "Handling? oder "Fahrspaß? in seinen Wortschatz aufzunehmen. Und das ist absolut in Ordnung.

DS ist eine Luxus- und keine Sportmarke. Das Fahrwerk fließt, umschmeichelt. Solange man es nicht zu sehr fordert. Mit kleinen Stößen zum Beispiel oder schlechten Straßenbelägen, über die es bei langsamer Fahrt etwas unbeholfen zitterstolpert. Der Rest des DS7-Erlebnisses aber ist schön ruhig, komfortabel und im besten Sinne französisch. Sicher der beste Citroen ... äh ... DS seit Ewigkeiten.

Alles, was einem der Alltag so vor die Füße wirft, managed der Volvo XC40 letztlich am besten.

Die Überraschung in diesem Feld kommt aber aus Schweden. Der XC40 lenkt und bewegt sich definitiv nicht so wach und straff wie der BMW oder der Jag, aber er hat ein sehr gut ausgeprägtes Allrounder-Gen. Und dem kann man schnell erliegen. Es kommt eben darauf an, wie man seine Prioritäten setzt. Emotional gefangen nehmen wird er Sie sicher nicht, aber er macht Ihnen das Leben angenehm. Alles wirkt leichtgängig, sanft, ruhig. Aber sehr kompetent gefedert. Weil er sehr komfortabel fährt, aber in schnellen Kurven nicht in sich zusammenfällt. Er ist nicht sportlich, aber souverän.

Ein entspannendes Gefühl. Das leider auch die Motoren etwas arg verinnerlicht haben. Egal ob 247-PS-Benziner oder 190-PS-Diesel. Beide kommen für ihre großen Zahlen deutlich zu schlecht aus dem Knick, haben zu viel Turboloch und oben raus zu wenig Puste. Auf dem Papier ist der Volvo schnell (6,5 beziehungsweise 7,9 Sekunden von 0-100 km/h), auf der Straße merkt man davon wenig. Hier müssen die Schweden eindeutig zulegen.

Fazit: Der Volvo XC40 bietet den besten Mix

Vergleich BMW X2 vs. DS7 Crossback vs. Jaguar E-Pace vs. Volvo XC40

Fazit: Die Klasse der Crossover gewinnt mehr und mehr an Profil und Qualität. Man muss die Pseudo-Geländegängigkeit und das aufgeblasene Image nicht gut finden, aber diese Autos haben viele Qualitäten, die normale Kompakte nicht bieten können. Am meisten Zoom

Für den Sieg in diesem Feld reicht es am Ende trotzdem. Weil er alles, was einem der Alltag so vor die Füße wirft, am besten handhabt. Und darum geht es am Ende doch in dieser Fahrzeugklasse. Wenn es Ihnen nicht darum geht, dann empfiehlt sich der hochdynamische, aber etwas zu unpraktische BMW. Ein sehr gutes Auto, dass nicht wirklich weiß, ob es Kompaktsportler oder SUV sein will und sich damit ein bisschen ad absurdum führt.

Der E-Pace ist außen und vor allem innen sehr hochwertig gemacht, leidet aber arg an seinem hohen Gewicht, den etwas ungehobelten Antrieben (gerade die Neungang-Automatik) und an den extrem selbstbewussten Preisen. Der DS7 bringt die Franzosen endlich zurück auf die Landkarte. Allein aufgrund seiner Extravaganz macht dieses Auto Freude. Es ist herrlich anders und in vielen Teilen richtig gut, stellt aber noch ein bisschen zu sehr Schein vor Sein.

Nichtsdestotrotz gewinnt die Klasse der Crossover mehr und mehr an Profil und Qualität. Man muss die Pseudo-Geländegängigkeit und das aufgeblasene Image nicht gut finden, aber diese Autos haben viele Qualitäten, die normale Kompakte nicht bieten können. Am meisten davon hat der Volvo.

Zur Bildergalerie (38 Bilder)

Neueste Kommentare