• 12.04.2012 09:14

  • von Stefan Ziegler

WTCC in Marrakesch: Die Vorschau

'Motorsport-Total.com' blickt voraus auf das dritte Wochenende des Jahres und die Rennen in Marrakesch: Geht beim Comeback alles glatt?

(Motorsport-Total.com) - Zurück nach Afrika: Nach einer Auszeit von einem Jahr geht die WTCC am Wochenende wieder in Marrakesch an den Start. Damit ist die Rennserie 2012 die einzige Weltmeisterschaft, die eine Veranstaltung auf dem afrikanischen Kontinent abhält - und das nun schon zum dritten Mal nach 2009 und 2010. Und der Schauplatz der beiden Sprintrennen weiß nach wie vor sehr zu begeistern.

Titel-Bild zur News: Marrakesch

Marrakesch bildet zum dritten Mal nach 2009 und 2010 eine Kulisse für die WTCC

Marrakesch, die "Perle des Südens" - nach Casablanca und der Hauptstadt Rabat die größte Stadt Marokkos - verfügt nämlich neben einem sehr modernen Stadtkurs auch über diverse touristische Highlights. Vor knapp eintausend Jahren gegründet, wurde der historische Stadtkern 1985 zum Weltkulturerbe der UNESCO ernannt und zeichnet sich vor allem durch seine einmalige Kulisse aus.

Marrakesch begrüßt die Tourenwagen-WM in Afrika

Marrakesch liegt am Fuße des zumeist schneebedeckten Atlas-Gebirges und weist viele historische Bauwerke auf, welche das Stadtbild beleben und alljährlich viele ausländische Besucher anlocken. Zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten zählen die Koutoubia-Moschee aus dem zwölften Jahrhundert, die bekannten Menara-Gärten sowie der "Platz der Geköpften" ("Djemaa el Fna") im Stadtzentrum.

Kurze Wege bieten die örtlichen Gegebenheiten der Tourenwagen-WM, denn der Menara International Airport liegt nur wenige Kilometer vor den Toren von Marrakesch und auch die Rennstrecke ist nur einen Steinwurf entfernt von den Rollbahnen des Flughafens, der jährlich über drei Millionen Reisende in seinen An- und Abflughallen begrüßen kann - Tendenz steigend.

Andy Priaulx

Andy Priaulx bei seiner ersten Ausfahrt auf dem Circuit de Marrakech im Jahr 2009 Zoom

So kommt es nicht von ungefähr, dass sich die WTCC 2009 ausgerechnet Marrakesch als neuen Platz für ein Rennwochenende ausgesucht hat. Die boomende Großstadt hat tief in die Finanztaschen gegriffen und für umgerechnet rund 25 Millionen einen modernen Straßenkurs errichtet, der seinen Pendants in Amerika, Asien und Europa in Nichts nachsteht. Nun kehrt die Tourenwagen-WM zurück.


Fotos: WTCC in Monza


Marokko ist wieder WM-Standort

Marokko war aber bereits 1958 Gastgeber für ein Rennsport-Event der Superlative, konnten die Einwohner von Casablanca im Vorort Ain Diab doch die Formel 1 begrüßen. Das Rennen auf der 7,7 Kilometer langen Piste wurde allerdings vom tragischen Unfall von Vanwall-Pilot Stuart Lewis-Evans überschattet. Der britische Rennfahrer erlag wenige Tage später seinen schweren Verletzungen.

Nur vier Jahre darauf kehrte die Formel 1 nach Afrika zurück und spulte in den folgenden Jahrzehnten ihre (unregelmäßigen) Runden in Südafrika ab. Nach Stirling Moss 1958 trug sich Rennfahrer-Idol Jim Clark 1962 in die Siegerliste von Afrika ein, die 1993 von "Professor" Alain Prost beschlossen wurde. Nach dem Grand Prix in Kyalami sollte es 16 Jahre bis zum nächsten WM-Event in Afrika dauern.

Streckenarbeiten in Marrakesch

In Marokko wurde lange gebaut - und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen Zoom

Am 3. Mai 2009 war es schließlich soweit: Marokko war einmal mehr Schauplatz für eine waschechte Premiere - und auch in diesem Jahr dürften sich die Teams der Tourenwagen-WM wieder einen heißen Tanz in Marrakesch liefern. Buchstäblich, denn die Temperaturen kletterten in den dort schon an die 40-Grad-Celsius-Marke. Durch die Terminlage im April dürfte es 2012 aber etwas kühler werden.


Fotos: WTCC in Monza, Girls


Wie schlägt sich Marrakesch beim Comeback?

Die große Frage aber ist nicht, wie sich das Wetter in Marrakesch entwickelt, sondern wie sich die Rennbahn und die vielen Helfer am Wochenende präsentieren. 2010 hatte schließlich das Chaos auf dem 4,5 Kilometer langen Stadtkurs regiert: Die Streckenposten hatten sichtlich Mühe damit, ihre Aufgaben zu bewältigen - und das Safety-Car bekam mehr Führungsrunden als jeder Rennfahrer.

2011 kam es dann noch dicker: Die Finanzierung des Rennevents geriet so sehr ins Wanken, dass sich die WTCC kurzfristig nach einer Ersatzstrecke umsehen musste. Marrakesch flog aus dem WM-Kalender, Budapest rückte nach. 2012 sind beide Kurse wieder mit dabei, denn Marcello Lotti holte seine afrikanische Veranstaltung mit einem neuen Dreijahresvertrag wieder mit in sein WTCC-Boot.

Robert Huff

Es ging nur langsam voran: 2010 war keine Werbung in eigener Sache ... Zoom

Für Marrakesch ist der erneute Auftritt der Tourenwagen-WM also eine Bewährungsprobe, wenngleich alle Beteiligten gewillt sind, den kürzlich nach dem marrokanischen Thronfolger in "Circuit International Automobile Moulay el Hassan" umbenannten Stadtkurs langfristig im Programm der WTCC zu halten. Ob dieses Vertrauen gerechtfertigt ist, wird sich ab Freitag zeigen. Zumindest einer ist guter Dinge.


Fotos: WTCC in Valencia


Bennani hat wieder ein Heimrennen

"Ich freue mich außerordentlich darüber, dass die WTCC nach Marrakesch zurückkehrt", sagt Mehdi Bennani (Proteam), der einzige afrikanische Rennfahrer der Meisterschaft. "Für uns ist dieser Event wie ein Formel-1-Rennen." Aus diesem Grund ist Bennani vor Ort der Superstar schlechthin, scheint mit dem Druck durch Landsleute und Medien aber gut umzugehen. Daran möchte er anknüpfen.

Das erklärte Ziel des Lokalmatadoren ist, seinen Privatfahrer-Klassensiegen von 2009 und 2010 in diesem Jahr weitere Triumphe folgen zu lassen. "Hoffentlich kann ich erneut um den Sieg kämpfen. Ich würde meinen marokkanischen Fans nur zu gerne den Anblick der marokkanischen Flagge auf dem Siegerpodest bieten", meint Bennani. Den Stadtkurs selbst bezeichnet er als Herausforderung.

Mehdi Bennani

Mehdi Bennani hat in Marokko schon den Status eines Volkshelden erreicht Zoom

"Die Strecke scheint auf dem Papier recht einfach zu sein. Das Layout vermittelt diesen Eindruck. So ist es aber nicht", erklärt der BMW-Pilot und merkt an: "Es gibt viele Schikanen und die sind obendrein noch sehr schnell. Wenn du diese Passagen nicht gut meisterst, verlierst du auf den anschließenden Geraden einige Positionen. Und bei 20 Fahrern in einer Sekunde wird es sicher eng und sehr hart."


Fotos: WTCC in Valencia, Girls


... und wer stoppt Chevrolet?

Damit könnten sich die Fans der WTCC sicherlich prima anfreunden. Zumindest an der Spitze des Feldes ist ein solches Szenario aber nur bedingt realistisch: Chevrolet hat auch 2012 klar die Hosen an und dürfte auch in Marrakesch das Tempo vorgeben. Die WM-Titelverteidiger, in Marokko schon zweimal siegreich, profitieren noch dazu von der Einführung des WTCC-Kompensationsgewichts.

In Marrakesch werden nämlich erstmals 2012 einige Zusatzgewichte verbaut. Und obwohl Chevrolet am meisten Ballast mitschleppen muss, ist es in Wahrheit die Konkurrenz, die gehemmt wird. Chevrolet hatte in diesem Jahr schließlich schon von Anfang an - aufgrund einer neuen Regel - 40 Kilogramm mehr an Bord. Daran ändert sich nichts, doch zumindest BMW und SEAT müssen zuladen.

Yvan Muller

Chevrolet und Yvan Muller geben auch in dieser Saison den WTCC-Ton an Zoom

Man darf gespannt sein, welche Auswirkungen dies auf das Kräfteverhältnis hat. Nach bisher zwei Events spielt Chevrolet jedenfalls die erste Geige: Yvan Muller führt überlegen in der Fahrerwertung vor seinen Teamkollegen Alain Menu und Rob Huff. Tom Coronel (ROAL) sprengt das Trio als Dritter und bester BMW-Pilot, Gabriele Tarquini (Lukoil) ist als aktueller Fünfter bester SEAT-Vertreter.

Auch bei den Privatiers ist 2012 einiges geboten: Pepe Oriola (Tuenti) führt in dieser Kategorie nur knapp vor Stefano D'Aste (Wiechers), Norbert Michelisz (Zengö) und Franz Engstler (Engstler), wobei besonders D'Aste als ausgemachter Spezialist für Stadtkurse gilt. Doch so turbulent, wie die Rennen in Marrakesch meist sind, so unvorhersehbar ist auch, wer letztendlich die Nase vorn haben wird ...

Fakten zum Rennwochenende in Marrakesch (Marokko):

Streckenlänge: 4,545 Kilometer
Renndistanz: Zwei Rennen zu je 11 Runden

Die Sieger in Marrakesch 2005-2011:
2005: nicht im Kalender
2006: nicht im Kalender
2007: nicht im Kalender
2008: nicht im Kalender
2009: Rob Huff (Chevrolet), Nicola Larini (Chevrolet)
2010: Gabriele Tarquini (SEAT), Andy Priaulx (BMW)
2011: nicht im Kalender

Rekordsieger:
Rob Huff (1), Nicola Larini (1), Andy Priaulx (1), Gabriele Tarquini (1)
Chevrolet (2)

Rundenrekorde:
Qualifikation: 1:49.789 Minuten - Rob Huff (Chevrolet, 2009)
Rennen: 1:50.833 Minuten - Rob Huff (Chevrolet, 2009)

Der Zeitplan in der Übersicht (MESZ):

Freitag, 13. April 2012
15:30-16:00 Uhr - Testsession

Samstag, 14. April 2012
11:30-12:00 Uhr - 1. Freies Training
15:15-15:45 Uhr - 2. Freies Training
18:15-18:45 Uhr - Qualifikation Q1
18:50-19:05 Uhr - Qualifikation Q2

Sonntag, 15. April 2012
11:00-11:15 Uhr - Warmup
14:20-14:50 Uhr - Rennen 1
17:20-17:50 Uhr - Rennen 2